Giftanschlag und Fall Fritzl: Ein Vollblut-Kieberer auf Mörderjagd

46-214866203
Der Giftanschlag auf den Spitzer Bürgermeister und andere spektakuläre Fälle pflastern seinen Berufsweg. Hannes Steinbichler ist seit 43 Jahren Polizist und seit wenigen Tagen der oberste Mordermittler des Landes NÖ.

Lebenslang! Ein Blick auf die Galerie an der Bürowand von Hannes Steinbichler lässt in etwa erahnen, was der 58-jährige Vollblut-Kieberer in bislang 43 (!) Dienstjahren alles erlebt hat. Hinter Glas gerahmt findet sich ein Auszug der spektakulärsten und gleichzeitig abscheulichsten Verbrechen, an deren Klärung er maßgeblich beteiligt war. 2008 haben Steinbichler und sein Team dafür gesorgt, dass der Mon-Chéri-Giftanschlag auf den Spitzer Bürgermeister Hannes Hirtzberger gesühnt wurde. Der Täter Helmut O. bekam lebenslang.

Vom Lehrling zum Mordchef

Seit wenigen Tagen ist Hannes Steinbichler der neue Leiter der Mordgruppe im Landeskriminalamt (LKA) NÖ. 22 Jahre ist er schon bei der Einheit. Er war 15 Jahre alt, als er damals 1982 die dreijährige Lehrlingsausbildung bei der Bundesgendarmerie begann. 1.500 Schilling waren sein erstes „Lehrgeld“, erinnert er sich.

Sein Wunsch, vor allem Schwerverbrechern das Handwerk zu legen und spannende Kriminalfälle zu lösen, hatte ihn bald zum Kriminaldienst in Vösendorf und 2002 weiter zur damaligen Kriminalabteilung gebracht.

Auch wenn man in dem Job nicht zart besaitet sein sollte, gibt es immer wieder Fälle, die unter die Haut gehen. Josef Fritzl sei ein ganz spezieller Fall gewesen. Oder als 2019 im Anton-Wodica-Park in Wiener Neustadt der 19-jährige Syrer Yazan A. die 16-jährige Manuela erdrosselte und ihre Leiche schändete. "2019 war eine Art Horrorjahr mit sehr vielen weiblichen Opfern“, erklärt Steinbichler.

46-214932737

Ehrung durch Innenminister Gerhard Karner nach einem vereitelten Auftragsmord

Spurensicherung, Forensik und Gutachter

Um Gewaltverbrechen, welcher Art auch immer, zu klären, kommt es laut dem Chefinspektor vor allem auf die Teamarbeit an. "Ein Geständnis zählt heute nichts, weil es oft widerrufen wird. Es braucht Beweise, die auch vor Gericht halten.“

Deshalb sei das Zusammenspiel zwischen Mordermittlern, den Tatort-Spezialisten des Landeskriminalamtes, Gutachtern und Forensikern das Um und Auf. Der elektronische Fingerabdruck, den jeder Mensch mittlerweile unwillkürlich hinterlässt, hat auch die Ermittlungsarbeit revolutioniert und deutlich verändert, so Steinbichler.

Puls von 157 bei der Bluttat

Handy- oder GPS-Daten sind heute nicht mehr wegzudenken, wenn es um die Datenforensik geht, wie ein Fall der jüngeren Vergangenheit exemplarisch zeigt: Die im Hintergrund gespeicherten GPS-Daten seiner Smartwatch sind einem 64-jährigen Unternehmer 2022 beim Mord an seiner Ehefrau in einem schmucken Seehaus in Oberwaltersdorf zum Verhängnis geworden.

In Steinbichlers Büro hängt noch das Zeit-Weg-Diagramm mit den Daten der Sportuhr von dem Fall. Sie widerlegten das Alibi, das sich der Täter versucht hat zurechtzulegen. Die Uhr zeichnete jeden Schritt und die Pulsfrequenz in der Tatnacht auf. Es wurde dokumentiert, wie der Täter über die Stiegen ins Schlafzimmer seiner Frau ging und fast 20-mal mit einem Spitzmeißel auf sein Opfer einschlug. Mit einem Puls von 157 Schlägen. Bei der Einvernahme durch die Kripo schlug sein Herz nachweislich schneller. 

Makaberes Detail: Jeder Hieb wurde von der Uhr am Handgelenk als Treppenschritt gespeichert. Auch in diesem Fall steht ein "lebenslang“ in der Klärungsstatistik von Steinbichlers Team.

NIEDERÖSTERREICH: PROZESS WEGEN MORDES GEGEN MANN, DER IM AUGUST 2022 SEINE EHEFRAU IN OBERWALTERSDORF GETÖTET HABEN SOLL

Lebenslang für den Mord an der Ehefrau in Oberwaltersdorf am Landesgericht Wiener Neustadt

AUA-Hagelflug und Skandale in Pflegeheimen

Aber es sind längst nicht mehr Tötungsdelikte alleine, die die Arbeit der Mordermittler ausmachen. In den vergangenen Jahren musste man sich beispielsweise intensiv mit den Missständen in Pflegeheimen auseinandersetzen. Bis auf eine kleine Gruppe von sadistischen Pflegekräften, die angeklagt wurden, war in den meisten Fällen Personalmangel die Ursache für die Vernachlässigung von Patienten.

Seit Wochen hält der Fall des AUA-Hagelfluges die Mordermittler auf Trab. Es gilt 200 Passagiere zu vernehmen und das Puzzle rund um den Flug im Juni 2024 mitten durch ein schweres Hagelunwetter über dem Wechsel zusammenzufügen.

Kommentare