Einem perfiden Kriminalfall sind Ermittler aus dem Bezirk Wiener Neustadt auf die Spur gekommen. Ein 65-jähriger, schwer behinderter und pflegebedürftiger Mann soll von seiner 63-jährigen Langzeitbetreuerin und der eigenen Tante (76) um sein gesamtes Vermögen gebracht worden sein. Wegen der Verdachtsmomente sitzen beide Frauen in der Justizanstalt Wiener Neustadt in Untersuchungshaft, bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Erich Habitzl.
Gegen die Frauen läuft ein Ermittlungsverfahren, weil sie den wehrlosen Mann nicht nur um sein Erspartes gebracht haben sollen. Sie dürften ihn in betrügerischer Absicht auch zum Verzicht auf seinen Erbanteil genötigt haben – um sich selbst daran zu bereichern.
Es war eine tätliche Auseinandersetzung, weshalb eine Polizeistreife am 9. Juli an die Wohnadresse von Christian H. im Bezirk Wiener Neustadt gerufen wurde. Seine 63-jährige Bekannte, die ihn jahrelang betreute, hatte die Polizei gerufen, weil der Mann im Streit auf sie losgegangen sein soll. Verletzt war allerdings Christian H., er war durch eine Glasscheibe geflogen.
Videoaufzeichnung
Im Zuge der Einvernahmen machte der 65-Jährige eine Aussage, die den Kriminaldienst in Sollenau stutzig machte. Der Mann gab an, dass sein gesamtes Erspartes verschwunden und die Konten leer seien. Die 63-jährige Pflegerin hatte keine Erklärung dafür.
Die Videoaufzeichnungen der Bank ergaben allerdings ein anderes Bild. Die Frau soll bei mindestens zehn Behebungen die Konten des pflegebedürftigen Opfers leer geräumt haben. Als sie damit konfrontiert wurde, erstattete sie Selbstanzeige.
Insgesamt fehlen mehr als 200.000 Euro. Die wochenlangen Ermittlungen brachten eine noch größere Überraschung ans Tageslicht. Die Pflegerin soll zusammen mit der Tante des 65-Jährigen den Wehrlosen ausgenommen haben. Die Frauen kennen einander gut.
Finanziell ging es auch um das Erbe der 2019 verstorbenen Mutter des 65-Jährigen. Sie hinterließ Gold im Wert von 70.000 Euro und 500.000 Euro in Bar. Beide Frauen sollen Christian H. dazu verleitet haben, einen Erbverzicht zu unterschreiben – zugunsten der Tante. Dokumente dazu wurden sichergestellt.
Amazon-Bestellungen
Um Aufschluss über die vielen Geldflüsse zu bekommen, wurde ein prominenter Sachverständiger in dem Kriminalfall zugezogen. Martin Geyer, Gutachter im Prozess um die Libro-Pleite, soll als Experte für das Banken-, Rechnungs- und Steuerwesen die Beweise liefern.
Das abgezweigte Geld soll den Frauen zu einem schönen Lebensstil verholfen haben. Die 63-Jährige hatte binnen einiger Monate mehr als 900 Amazon-Bestellungen vorgenommen. Aufgrund der Verdachtslage wurde sie am 23. November in die Justizanstalt eingeliefert, über die 76-jährige Tante des Opfers wurde am 9. Dezember die U-Haft verhängt.
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