Zum Zeitpunkt des Todes ist nicht von einer direkten, substanzspezifischen Wirkung von THC auszugehen. Vereinfacht gesagt: Konstantin D. (20) hatte zwar Rückstände von Drogen in seinem Körper, es gab laut Gutachten jedoch keine Hinweise auf eine zeitnahe Aufnahme relevanter Wirkstoffmengen.
Sieben Wochen nach den tödlichen Schüssen im Wachlokal der Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt werfen die Ermittlungsergebnisse mehr Fragen auf, als sie bislang schlüssige Antworten gebracht haben. Bis dato gingen Ermittler und die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der 20-jährige Wachsoldat auf Grund von einer „drogeninduzierten Psychose“ seine Kameraden und den diensthabenden OvT, einen 54-jährigen Vizeleutnant, attackiert hat.
Laut dem Anwalt von Konstantin D.s Familie, Thomas Kralik, lassen die nun vorliegenden Gutachten an dieser Version allerdings Zweifel aufkommen.
Der renommierte Sachverständige für Chemie, Günter Paul Gmeiner, hat bei dem Soldaten zwar Rückstände von THC (Cannabis), MDMA (Ecstasy) und Trazodon (Antidepressiva) nachgewiesen. Allerdings in so einer geringen Konzentration, dass er am Tatmorgen nicht davon beeinträchtigt gewesen sein kann. Gmeiner spricht von einer „gelegentlichen, jedoch nicht regelmäßigen bzw. häufigen Aufnahme“.
Im Gutachten heißt es: Da MDMA sowie Trazodon nur im Haar, aber nicht in Blut, Harn bzw. Gehirngewebe nachgewiesen wurde, ist von einer in Bezug auf den Todeszeitpunkt länger zurück liegenden Aufnahme im Bereich von Tagen bzw. Wochen auszugehen.
Damit bleibt es rätselhaft, was am Dreikönigstag die Lage im Wachlokal derart eskalieren ließ. Der Vizeleutnant ging dazwischen, als Konstantin D. die Kameraden aus heiterem Himmel mit dem Sturmgewehr bedroht haben soll. Der Rekrut soll den einschreitenden OvT mit dem Gewehrlauf niedergeschlagen und das StG 77 auf ihn gerichtet haben, worauf der 54-Jährige am Boden liegend seine Dienst-Glock zog. Abgegeben wurden drei Schüsse. Ein Lungendurchschuss tötete den 20-jährigen Rekruten.
Dass sich die Aussagen des OvT und der anderen Wachsoldaten nicht exakt decken, ist laut Mordermittlern ein häufig auftretendes Phänomen. „Für alle Beteiligten ist es eine schwer traumatische, lebensbedrohliche Lage. Das Erlebte wird im Nachhinein oft unterschiedlich wiedergegeben“, sagt dazu ein Kriminalist.
Konträre Aussagen
Der OvT sagte aus, dass er am Boden liegend einen Schuss auf den über ihn gebeugten Rekruten abgab. Ein Wachsoldat sah den erbitterten Kampf so, dass der Rekrut zunächst mit seinem Sturmgewehr schoss und nachdem er vom OvT entwaffnet wurde, dessen Pistole entriss.
Laut Obduktionsergebnis des sachverständigen Gerichtsmediziners Wolfgang Denk verlief der Schusskanal von unten in einem 45 Grad Winkel aufsteigend. Dies decke sich mit den Angaben, dass der Schuss „gegen den stehenden Rekruten aus einer am Boden liegenden Position“ erfolgte.
Das endgültige Schussgutachten ist laut Staatsanwaltschaft noch ausständig. Danach wird über die weitere Vorgangsweise entschieden. Auch eine Tatrekonstruktion am Ort des Geschehens wird in Betracht gezogen.
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