Hochzeits-Cluster in NÖ: 38 positive Fälle, Verwaltungsstrafen möglich
Seit gestern leuchtet die Ampel im Bezirk Gmünd orange. Waren es laut Dashboard des Gesundheitsministerium bis vor zehn Tagen insgesamt 18 Personen seit dem Beginn der Corona-Krise, die ein positives Covid-19-Testergebnis hatten, sind es mit Stand Freitagfrüh 72.
38 davon sind dem Cluster zuzuordnen, der sich rund um eine türkische Hochzeit am 12. September in der Stadthalle Schrems gebildet hat. "Drei Tage nach der Hochzeit tauchten die ersten Fälle auf. Niemand der Befragten gab beim Contact Tracing als Quelle einer möglichen Infektion die Hochzeit an. Das war das grundsätzliche Problem, so wussten wir zunächst nichts davon", erzählt Stefan Grusch, der Bezirkshauptmann von Gmünd. Erst an diesem Montag - also mehr als eine Woche nach dem Fest - sei bekannt geworden, dass einige der positiv getesteten Personen, bei denen "der Anteil jener mit türkischem Namen sehr hoch war" Gäste bei der Schremser Hochzeit waren. Dadurch sei das Contact Tracing verzögert worden.
Beobachtungen in der Bevölkerung
Woher die anfänglich kolportierte Zahl von 700 Gästen bei der Feier kam, weiß auch der Bezirkshauptmann nicht - eine Liste mit 207 Gästen sei von dem Brautpaar vorgelegt worden. "Nachdem wir von der Hochzeit erfuhren, wurde die Gästeliste über die Polizei eingefordert", sagt Grusch, diese Liste sei ohne Verzögerung durch die Veranstalter vorgelegt worden. Ob sie nun vollständig ist, sei nach wie vor nicht klar. Nichts deutet aber darauf hin, dass weit mehr Gäste auf der Hochzeit waren, "die Zahl 700 kam wohl zustande durch Beobachtungen in der Bevölkerung", so Grusch.
Juristisches Nachspiel
Ob die Hochzeit oder das Zurückhalten von Informationen im Zuge des Contact Tracings ein juristisches Nachspiel haben wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar.
Derzeit ist eine Juristin von der Bezirkshauptmannschaft als zuständige Gesundheitsbehörde damit befasst, eine Sachverhaltsdarstellung zu erstellen. Dann werde es laut Grusch Einvernahmen durch die Polizei geben. Das Gesamtkonvolut werde im Anschluss an die Staatsanwaltschaft zur Prüfung übergeben, "sie leitet dann weitere Schritte ein, oder eben nicht."
Was die Verwaltungsrechtliche Übertretungen angeht, so ist die Bezirkshauptmannschaft zuständig. "Ich muss beurteilen inwieweit das Covid-Maßnahmengesetz durch den Veranstalter eingehalten wurde", erklärt Grusch.
Auch der Bürgermeister als Vertreter der Stadtgemeinde, die die Stadthalle für 350 Personen vermietet hat, könnte gegen das Covid-Maßnahmengesetz verstoßen haben. Der Stadtchef Karl Harrer (SPÖ) geriet wie berichtet unter schwere Kritik, da er laut ÖVP die Hochzeit nicht genehmigen hätte dürfen. Er weist die Vorwürfe zurück, er habe nach allen damals geltenden Verordnungen und Regeln gehandelt.
Nur 200 Gäste erlaubt
Uneinigkeit herrschte nach der Hochzeit darüber, wie viele Gäste am 12. September maximal erlaubt waren. Laut der Covid-Lockerungsverordnung galt zu diesem Zeitpunkt eine Beschränkung von 200 Personen für Indoor-Veranstaltungen ohne zugewiesenen Sitzplätze, bei zugewiesenen Sitzplätzen waren es 500 Personen.
"Die Covid-Lockerungsverordnung wurde so oft geändert, das ist auch für Juristen eine komplexe Sache, was zu dem Zeitpunkt genau gegolten hat", meint Grusch. Aber: "Der Verordnungsgeber meint mit den zugewiesenen Plätzen zum Beispiel Kinosäle oder Theaterbestuhlung, wo man nach kurzer Zeit auf direktem Weg wieder hinausgeht, wohl keine Hochzeiten, bei denen auch getanzt wird."
Das bestätigte nun auch eine Sprecherin aus dem Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober gegenüber dem KURIER: "Bei den zugewiesenen Plätzen geht es wirklich um Theater oder Kino, wo man auf einem Platz sitzt und sich nicht durchmischt, bei Hochzeiten ist das nicht so. Daher galt ab 1. August die Höchstgrenze von 200 Personen."
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