Ehrenmord, Vergewaltigung und mehr: Wer für die Klärung verantwortlich ist

Die Beamtinnen Julia Schweitzer, Lisa Müller, Lisa Derl, Martina Schweiger und Carmen Palmetzhofer halfen dabei, einem Vergewaltiger im südlichen NÖ das Handwerk zu legen
Sicherheitsverdienstpreise des Landes NÖ vergeben. 38 Helden wurden vor den Vorhang gebeten. Polizeibeamte und Zivilisten, deren Leistungen über das „normale Maß“ hinaus geht.

Es geht unter anderem um abscheuliche Fälle wie Mord, Vergewaltigung oder Raub, ganz besonders aber auch um Mut und Zivilcourage.

Jedes Jahr werden in Niederösterreich an besonders verdiente Polizeibeamte und Zivilisten die Sicherheitsverdienstpreise vergeben. Ausgezeichnet wurden heuer 38 Preisträger, die Verbrechen verhindern konnten, oder tatkräftig bei der Aufklärung mitgewirkt haben. Einer der Fälle, der bei der Verleihung der Preise im Raiffeisenhaus Wien diese Woche präsentiert wurde, sticht dabei besonders heraus. Es geht um den Verdacht von sieben Vergewaltigungen an Frauen.

Dass dem 39-jährigen Verdächtigen überhaupt im Juli am Landesgericht Korneuburg der Prozess gemacht wird, ist Kontrollinspektorin Ramona Quast, Bezirksinspektor Markus Horaczek und Inspektor Alexander Gorbach von der Polizei Klosterneuburg zu verdanken. Sie nahmen den Täter 2021 in Maria Gugging fest. Er soll seit 2004 in Beziehungen laufend Gewalt gegen drei Frauen ausgeübt und sie zu sexuellen Handlungen genötigt haben. Vier weitere Opfer soll er mit K.o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt haben.

Mehr als ein Jahr wurde intensiv ermittelt, Handys und Daten ausgewertet. „Die Verleihung der Sicherheitsverdienstpreise zeigt die enge Verbindung zwischen Polizei und Bevölkerung und wie engagiert unsere Polizisten arbeiten und wie hartnäckig sie bei der Aufklärung von Verbrechen vorgehen“, sagt Innenminister Gerhard Karner.

Ehrenmord, Vergewaltigung und mehr: Wer für die Klärung verantwortlich ist

Die Preise wurden von Erwin Hameseder (Obmann Raiffeisen-Holding NÖ-Wien), Minister Gerhard Karner, Stefan Jauk (Generaldirektor NÖ Versicherung) sowie Landespolizeidirektor Franz Popp vergeben

Eine dieser verdienten Personen ist Gruppeninspektorin Irene Hutter von der Polizei Wiener Neustadt. Sie war federführend dafür verantwortlich, dass vergangenen Sommer ein 43-jähriger Ukrainer aus dem Verkehr gezogen wurde. Der Mann hatte in Bad Erlach mehrere Frauen überfallen und eine vergewaltigt. Die Beamtinnen Julia Schweitzer, Lisa Müller, Lisa Derl, Martina Schweiger und Carmen Palmetzhofer halfen dabei, dem Täter das Handwerk zu legen.

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Ehrenmord, Vergewaltigung und mehr: Wer für die Klärung verantwortlich ist

Geehrt wurden auch Zivilisten, „die durch besondere Courage für mehr Sicherheit gesorgt haben“, so Erwin Hameseder (Obmann Raiffeisen-Holding NÖ-Wien) und Stefan Jauk (Generaldirektor NÖ Versicherung). Einer davon ist Dario Žiška, der in seinem Haus in Möllersdorf Einbrecher stellte und einen festhielt, bis die Polizei kam.

„Unsere Gesellschaft braucht mutige Menschen, die Verantwortung übernehmen, die über das gewöhnliche Maß hinausgeht“, sagt Jauk. Dazu zählen auch Jutta Hornbacher und Tierärztin Nina Lendl. Sie retteten einer Jugendlichen mit Reanimationsmaßnahmen das Leben, als sie im Bezirk Amstetten von einem Auto überrollt wurde.

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Ehrenmord, Vergewaltigung und mehr: Wer für die Klärung verantwortlich ist

Ausgezeichnet wurden auch Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Im Herbst 2021 erhielten die LVT-Ermittler einen Zund, wonach ein Mann in St. Pölten Bauteile für einen Sprengsatz sammle und einen Anschlag plane. Sie konnten einen 29-jährigen irakischen Asylwerber ausforschen, der über Verbindungen in die islamistisch-extremistische Szene verfügte.

Im Zuge der Ermittlungen wurde dem Täter zudem eine Tatbeteiligung am Brandanschlag auf die FPÖ-Landesgeschäftsstelle 2019 in St. Pölten nachgewiesen. Auf einem Molotowcocktail war die DNA des Verdächtigen.

Ebenso LVT-Beamte waren es, die zuletzt einen "Ehrenmord" nach 15 Jahren klären konnten. Es war eine regelrechte Hinrichtung: Ein Schuss ging ins Knie, einer durchbohrte das Herz und ein drittes Projektil schlug in einem Fahrzeug ein. Anzor S., ein 22-jähriger Tschetschene, sackte am 6. April 2007 vor der Asylunterkunft neben der Cholerakapelle im Helenental (Bezirk Baden) leblos zusammen. Andere Asylwerber packten den blutüberströmten Mann und rasten mit ihm ins Spital. Doch er war nicht mehr zu retten. Er hinterließ damals eine im achten Monate schwangere Frau.

 

Durch neue Ermittlungen, Zeugenaussagen und Beweise wurde ein damals 29-jähriger Tschetschene als Hauptverdächtiger überführt. Er war bereits 2007 einer der dringend Verdächtigen, wurde damals aber nach einiger Zeit in U-Haft schließlich wieder freigelassen. Für eine Anklage reichte es nicht. Er tauchte kurz darauf unter. Die Ermittler haben die Spur des mittlerweile 44-Jährigen bis in seine Heimat verfolgt.

Obwohl seitens der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt eine nationale und europäische Festnahmeanordnung gegen ihn erlassen wurde, ist er in seiner Heimat sicher. Die dortigen Behörden kooperieren nicht mit Österreich, was die Strafverfolgung anbelangt. Erst wenn er seinen Fuß nach Westeuropa setzen sollte, könnte er auch festgenommen werden.  

Die Sicherheitsverdienstpreise für die Beamten wurden stellvertretend von Roland Scherscher, Leiter des LVT NÖ, übernommen.

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