Falknerin über ihre Schützlinge: „Wenn er zurückkommt, ist das Vertrauen“
Doris Hiebeler ist Falknerin. Was diese besondere Partnerschaft mit Greifvögeln bedeutet und warum ihre Leidenschaft die Zucht der Tiere ist, hat sie uns erzählt.
Eindrucksvoll zeigt sich das Schloss Waldreichs (Bezirk Zwettl) vor einem, wenn man das beliebte Tourismusziel erreicht. Noch imponierender ist der Anblick nur, wenn ein Adler, der dort sein Zuhause hat, mit ausgebreiteten Flügeln darüber fliegt und dann wieder auf dem Arm seiner Falknerin landet. Und das passiert mehrmals am Tag, denn dort befindet sich das Greifvogelzentrum der Familie Hiebeler.
Die Leidenschaft für die Tiere hat Doris Hiebeler schon in ihrer Kindheit gepackt. „Ich bin da einfach hineingeboren worden“, sagt die 26-Jährige. „Meine Eltern haben nie gesagt ’Du musst dich für Vögel interessieren.’ Ich habe das im Blut.“
Hiebeler ist Falknerin und hat auch die Jagdprüfung absolviert. Die Falknerei gilt als immaterielles Kulturerbe Österreichs bei der UNESCO. Dazu gehört nicht nur die Jagd, sondern auch die Haltung, Ausbildung und die Zucht.
Öffentlichkeitsarbeit
Im Schloss Waldreichs mache man vor allem Öffentlichkeitsarbeit, erzählt Hiebeler. Man versuche den Menschen die Tiere, deren Biologie und Verhalten, und den Sinn der Falknerei näherzubringen. Denn dieser Wissenstransfer stehe an oberster Stelle. Viele würden glauben, man sei der Herr des Vogels, so Hiebeler. „Aber das ist eine Partnerschaft. Jeder ist gleich viel wert. So teilt man auch das erbeutete Wild miteinander. Das ist immerhin die Uridee der Zusammenarbeit.“
Die Aufklärung über die Falknerei sei auch deshalb wichtig, weil sich viele Mythen halten. Etwa, dass man die Vögel hungern lassen müsse, damit sie wieder zurückkommen. „Das stimmt aber nicht, denn die Zusammenarbeit funktioniert ausschließlich über inniges Vertrauen. Dieses muss man sich als Falkner erarbeiten. „Wenn er zurückkommt, ist das Vertrauen.“
Für den Vogel habe es laut Hiebeler ebenso Vorteile, dass er mit den Menschen lebt. Bei Krankheiten bekomme er sofort tierärztliche Versorgung und es gibt einen sicheren Schlafplatz. Nur zirka ein Drittel der Jungvögel der Steinadlerpopulation kommen durch. „Manche lernen das selbstständige Jagen nicht oder zu spät. Dadurch verhungern sie oft. Bei uns passiert das nicht. Die Vögel verstehen schon, dass es ihnen viele Vorteile bringt, beim Falkner zu sein“, meint Hiebeler, die in St. Leonhard am Hornerwald (Bezirk Krems-Land) und in Wien lebt.
Tierschutz
Immer wieder wird jedoch Kritik von Tierschützern laut. Doch die Waldviertlerin würde keine Methoden anwenden, die nicht tierschutzgerecht seien. Darum setzt sich Hiebeler beim Österreichischen Falknerbund und der International Falconry Association ein, wo sie als österreichische Delegierte auftritt. Hier gibt es eigene internationale Sakerfalkenprogramme, wodurch Sakerfalken-Auswilderungen in Zentralasien stattfinden. „So etwas macht man ja nicht, wenn man es nicht gerne macht und ernst nimmt. Das ist kostspielig. Es ist uns wichtig, dass das Tierwohl gegeben ist.“
Tod und Leben
Geht es um die Jagd, beschönigt die Studentin nichts: „Die Natur ist nichts Nettes. Der, der es nicht schafft, schafft es nicht. Das klingt so plakativ, aber der Tod gehört halt zum Leben dazu.“ Um mit einem Vogel jagen zu können, müsse man sich in ihn hineinversetzen können, und in seinem Sinne denken und handeln lernen.
Der Sichtkontakt ist bei der Jagd wichtig. Es könne schon einmal sein, dass ein Wanderfalke 300 Meter weit oben im Himmel ist. „Da kann man nur mehr mit Handzeichen Signale geben. Hier kommt dann die Mensch-Tier-Beziehung besonders zum Zug, denn man hat als Falkner keinen direkten Einfluss mehr und das Tier kann selbstständig entscheiden, ob es beim Falkner bleibt, oder für immer wegfliegt. Mit der Zeit beginnt ein Vogel dann sogar schon, für den Menschen zu jagen“, sagt Hiebeler begeistert.
Das Schönste für die 26-Jährige bleibt aber dennoch die Zucht selbst. Unzählige Greifvögel, vom Adler bis zum Falken, konnte sie in den vergangenen Jahren großziehen: „Das ist so nett, dieses Wunder Leben vom Ei bis zum fertigen Vogel, den du dann trainieren darfst.“ Und zwar so trainieren, dass er wieder zurückkehrt. Aus Vertrauen.
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