Gerichtsprozesse: Die Meinungsfreiheit in sozialen Medien hat Grenzen
Soziale Medien sind kein rechtsfreier Raum. Auch Postings auf Facebook können strafrechtlich geahndet werden – speziell dann, wenn sie Beleidigungen oder Verleumdungen enthalten. Was vielen Benutzern durchaus nicht klar zu sein scheint, mussten drei von ihnen alleine am vergangenen Freitag am Landesgericht Wiener Neustadt zur Kenntnis nehmen, wo sie sich auf der Anklagebank wiederfanden – und auch verurteilt wurden.
So etwa eine 34-Jährige aus dem Bezirk Zwettl, die ihrem Unmut über die Bundespolitik öffentlich Luft gemacht hatte. Höchst fragwürdig ist dabei schon die Tatsache, dass sie dies auf der einschlägig bekannten Seite „Erwacht“ tat. „Wissen Sie, aus welchem Dunstkreis diese Seite stammt?“, wollte die Richterin von der Frau wissen. Als diese verneinte, half ihr die Richterin auf die Sprünge: „Hier wird behauptet, der Holocaust wäre eine Lüge und Adolf Hitler hätte die Welt von der jüdischen Gefahr befreit.“ Auf eben dieser Seite postete die 34-Jährige ein Bild, das den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober in Zwangsjacken zeigt, sowie den Text: „Ihr habt Österreich verkauft und verraten, ihr gehört in Zwangsjacken.“
„War ein Blödsinn“
Noch einen Schritt weiter ging ein 49-jähriger Wiener Neustädter, der dieses Posting weiterleitete und mit seiner persönlichen Widmung versah: „Genau meine Meinung. Die sind voll unnötig, die gehören in die Gaskammer.“ Auch er behauptete, auf Nachfrage der Richterin, den rechtsradikalen Hintergrund der Seite nicht zu kennen. „Meinen Sie nicht, es wäre besser, sich vorher zu informieren, wo man etwas postet?“, hakte die Vorsitzende nach. „Ja, das war ein Blödsinn. Ich habe das geschrieben, ohne darüber nachzudenken. Es tut mir sehr leid“, lautete die Antwort.
"Generalpräventive Wirkung ist wichtig"
An seiner Verurteilung änderte diese späte Einsicht freilich nichts mehr. Wegen „Beleidigung“ nach §115 des Strafgesetzbuches wurde der Mann zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt, die 34-Jährige zu einen Monat – ebenfalls bedingt. „Das Thema Hass im Netz ist derzeit ein sehr großes. Ich halte die generalpräventive Wirkung daher für wichtig, weil viele Menschen immer noch nicht verstanden haben, dass man auch im Internet nicht einfach schreiben kann, was man will“, begründete die Richterin. Und sie betonte: Politiker müssen grundsätzlich mehr aushalten, weil sie sich selbst in die Öffentlichkeit begeben. Aber auch Politiker müssen sich nicht beschimpfen und beleidigen lassen. Es gibt Grenzen, wie weit Kritik gehen darf.“
Zur Zahlung einer Entschädigung von 200 Euro wurde ebenfalls am Freitag eine weitere Facebook-Userin verurteilt, die einen mutmaßlichen Mörder öffentlich des Verbrechens bezichtigt hatte, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt nicht verurteilt worden war. Der Mann hatte den Mord vor der Polizei gestanden, dennoch sei die Vorverurteilung in sozialen Medien nicht zulässig, befand die Richterin und sprach dem Mann die Entschädigung zu.
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