„Das Weinviertel könnte auch einen anderen Namen tragen: Energieviertel“, sagt Landtagspräsident Karl Wilfing. Denn seit 1997 das erste Windrad am Steinberg bei Zistersdorf errichtet wurde, hat sich in Sachen erneuerbare Energieträger viel getan; die Region zählt zu den besten Windkraft-Binnen-Standorten in Europa. Doch auch Photovoltaikanlagen, Kleinwasserkraftwerke, Biogasanlagen und ein Biomassewerk erzeugen im Viertel Energie.
Bessere Verteilung
Soweit, so gut. Doch ohne ein funktionierendes Netz, das die Energie dorthin transportiert, wo sie verbraucht wird, wäre jede Stromerzeugung vergebene Liebesmüh. „Man kann die Energie ja nicht in Küberln bis nach Wien tragen“, so Wilfing. Weshalb die EVN für eine entsprechende Verteilung sorgt; sie errichtet mit dem „Erneuerbaren Netz Weinviertel“ quasi die Zubringer zur Weinviertelleitung der Austrian Power Grid AG. Von dort aus wird der Strom in die Haushalte gebracht.
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Konkret plant die Netz NÖ, die Teil der EVN ist, bis 2030 zwei neue Hochspannungsleitungen mit einer Gesamtlänge von 36 Kilometern zwischen Kettlasbrunn und Spannberg sowie zwischen Gaweinstal und Prottes. Darüber hinaus werden sechs Umspannwerke im Weinviertel erweitert oder neu gebaut. Kostenpunkt: 360 Millionen Euro. „Wir sammeln die Energie, damit sie weitertransportiert werden kann“, fasst EVN-Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz zusammen.
Doch Sammeln alleine ist der EVN zu wenig; sie erzeugt selbst im Weinviertel Strom, und bald noch mehr. In den nächsten Wochen wird der Windpark Palterndorf-Dobermannsdorf ans Netz gehen. Mit sieben Windkraftanlagen entsteht hier der leistungsstärkste Windpark der EVN.
Weitere Windparks
Parallel dazu wird an drei weiteren Standorten gearbeitet. Die vier neuen Windparks, in die 135 Millionen Euro fließen, werden zusammen über 95 Megawatt leisten – und können so rund 80.000 Haushalte mit Strom versorgen.
Während die Stromerzeugung durch Windkraft für Private wenig attraktiv ist, boomt die Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen. Nur in seltenen Fällen – wie bei der Firma Jungbunzlauer in Pernhofen – wird der erzeugte Strom alleinig für den Eigenbedarf gebraucht. Meistens wird zu viel Strom erzeugt, der ins Netz eingespeist werden soll.
Für die EVN eine Herausforderung, denn die Energieproduktion wird zunehmend dezentralisiert. „Die große Frage ist: Was mache ich mit Energie, die bereits besteht?“, meint EVN-Vorstandsdirektor Franz Mittermayer. Derzeit wird nach Möglichkeiten, erneuerbare Energien zu speichern, geforscht. Wasserstoff wäre hier eine Möglichkeit.
Neue Wasserwege
Investitionen, die auf Dauer eine Stromversorgung sichern sollen. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass mit einem Druck auf den Schalter das Licht angeht und dass sauberes Wasser rauskommt, wenn man den Wasserhahn aufdreht“, sagt Wilfing. Ein Luxus, der im Weinviertel nicht immer selbstverständlich war; in der Region begann der Ausbau der EVN-Wasserversorgung, der bis heute verfolgt wird.
„Kein wertvoller Tropfen Trinkwasser soll verloren gehen“, gibt Mittermayer die Zielsetzung vor. 38 Millionen Euro werden daher für eine Sanierung bestehender Netze verwendet, bis 2030 fließen 53 Millionen in regionale Transportleitungen, Naturfilteranlagen und die Erweiterung von Brunnenfeldern. Ein Großprojekt ist die Verbindung der EVN-Wasserversorgungsgebiete mit jenen im Industrieviertel. „Dadurch kann die letzte Lücke im Versorgungssystem geschlossen werden“, betont Mittermayer.
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