Erstaufnahmezentrum Traiskirchen: Bürgermeister kritisiert Innenminister Karner

Asylsuchende in Traiskirchen
SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler zeigt Missstände auf und spricht von "parteipolitischem ÖVP-Kalkül".

Sämtliche Interventionen seien ungehört geblieben, also wendet sich der Traiskirchner SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler nun an die Öffentlichkeit: Auf Facebook und Twitter veröffentlichte er eine Videobotschaft, in der er ÖVP-Innenminister Gerhard Karner aufs Schärfste kritisiert. 

"Für mich liegt der Verdacht nahe, dass Sie die Situation hier in Traiskirchen aus reinem parteipolitischem ÖVP-Kalkül heraus eskalieren lassen möchten, um das Thema Flucht und Migration in Österreich hoch zu treiben und von Ihrem Regierungsversagen bei wirksamen Anti-Teuerungsmaßnahmen oder von den ÖVP Korruptionsthemen abzulenken", postete Babler dazu.

Die Situation im Erstaufnahmezentrum sei angesichts des Ansturms untragbar geworden, das Vorgehen des Innenministeriums führe dazu, dass Menschen auf der Straße schlafen müssen. "Wir wollen kein Massenlager", macht der Stadtchef klar. Und er ruft die Traiskirchener dazu auf, ihre Wut nicht auf die ankommenden Menschen, sondern die politischen Verantwortlichen zu richten.

"System an Belastungsgrenze"

Auf Anfrage des KURIER kommentiert das Innenministerium die Vorwürfe Bablers wie folgt: "Der Innenminister bedankt sich für die Anstrengungen und Bemühungen der Stadt Traiskirchen und von Bürgermeister Andreas Babler." Karner habe in den vergangenen Tagen und Wochen mehrfach telefonischen Kontakt mit Babler gehabt und dabei konstruktive Gespräche geführt. Aber: "Social Media ist das eine, persönliche Gespräches sind das andere." Umso mehr sei das Innenministerium über die heutigen Ausführungen des Traiskirchener Bürgermeisters verwundert.

Österreich sei laut dem Ministerium derzeit mit einer steigenden Zahl von Migranten konfrontiert, die aus Ländern mit keiner oder äußerst geringer Bleibewahrscheinlichkeit stammen – etwa Indien, Marokko oder Tunesien. Über Asylanträge dieser Migranten wird in der Regel in beschleunigten Verfahren innerhalb von 72 Stunden (in erster Instanz) entschieden. Dabei würden viele erkennen, dass sie keine Chance auf ein Bleiberecht haben und Österreich wieder verlassen. "Trotzdem kommt es bei der Bearbeitung dieser Asylanträge zu Spitzen bei der Unterbringung", so die Erklärung.

Derzeit befinden sich laut Ministerium mehr als 90.000 Männer und Frauen (davon 57.000 aus der Ukraine) in der Grundversorgung. Das System sei dadurch an der Belastungsgrenze angelangt.

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