„Hier kann ich Zaubertheater machen“

© Foschum Markus
Theater-Chef Michael Lakner über die Aktualität der Operette, den Wert der Unterhaltung und den Start seiner Musik-Karriere mit zwei Schallplatten
Im „weißen Rössl“ steht das Glück ja bekannterweise vor der Tür. Wenn die berühmte Operette am 17. Juni plangemäß über die Bühne der Badener Sommerarena geht, dann wird auch Michael Lakner glücklich sein. Der künstlerische Leiter der Bühne Baden hofft nach zwei Jahren pandemiebedingter Schonkost, in der Sommersaison seinem Publikum wieder ein opulentes kulturelles Menü servieren zu können.
Und die Vorzeichen sind gut: „Wir hatten zuletzt Traumzahlen. Die Vorstellungen von Anatevka, „Hallo, Dolly!“ oder „Der Nussknacker“, die wir spielen konnten, waren ausverkauft“. Das Problem war nur, dass einige Vorstellungen eben nicht gespielt werden konnten. „Die vergangenen fünf Monate waren eigentlich die Schlimmsten. Denn da durften wir wieder spielen, mussten aber ausverkaufte Vorstellungen absagen. In der Früh haben wir fast schon darauf gewartet, wer als Nächstes krank ist“, erzählt Lakner.
In der Corona-Zeit davor war an Aufführungen aus bekannten Gründen oft gar nicht zu denken. Untätig war man aber nicht. „Wir haben uns mit Streaming geholfen, um das Publikum bei Laune zu halten“, so Lakner. Die Produktionen in Konzert-Form fanden online viel Beachtung, bergen aber auch eine Gefahr in sich. Dass nämlich etliche zu sehr auf diesen Geschmack gekommen sind und den bequemen Kulturgenuss zu Hause dem Theaterbesuch vorziehen.
„Ich glaube schon, dass die Pandemie das Kulturleben zumindest temporär verändert hat. Es ist aber ein Grundbedürfnis der Menschen, gemeinsam etwas zu erleben. Ob und wie schnell der breite Zuspruch wieder kommt, werden wir sehen. Ich glaube aber fest daran, dass Kultur wichtig ist und uns bereichert. Dass sie nicht wegzudenken ist aus unserem Alltag und ich hoffe, dass das so bleibt.“
Michael Lakner vor der Sommerarena. Die 116 Jahre alte Spielstätte wird derzeit umfassend renoviert
Die Bühne Baden und ihr Chef tun jedenfalls ihr Bestes, wieder Gusto auf den Theaterbesuch zu machen. „Wir haben die Aufgabe, die Leute zu unterhalten. Man will gerade jetzt, glaube ich, nicht unbedingt ins Theater gehen, um nur große Probleme zu wälzen. Unterhaltung an sich ist ja auch nichts Schlechtes. Das Theater darf seine Augen aber nicht vor aktuellen Themen verschließen.“
So ist auch die Operette, als eine deren Metropolen Baden gilt, nicht nur heile Welt, betont Lakner, „Der dritte Akt ist meist der Komiker-Akt, wo auf tagespolitische Themen aufmerksam und sich darüber lustig gemacht wird“. Das Musical, ein weiterer Schwerpunkt in Baden, „ist die Fortsetzung der Operette“.
Wobei, gerade die „leichte“ Operette sei das Schwerste, so Lakner. „Die Erwartungshaltungen sind größer als bei Oper oder Musical. Es ist eine Gratwanderung. Einerseits gibt es ein alteingesessenes Publikum, das Operette so möchte, wie es das gewohnt ist. Andererseits wollen wir dieses Kulturgut der nächsten Generation näherbringen“.
Um Kinder ans Musiktheater heranzuführen, hat man den SOKO Bühne Baden Jugendclub ins Leben gerufen, auch Workshops werden angeboten. „Wir haben Vorstellungen speziell für Kinder und Schulen. Das ist unsere Zukunft, wir müssen die Kinder erreichen“, meint Lakner. Das funktioniere auch gut. „Ich liebe Vorstellungen für Kinder. Sie sind ein begeisterungsfähiges, aber auch sehr kritisches Publikum“.
Lakner selbst war von klein auf von dieser Welt fasziniert: „Mein Herz hat immer schon für die Musik geschlagen“. In die Wiege war ihm das aber nicht gelegt: „Ich bin mit zwei Schallplatten aufgewachsen, die meine Eltern hatten: ,La Boheme’ und ,Die lustige Witwe’. Es hat mich schon damals fasziniert, dass Sänger sich ihr eigenes Instrument bauen können. Ich habe sie bewundert“.
Damit war der Weg vorgezeichnet. Weil sich die Eltern den Klavierunterricht nicht mehr leisten konnten, machte der Elfjährige die Aufnahmeprüfung für einen Begabtenlehrgang an der Musikuniversität Wien und wurde aufgenommen. Neben einem Jus-Studium („meine Eltern wollten, dass ich auch was G’scheites mache“) studierte er noch Klavier und Dirigieren. Es folgten Konzertreisen ins In- und Ausland sowie Ausflüge auf die Leinwand (Hauptrolle und Musik 1988 im Film Borderline). Von 1991 bis 2001 war er künstlerischer Betriebsdirektor der Oper Graz, dann wechselte er in die Direktion des Basler Opernhauses. 2004 übernahm er die Intendanz der Operetten-Festspiele Lehár Festival in Bad Ischl. Seit 2017 leitet Lakner die Bühne Baden. „Das hat genau gepasst. Man suchte jemand, der gleichermaßen Oper, Operette und Musical liebt, und hier kann ich auch selbst inszenieren.“
Neben dem Stadttheater ist es die 116 Jahre alte Sommerarena, die Lakner als Spielstätte zur Verfügung steht. „Sie ist einzigartig in Europa, hat mit ihrem öffnenden Glasdach ein eigenes Flair. Die technischen Möglichkeiten sind wie vor hundert Jahren, aber das macht den Reiz aus. Hier kann ich Zaubertheater machen“.
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