Energie: Viel Wind um 250 neue Räder in Niederösterreich
In Sachen erneuerbare Energien will das Land Niederösterreich die Nase vorne haben. In der Vorwoche präsentierte LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) die Pläne zur Erweiterung der Windkraftzonen, bis 2035 sollen sich 250 weitere Anlagen im Land drehen.
Was allerdings nicht heißt, dass diese Windräder auf bisher ungenutztem Boden stehen werden: Derzeit arbeitet ein Expertenteam daran, die schon bestehenden Potenzialflächen besser zu nutzen. Diese wurden erstmals 2014 festgelegt; das lukrative Geschäft mit der Windkraft – immerhin braucht es dafür entsprechende Bodenflächen – hatte im Vorfeld zu massiven Auseinandersetzungen in Gemeinden und zur Gründung von Bürgerlisten geführt. Das Land zog damals die Reißleine und erlaubte Windanlagen nur mehr in 68 vordefinierten Zonen.
In einem ersten Schritt sollen diese nun erweitert werden, mit voraussichtlicher Rechtskraft im Frühjahr 2024. Zudem fördert das Land das sogenannte „Repowering“, also den Austausch alter Räder gegen leistungsfähigere Windanlagen.
Erst danach soll der Schwerpunkt auf der Ausweisung neuer Zonen liegen. Ob in diesen aber auch tatsächlich Windräder errichtet werden, ist Sache der Gemeinden; dort, wo es Anlagen geben soll, braucht es nämlich erst Umwidmungen.
Superlative
Dass sich das Land als Vorreiter für ganz Österreich sieht, daraus machen die politischen Verantwortlichen keinen Hehl: Die Energiewende, die finde in NÖ statt, ließ Herbert Greisberger von der Energie- und Umweltagentur wissen. Zudem soll das Jahr 2023 ein „Rekordjahr“ für die erneuerbaren Energien in NÖ werden: Neben neuen Windrädern – derzeit werden rund 200 neue Anlagen erbaut oder geplant – würden heuer 15.000 neue Photovoltaik-Anlagen und 20 Biomasse-Anlagen entstehen, kündigte die Landes-ÖVP an. Vorhaben, mit denen man schon im Wahlkampf die Werbetrommel gerührt hat.
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Wobei die Zahlen Erfolge durchaus bestätigen: In NÖ stehen laut einer Erhebung vom Dezember 2022, die das Land auf KURIER-Anfrage vorlegt, 762 Windkraftanlagen mit einer Leistung von 1.861 Megawatt. Demnach ist jedes zweite Windrad in Österreich in NÖ zu finden. Es folgen mit großem Abstand das Burgenland (445 Anlagen), die Steiermark (114 Anlagen) und Oberösterreich (31 Anlagen).
Und Stephan Pernkopf gibt sich ehrgeizig: „In den nächsten Jahren verdreifachen wir die erneuerbare Stromproduktion in Niederösterreich, von aktuell rund 5.000 Gigawattstunden auf 15.000 Gigawattstunden Strom. Also zusätzliche 10.000 Gigawattstunden, das entspricht dem Strombedarf der ganzen Steiermark, der neu gebaut wird.“
Doch sind die 250 zusätzlichen Windräder tatsächlich jener großer Wurf, mit dem sich die Landespolitik rühmt? Geht es nach der IG Windkraft, der Interessenvertretung für Windenergiebetreiber, -hersteller und -förderer, definitiv nicht. Derzeit würde 62 Prozent des Energieverbrauchs in NÖ noch aus Erdöl, Erdgas, Kohle und Atomenergie stammen.
Dabei seien die Möglichkeiten riesig: „Knapp die Hälfte des österreichischen Potenzials liegt in diesem Bundesland. Mit 2.500 Windrädern in Niederösterreich kann so viel Windstrom erzeugt werden, dass der Verbrauch von Erdgas, Erdöl, Kohle und Atomenergie komplett ersetzt werden könnte“, rechnet Martin Jaksch-Fliegenschnee, Sprecher der IG, vor. Also noch jede Menge Luft nach oben, selbst mit 250 Anlagen mehr. Die IG sei aber „hoffnungsfroh“, dass NÖ den Windkraft-Ausbau noch verstärken wird.
Neue Projekte
Das Interesse an Windkraft-Projekten ist in den Gemeinden jedenfalls groß. Aktuell sind in NÖ mehrere Projekte in der Pipeline: Im Waldviertel gibt es für den „Windpark Wild“ bei Göpfritz, Ludweis-Aigen und Brunn bereits grünes Licht, zehn Anlagen sollen dort entstehen. Im nördlichen Weinviertel wollen sowohl die Firma Jungbunzlauer als auch die Stadtgemeinde Laa in Anlagen investieren, in Gaubitsch gab es kürzlich eine Bürgerinformation. In Leitzersdorf wird die Bevölkerung am 24. September zu einem möglichen Projekt befragt.
Doch auch in Zeiten der Energiekrise sind nicht alle Vorhaben unumstritten: Politischen Zwist gibt es um geplante Anlagen in Sulz (Weinviertel) und Groß-Siegharts (Waldviertel). Großen Widerstand aus der Bevölkerung gab es auch am Wagram. Gescheitert ist das Projekt aber letztlich daran, dass es dort keine Windkraftzone gibt.
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