Fall Wastl wird zur Romanvorlage

Ein Bild aus glücklichen Zeiten, als die Familie noch intakt war.
Witwer Paul Wastl und der Autor Hari Schörner werden die Geschichte veröffentlichen.

Der Vermisstenfall von Heidrun Wastl hat Kriminalgeschichte geschrieben. Eine spurlos verschwundene Mutter, deren Schicksal und Tod der erst elf Jahre später von Cold Case-Ermittlern des Bundeskriminalamtes geklärt werden konnte. Ihre Leiche wurde bis heute nicht gefunden.

Ein Jahrzehnt des Bangens und Hoffens, der Verzweiflung und des Hasses wird nun in einem Buch verewigt – von Heidi Wastls Ehemann Paul. „Vermisst. Verschwunden. Verschollen. Nie vergessen – Heidrun Wastl“ ist der Titel des Werkes, dass der Witwer zusammen mit dem Wiener Neustädter Autor Hari Schörner zu Papier bringt.

Anruf

Seit dem 28. September 2001 ist im Leben von Paul Wastl nichts mehr, wie es vorher war. Er erinnert sich noch genau an den Anruf der Volksschule, der ihn zu Mittag erreichte. „Heidi hat unseren kleinen Buben nicht abgeholt. Da ahnte ich, dass was Schlimmes passiert sein muss“, schildert Wastl. Bei der späteren Vermisstenanzeige bei der Polizei musste er sich anhören, dass seine Frau „wahrscheinlich mit einem anderem durchgebrannt“ sei und er sich nicht unnötig aufregen soll.

Es sollte noch viel schlimmer kommen. Der Ehemann geriet selbst ins Visier der Polizei. Tagelange Verhöre, während man nur noch hofft, dass die Frau noch am Leben ist und zurück kommt. „Das alles wird im Buch zu lesen sein. Wir werden es als Roman verfassen, weil dies mehr Freiheiten zulässt“, schildert Schörner. Laut dem Autor wird das Buch von tiefen Gefühlen getragen. Beispielsweise von Paul Wastls Liebe zu seinem Sohn Stefan. „Ich stand von einem Tag auf den anderen alleine mit ihm da. Er war sechs Jahre alt und ihm fehlte seine Mutter. Jahre lang habe ich ihn beim Einschlafen in meinen Armen gehalten und das jeden Tag“, so Wastl.

Für Schörner darf aber ein wichtiges Kapitel nicht fehlen. Es handelt vom System, das noch auf einen drauftritt wenn man schon am Boden liegt und nicht mehr kann. Denn nach Heidruns Verschwinden wurde ihr Mann unter Sachwalterschaft gestellt. „Ohne die Genehmigung des Anwalts durfte ich nichts mehr“, erinnert sich Paul Wastl an die schlimmsten Jahre seines Lebens.

Aber es gab auch positive Erfahrungen, wie in dem Roman zu lesen sein wird. Beispielsweise den Rückhalt der Cold Case-Ermittler um Chefinspektor Kurt Linzer. Das Team konnte nicht nur wenige Monate nach der Wiederaufnahme den schier unlösbaren Fall klären, sondern „mich immer wieder aufbauen“, schildert Wastl. Sein Buch soll anderen Menschen, die das selbe bittere Schicksal ereilt, Kraft und Hoffnung geben. In knapp einem Jahr soll der Roman der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Heidrun Wastl, 37, verschwand am 28. September 2001 zwischen 10 und 11 Uhr aus ihrem Wohnhaus in Wiener Neustadt, NÖ. Von Anfang an hauptverdächtig war der Tischler Erich W. (42), der an dem Tag im Haus war, um eine Stiege auszumessen. Einige Tage nach dem Verschwinden seiner Frau fand Paul Wastl in seinem Briefkasten einen ominösen Abschiedsbrief. Dank eines Schriftgutachtens wurde Erich W. als Verfasser des Schreibens überführt. Er gab an, dass er mit dem Schreiben von sich ablenken wollte.

Anfang 2012 wurde der Fall auch wegen einer Reihe von Ermittlungspannen vom „Cold Case“-Management des Bundeskriminalamtes neu aufgerollt. Erich W. legte ein spätes Geständnis ab. Er sei mit Heidi Wastl an besagtem Tag im Wald gewesen. Dabei sei sie gestürzt und gepfählt worden. In Panik habe er sie zurück gelassen. Die Ermittler sowie die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt glaubten nicht an die Unfallversion.

Mordanklage

Es kam zu einer Mordanklage. Die Entscheidung des Schwurgerichts im vergangenen Juni fiel denkbar knapp aus: Bei Stimmengleichstand der Geschworenen (4:4) in der Frage des Mordes fiel die Entscheidung zu Gunsten des Beschuldigten aus. Das Urteil lautet auf zwölf Monate Haft für Im-Stich-Lassen einer Verletzten. W.s Anwalt, Ernst Schillhammer, legte wegen Verjährung des Delikts Berufung ein. Eine Entscheidung ist noch ausständig. W. ist auf freiem Fuß.

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