Wie man gesperrten Urwald im Ötscherland trotzdem erleben kann

Das Schutzgebiet ist 7.000 Hektar groß
Das Haus der Wildnis in Lunz am See: Touristisches und wissenschaftliches Besucherzentrum bereichert das UNESCO-Weltnaturerbe im Grenzgebiet von NÖ und der Steiermark.

Seit der letzten Eiszeit herrscht im Wildnis- und Urwaldgebiet Dürrenstein rund um den Ötscher Willkür und Ordnung der Natur gleichermaßen. Mehr als 10.000 Jahre von Menschenhand unberührt und zum ersten UNESCO-Weltnaturerbe Österreichs geadelt, soll diese einzigartige Welt der Baumriesen, Farne, Moose und Wildtiere dennoch erlebbar gemacht werden. Mit dem „Haus der Wildnis“, das in Lunz am See am 22. Mai eröffnet, bekommen wissbegierige Touristen, Forscher oder Schüler eine Anlaufstelle, die viel zu bieten hat.

Fuchs, Hirsch und Kauz begrüßen den Besucher beim Betreten des Hauses über eine XL-Projektionswand. Doch Vorsicht, im Wald soll Ruhe herrschen. Bemerken die Tiere beim Gast Hektik und Hast huschen sie davon.

Wie man gesperrten Urwald im Ötscherland trotzdem erleben kann

Hirsch stellt sich zur Begrüßung ein

Das ist nur ein erster kleiner Beweis dafür, wie nützlich Hightech-Medien sein können, um einzigartige Fauna und Flora erlebbar zu machen.

Der Hintergrund: Es sind jährlich nur an die 50 Menschen, meistens Forscher, die das Zentrum des Rothwalds, so heißt der Urwald, betreten dürfen. Also lautete die Aufgabe, diesen Naturschatz mit modernster Technik im neuen Besucherzentrum zugänglich zu machen, schildert Ramona Schmidt. Die Wildbiologin leitet das Zentrum.

Der Bau aus Holz, Stein und Glas ist im Ortskern von Lunz errichtet worden. Ein Holzkletterpark und eine gerade im Endausbau befindliche Begegnungszone rundum sorgen für ein einladendes Ensemble.

Wie man gesperrten Urwald im Ötscherland trotzdem erleben kann

Besucherzentrum mitten im Zentrum von Lunz am See

Das Programm im Inneren des Hauses hat mit einer herkömmlichen Ausstellung wenig zu tun. Auf 700 Quadratmeter vermittelt eine Vielzahl von interaktiven und mit modernster Technik bestückter Stationen die Einzigartigkeit des Urwalds.

Mehrfach wird die Virtual-Reality-Brille (VR) als Werkzeug eingesetzt. Etwa wenn es gilt, aus der Perspektive des Habichtskauzes über dem Wildnisgebiet zu kreisen.

Wie man gesperrten Urwald im Ötscherland trotzdem erleben kann

Wie der Habichtskauz: Flug mit der VR-Brille über das Wildnisgebiet

Virtual-Reality

Beste Dienste leisten die VR-Brillen auch in der „Urwaldkuppel“. Man findet sich inmitten überdimensionaler Bäume, beobachtet den Sonnenaufgang, und erste Strahlen wärmen den Kopf, dazu ist eine leichte Windbrise zu spüren. Entspannung ist auch im Urwald-Kino angesagt, wo man die vier Jahreszeiten inmitten der Urwaldlandschaft erlebt. Die Technik ermöglicht noch viel mehr: Ein am Bildschirm erscheinender Avatar beantwortet Wissbegierigen Fragen, computerunterstützte Bildschirme (Augmented Reality, AR) zeigen beim Schwenk über das Relief des Wildnisgebiets den Wandel von der Eiszeit bis heute. Oder man blickt mit dem AR-Schirm bis in die Zellstruktur von Bäumen, die Stress durch Trockenheit oder Borkenkäfer haben. Und an einer interaktiven Wand lernen Kinder das richtige Verhalten im Wald.

Wie man gesperrten Urwald im Ötscherland trotzdem erleben kann

LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf ist fasziniert von der AR-Technologie

Wachsender Urwald

In einem beregneten Terrarium ohne lebende Tiere kann man den Urwald beim Wachsen beobachten. In zwei Aquarien sind die Fische des Lunzer Sees zu beobachten.

Wie man gesperrten Urwald im Ötscherland trotzdem erleben kann

Urwald-Kino: Vier Jahreszeiten im Wildnisgebiet erleben

„Die Sehnsucht nach der Ursprünglichkeit der Natur ist durch die Pandemie noch gestiegen. Mit dem Wildnisgebiet haben wir ein Juwel und mit dem ,Haus der Wildnis’ den Ausgangspunkt für Wanderungen, Expeditionen und Forschungsarbeit geschaffen“, ist LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf überzeugt. 30.000 Besucher im Jahr sollen das Natur-Spektakel erleben und die Region beleben.

Fakten zum Urwald

7.000Hektar groß ist das Wildnisgebiet um den Urwald im Dürrenstein-Massiv. Erst im Frühjahr sorgte das Land Steiermark mit  dem Anschluss seines Schutzgebiets für die Verdoppelung der Weltnaturerbe-Fläche.

Wie man gesperrten Urwald im Ötscherland trotzdem erleben kann

LH-Vize Stephan Pernkopf, Schutzgebietsverwalter Christoph Leditznig, Leiterin des Besucherzentrum Ramona Schmidt, Bürgermeister Josef Schachner

Eigentümer des Urwaldkerns war über fast 150 Jahre die Familie Rothschild, die 2019 den Rest an die Prinzhorn-Gruppe verkauft hat. Die größten Flächen gehören den Bundesforsten. Entschädigungen  sichern den Schutzstatus ab.

Sechs  Millionen Euro kostet das „Haus der Wildnis“. Die Gemeinde Lunz,  das Land NÖ, EU und Sponsoren mit einem Beitrag von 2,5 Mio. € tragen die Investition. Neben der touristischen Schiene dient das Haus als Basis für Forschungsprojekte, Laborbetrieb samt virtueller Bibliothek

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