Drogenlenker als Geisterfahrer: „Hielt Polizei für die Mafia“

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Prozess nach halsbrecherischer Verfolgungsjagd auf A2 und S1. Drei Jahre Haft für Amokfahrt und Diebstähle mit Kind als Komplizen.

Das Fahrzeug mit polnischen Kennzeichen war den Beamten einer Zivilstreife sofort aufgefallen am 18. Juli dieses Jahres auf der A2 bei Vösendorf. Unsichere Fahrweise, viel zu hohe Geschwindigkeit. Sie nahmen die Verfolgung auf und signalisierten dem Fahrer, ihnen zu folgen. Der tat zunächst auch so, als würde er der Aufforderung nachkommen, kurz vor der A2-Abfahrt, scherte er dann aber aus und stieg aufs Gas.

In Richtung Wien raste der Lenker, weiter auf die S1, wo er plötzlich wendete und als Geisterfahrer mit weit überhöhter Geschwindigkeit durch einen Baustellenbereich donnerte. 

Straßensperre ignoriert

Dort stellten sich Polizisten mit ihrem Einsatzfahrzeug in den Weg. Doch der Amokfahrer ließ sich dadurch nicht beirren. Wie er, ohne eine Kollision zu verursachen, am Polizeiauto vorbeirasen konnte, sei ihm immer noch ein Rätsel, erinnert sich der Beamte am Freitag am Landesgericht Wiener Neustadt.

Flucht nach Unfall

Weit kam der 36-jährige Slowake aber nicht, kurz darauf krachte er frontal in ein entgegenkommendes Fahrzeug. Zwei Menschen wurden dabei verletzt. Er sprang aus dem Wagen, versuchte noch, in ein anderes Auto einzusteigen, dessen Lenkerin aufgrund des Vorfalls angehalten hatte, als ihm dies verwehrt wurde, ergriff er zu Fuß die Flucht. Erst aufgrund eines Haftbefehls konnte er später ausgeforscht und festgenommen werden.

Wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung muss sich der 36-Jährige vor einem Schöffensenat verantworten. Bis zu zehn Jahre Haft drohen ihm. Denn während seiner „wahnwitzigen Geisterfahrt“, wie es der Staatsanwalt formuliert, stand er unter Alkohol- und Drogeneinfluss. Sowohl Suchtgift als auch Medikamente konsumiere er praktisch täglich, sagt er.

Hinzu kommen mehrere Diebstähle, die er mithilfe der neunjährigen Tochter seiner Lebensgefährtin begangen hat. Die Masche: während das Kind um Hilfe schrie, um die Aufmerksamkeit der Angestellten in Lebensmittel- und Drogeriemärkten auf sich zu ziehen, suchte der Slowake mit Diebesgut das Weite.

Tränen vor Gericht

Vor Gericht bricht der Mann plötzlich in Tränen aus. Man möge ihm helfen, bittet er, weil seine Ehefrau angedroht habe, ihn zu verlassen, sollte er noch einmal verurteilt werden. Denn zwölf Vorstrafen hat der 36-Jährige bereits gesammelt. Alle einschlägig. Dass er immer nur unter Drogeneinfluss kriminell werde, hält er für eine Entschuldigung. Warum er dann Drogen konsumiere, fragt die Richterin. „Weiß ich nicht“, lautet die erstaunliche Antwort.

Am 18. Juli habe er die Polizisten, die ihn anhalten wollten, aufgrund seiner drogenbedingten Paranoia für Mafia-Schergen gehalten und sei daher geflüchtet, behauptet der Slowake. An die Geisterfahrt könne er sich im Übrigen aber gar nicht mehr erinnern.

Psychiatrisches Gutachten gefordert

Dann verlangt er eine neue Anwältin, weil er das Vertrauen zu seiner Pflichtverteidigerin verloren habe und ein psychiatrisches Gutachten zu seinem Geisteszustand. Denn: „Meine Mutter ist in psychiatrischer Behandlung, ich glaube, ich sollte mich auch behandeln lassen.“

Diese Einsicht kommt spät, vorerst muss er für drei Jahre hinter Gitter. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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