"Das ist Privatsache!": Als Fritzl am Telefon brüllte
Er ist als einer der brutalsten Kriminellen in die Geschichte eingegangen. Josef Fritzl hat seine 24 Jahre lang im Keller gefangen gehaltene Tochter tausendfach vergewaltigt und mit ihr sieben Kinder gezeugt. Einen Tag bevor der später zu lebenslanger Haft verurteilte Inzestvater und Mörder aus Amstetten am 26. April 2008 festgenommen worden war, hatte ich als Reporter noch ein kurzes, aber intensives Telefonat mit ihm.
Zwei Tage später fand ich mich dann in einer unglaublichen Kriminalgeschichte inmitten meiner Heimat wieder. Viele Recherchen mit beklemmenden, düsteren Erkenntnissen, viele Kontakte zu Zeugen, Akteuren und auch Wichtigtuern folgten.
Medienwalze
Die internationale Medienwalze, die über Amstetten rollte, war gigantisch. Es folgte eine Flut an Storys und Interviews, wie ich sie in meinem Reporterleben beim KURIER nie zuvor erlebt hatte und wohl auch nicht mehr so schnell erleben werde.
Aber der Reihe nach: Es war der Freitag vor jenem Sonntag (27. 4. 2008), an dem der Fall Fritzl um die Welt ging. Bereits eine Woche lang suchten Polizei und Ärzte nach Hinweisen zu der schwer krank vor Fritzls Haus "abgelegten“ Kerstin.
Ich hatte schon Artikel geschrieben und rief an diesem Freitag bei Fritzl am Haustelefon an. Wollte wissen, ob bei ihm, der ja schon drei Kinder der verschollenen Elisabeth "vor die Haustür gelegt bekommen hatte“, neue Hinweise zu der im Spital im Koma liegenden angeblichen Enkelin eingegangen seien.
Gebrüll
Doch ich hörte keinen besorgten und um Aufklärung bemühten Großvater. Mich brüllte ein wütender Mann an. "Ich rede mit Ihnen nicht. Das ist Privatsache!“, schrie Fritzl. Ich versuchte zu erklären, dass wir mit einem weiteren Artikel im KURIER versuchen wollen, die angeblich untergetauchte Tochter Elisabeth zu erreichen. Sie sollte sich endlich melden. Zu viel für Fritzl, er knallte den Hörer auf die Gabel.
Mosaik des Grauens
Am Abend des nächsten Tages wurde er festgenommen. Elisabeth und ihre Kinder waren vom Kellerverlies ins Spital gekommen. Fritzl war aufgeflogen. Als ich am Sonntagvormittag die Meldung hörte, dass in einem Keller in Amstetten eine Frau mit Kindern über zwei Jahrzehnte von ihrem Vater eingesperrt war, fühlte ich mich wie vom Blitz getroffen. Teil um Teil fügte sich ein Mosaik des Grauens zusammen. Es folgten die dramatischsten Monate meines beruflichen Daseins.
Das schier unerträgliche Leid versuchten wir im KURIER immer bestmöglich und mit Rücksicht auf die Opfer zu beschreiben. Auch nach Fritzls Verurteilung zu lebenslanger Haft im Jahr 2009 blieben Fragen unbeantwortet. Und so fehlen in dem Grusel-Puzzle noch immer etliche Teile.
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