Endlagerung von Atommüll im Waldviertel befürchtet
Ein großes Problem bei der Nutzung von Kernenergie ist nach wie vor ungelöst: Wohin mit dem radioaktiven Abfall, der dabei anfällt?
Nirgendwo auf der Welt gibt es bisher ein Endlager, das eine sichere Entsorgung garantiert. Zumindest ein Problem, mit dem sich Österreich, das sich 1978 gegen eine Nutzung von Kernenergie entschieden hat und auch heute gegenüber der EU eine Anti-Atomkraft-Position einnimmt, nicht auseinandersetzen muss – sollte man meinen. Aber ganz so ist es nicht, denn auch in Österreich fällt radioaktiver Abfall an.
Im Wesentlichen gibt es zwei Ströme: Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung (etwa 10 Prozent) und Abfälle aus dem Rückbau von Altanlagen – etwa jenen in Seibersdorf im nö. Bezirk Baden, wo ab den 1950er-Jahren jahrzehntelang Nuklearforschung betrieben wurde.
Lösung auf Zeit
In Seibersdorf wird heute der gesamte radioaktive Müll Österreichs zwischengelagert. Mittlerweile werden dort etwa 12.500 gelbe Fässer mit „Atommüll“ verwahrt – pro Jahr kommen etwa 200 Fässer mit je 200 Liter Fassungsvermögen dazu. Wo diese einmal ihr Endlager finden, ist noch ungeklärt. Um eine Lösung zu finden, wurde im Vorjahr der Entsorgungsbeirat von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) eingerichtet. Bis 2024 werden mögliche Lösungen sondiert und Empfehlungen für die Bundesregierung erarbeitet.
Aktuell gibt es Sorge, dass im Waldviertel ein Endlager für radioaktiven Abfall entstehen könnte.
Auslöser dafür ist Finnland, das als erstes Land der Welt 2025 sein Endlager in Betrieb nehmen will. Die Finnen setzen dabei auf Granit, und auch Schweden wird wohl nachziehen und ein künstliches Bergwerk im Granitland bauen. Und wo gibt es ausreichende Granitvorkommen in Österreich? – Im Waldviertel.
Standortfrage
Niederösterreichische ÖVP-Politiker schlagen bereits Alarm: „Bundesministerin Gewessler hat sicherzustellen, dass die befürchtete Inlandslösung für Atommüll im Waldviertel ausgeschlossen bleibt“, betonen Nationalrat und Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager und Waldviertel-Mandatarin Martina Diesner-Wais in einem Krone-Bericht. Aus dem Ministerium heißt es auf KURIER-Nachfrage, dass es in der momentanen Phase noch zu früh sei, um Standortfragen zu diskutieren.
Der Müll, der in den Endlagern von Finnland oder Schweden landen soll, ist aber kaum mit jenem aus Österreich vergleichbar. Während dort hochaktives Material von Kernkraftwerken über 100.000 Jahre gelagert werden soll, handelt es sich beim heimischen Abfall um schwach- und mittelaktives Material, das nicht Hunderte Meter im Boden versenkt werden muss. Endlager für schwach und mittelaktives Material gibt es bereits in einigen Nachbarländern.
Die Verträge für das Zwischenlager in Seibersdorf laufen auf jeden Fall noch bis 2045 – zumindest für die kommenden 23 Jahre ist klar, wohin mit dem radioaktiven Müll.
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