Delikt verjährt? Anwalt beruft gegen Urteil

APA13033684 - 03062013 - WIENER NEUSTADT - ÖSTERREICH: Der 42-Jährige Angeklagte (r.) am Montag, 03. Juni 2013, vor Verhandlungsbeginn am Landesgericht Wiener Neustadt. Mord durch Unterlassung lautet die Anklage der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegen den Verdächtigen im Fall der seit fast zwölf Jahren verschwundenen Heidrun Wastl. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Ernst Schillhammer, Anwalt von Erich W. hat gegen die einjährige Freiheitsstrafe Beschwerde eingelegt. Sein Mandant könnte völlig straffrei ausgehen.
Für Ehemann Paul Wastl war der Mord-Freispruch ein Schlag ins Gesicht. Jetzt kommt es für die Familie der seit 28. September 2001 verschwundenen Heidrun Wastl (37) allerdings noch schlimmer. Denn der wegen Im-Stich-Lassen eines Verletzten verurteilte Erich W. (42) könnte völlig straffrei ausgehen. Sein Anwalt, Ernst Schillhammer, hat gegen die einjährige Freiheitsstrafe Beschwerde eingelegt. Denn das Delikt könnte bereits verjährt sein.

Der Aufsehen erregende Kriminalfall beschäftigt seit fast zwölf Jahren Polizei, „Cold Case“-Ermittler und die Justiz. Der von Anfang an Hauptverdächtige Tischler Erich W. hatte erst vergangenes Jahr, nach über zehn Jahren, eine späte Beichte abgelegt. Die Wiener Neustädter Kindergartenhelferin Heidi Wastl sei während eines Waldspazierganges mit ihm gestürzt und von einem Ast gepfählt worden. W. wurde angeklagt und vergangene Woche am Landesgericht Wr. Neustadt des Mordes an der Frau freigesprochen und stattdessen wegen Im-Stich-Lassen eines Verletzten mit Todesfolge zu einem Jahr Haft verurteilt. Da er die Strafe bereits in U-Haft abgesessen hat, ist der 42-Jährige zum Leidwesen von Heidi Wastls trauernder Familie ein freier Mann.
Ernst Schillhammer hat ein juristisches Schlupfloch entdeckt
https://images.spunq.telekurier.at/46-23825329.jpg/17.617.186
KURIER /schaffer hans peter
Während die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt keinen Sinn mehr darin sieht, das Urteil zu beeinspruchen, hat W.s Anwalt Ernst Schillhammer ein juristisches Schlupfloch entdeckt. Er hat vor Ende der Einspruchsfrist Montagabend Beschwerde gegen das Urteil eingelegt. Denn während Mord nach österreichischer Gesetzgebung niemals verjährt, so tritt bei Straftaten die mit maximal fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind die Verjährung nach fünf Jahren ein. Darunter fällt auch Im-Stich-Lassen eines Verletzten mit Todesfolge (maximal drei Jahre Haft).

OGH muss prüfen

„Ich habe aus advokatorischer Vorsicht Rechtsmittel angemeldet. Wir wollen die mit dem Urteilsspruch verbundenen rechtlichen Fragen geklärt wissen“, sagt Schillhammer. Auf die mögliche Verjährung will der Anwalt im Detail nicht eingehen. „Dies wird nun vom OGH geprüft werden“, so der Advokat.
Sein Mandant, Erich W., genießt indes die Freiheit und ist dabei wieder einen Job als Tischler zu finden. Für Wastls Familie ist der Einspruch ein weiterer Tiefschlag in der Nerven aufreibenden Causa. Hoffnung gibt den Hinterbliebenen zumindest das Bundeskriminalamt, das angekündigt hat mit neuen Untersuchungsmethoden weiter nach den sterblichen Überresten der Frau im Wald zu suchen.

Kommentare