Hebammen plagen Nachwuchssorgen: Viel zu wenige Ausbildungsplätze
„Ich habe mich bei rund 15 Hebammen um eine Betreuung beworben, doch keine hatte Zeit“. Die enttäuschenden Erfahrungen einer 30-jährigen Mostviertlerin rund um die Geburt ihres Sohnes im August dieses Jahres wiederholten sich in den vergangenen Monaten in Niederösterreich viele Male.
Durch den mittlerweile dramatischen Mangel an ausgebildeten Hebammen ist es in NÖ derzeit nur mehr 30 Prozent der Mütter möglich, die wertvollen Beratungsdienste von Hebammen in Anspruch zu nehmen – obwohl ihnen das gesetzlich zustünde. Das NÖ Hebammengremium richtet in Hinblick auf eine immer größer werdende Lücke in der nö. Gesundheitsversorgung bei seiner Vollversammlung in der Vorwoche einen Appell an die Politik: „Wir benötigen in Niederösterreich dringend die Verdoppelung der Ausbildungsplätze für Hebammen“, forderte die Leiterin des NÖ Hebammen-Gremiums, Beatrix Cmolik. Sie vertritt 444 Geburtshelferinnen, von denen rund 300 in Spitälern, bei Beratungsstellen oder bei Hausbesuchen aktiv sind.
Verweildauer
Weil die Verweildauer der jungen Mütter auf den Geburtenstationen immer kürzer wird und oft nur mehr zwei Tage dauert, sei eine professionelle Betreuung daheim im Wochenbett umso wichtiger, appellierten Cmolik und andere Fachfrauen auf der Tagung.
Die 20 Junghebammen, die jährlich in NÖ die dreijährige Ausbildung abschließen, würden zum Großteil gleich von der Landesgesundheitsagentur (LGA) auf ihren Geburtenstationen in den Kliniken übernommen, berichtet Cmolik. Doch durch die strenge Beschränkung der Ausbildungsplätze schneide sich die Gesundheitspolitik ins eigene Fleisch, sind die Expertinnen überzeugt. Gerade das Stillen der Babys in den ersten Lebenstagen bereitet Müttern oft Komplikationen. Die Stillberatung der Hebammen leiste da wertvolle Hilfe, um bei Müttern Brustentzündungen und andere Erkrankungen zu verhindern, und nachweislich gesündere Kinder heranzuziehen, ist Cmolik überzeugt.
Kostenersparnis
Der Fokus der Hebammen innerhalb der Kliniken und im extramuralen Bereich liege ganz auf der Prävention, versichert dazu Elisabeth Rakos, die den Studiengang Hebammen an der IMC FH in Krems leitet. Vorzeitiges Abstillen, Störungen beim Abheilen des Nabelschnurrestes, Augenentzündungen und viele andere Erkrankungssymptome erkennen und verhindern Hebammen frühzeitig, was teure Spitalsaufenthalte und ärztliche Behandlungen erspare.
Anders als in der Pflege, wo es einen dramatischen Mangel an Ausbildungswilligen gibt, werden an der FH Krems jährlich 400 Bewerberinnen für 20 finanzierte Studienplätze gezählt, schildert Rakos. Aktuell werden 22 Studierende pro Jahr aufgenommen. Die Zahl der Studienplätze richte sich nach einer Bedarfserhebung des NÖGUS (NÖ Gesundheitsfonds), heißt es bei der FH Krems.
Bedarfsprognose
Beim NÖGUS wird auf regelmäßige Bedarfserhebungen in Zusammenarbeit mit dem Land, der LGA und der Sozialversicherung verwiesen. So wurden die Ausbildungsplätze zuletzt für das Jahr 2019/20 von 16 auf 20 erhöht. Die nächste Personalbedarfsprognose für die Hebammen sei jedenfalls für das Jahr 2022 anberaumt. Im heurigen Frühjahr übte übrigens auch der Rechnungshof scharfe Kritik am Hebammenmangel in NÖ.
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