Sie leben in einer Gütergemeinschaft – das ist ein wesentlicher Grundsatz ihres Glaubens. Sie teilen aber nicht nur ihre Güter, sondern auch ihre Freizeit miteinander. Im Erdgeschoß gibt es einen großen Gemeinschaftsraum – inklusive Auslage, es war früher ein Kaufhaus. Dort musizieren sie, spielen Tischtennis, Brettspiele oder trinken Kaffee. Der Raum fungiert auch als Bibliothek und zeitweise gar als Filmsaal.
Einen Fernseher findet man dort nicht, auch kein Radio. „Aber wir informieren uns selektiv, zum Beispiel auf Youtube. Ich sehe mir viele Dokus an“, erzählt Alexander Basnar. „Gemeinsames Wohnen, das ist ein entscheidender Teil des christlichen Lebens. Man soll nicht nur zwei Stunden am Sonntag bei der Liturgie teilen. Sondern auch abends Zeit miteinander verbringen sowie täglich morgens und abends zur Andacht und zum Wortgottesdienst zusammenkommen.“ In ihrem gemeinsamen Haus gibt es auch dafür einen eigenen Raum. Die Familien sitzen dann um einen Holztisch, während Basnar die Andacht leitet.
So gestaltet sich Alexander Basnars Freizeit – beruflich ist er HTL-Lehrer in Wien. Schneider ist bereits pensioniert und Basnars Tochter Erika kümmert sich um den Haushalt. „Ich hatte nicht das Bedürfnis, etwas anderes zu tun“, sagt sie. „Eine Familie aus Kanada wollte auch zu uns ziehen, aber hier kam Corona dazwischen“, erklärt der aus Wien stammende Alexander Basnar.
In den USA und in Kanada leben etwa 45.000 Hutterer in Gemeinschaften von bis zu 150 Personen zusammen (siehe Bericht unten). Die Hutterer wurden in der Vergangenheit von anderen Kirchen als Ketzer gesehen, verfolgt und getötet. So kam es, dass sie sich im 16. Jahrhundert ganz aus Österreich zurückzogen – wo sie mit Jakob Hutter ihre Wurzeln hatten. „In Europa gibt es keine Gemeinschaft. 2006 gab es einen Versuch, wieder eine anzusiedeln – der scheiterte aber“, erzählt Basnar. Deshalb wird er jetzt selbst tätig.
Derzeit haben sich in Krumau noch keine weiteren Familien angeschlossen, aber „das wird kommen und natürlich wachsen“, ist sich „Bruder“ Basnar sicher. Er selbst laufe aber „nicht missionarisch herum und drücke den Menschen eine Bibel in die Hand. Wenn sich jemand dafür interessiert und fragt, dann beantworte ich natürlich gerne alles“, sagt er.
Das bestätigt auch Wirtin Andrea Mauer, wo die „Zugezogenen“ häufig zu Gast sind: „Ich hätte noch nie gehört, dass sie jemanden angeredet und gesagt hätten: ,Komm’ zu uns.’ Das ist nicht so wie bei den Zeugen Jehovas.“ Basnar sagt, dass man nicht abgeschottet vom Ort leben möchte, sondern sich von Tag eins an integriert habe. „Ich bin auch Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr“, erzählt der 51-Jährige, während er sich lächelnd seine Uniformkappe aufsetzt.
Aber warum die Wahl für die Wiederansiedlung genau auf diesen verschlafenen Ort im Waldviertel fiel? „Wohin Gott dich gesät hat, kannst du blühen“, erwidert Basnar.
Zur Geschichte: Die Hutter galten als die "ersten Kommunisten" Amerikas
Die hutterischen Brüder lebten ab ihrer Gründungszeit nach 1525 über ganz Europa verstreut – was nicht zuletzt durch ihre Verfolgung kam. Ab 1825 siedelten sie sich in Nordamerika und Kanada an. Dort leben heute rund 45.000 Hutterer – und zwar relativ abgeschottet in Kolonien von 60 bis maximal 150 Personen zusammen. Anders als die Amish lehnen sie aber Technologie nicht ab. In der Landwirtschaft – von der viele dieser „Bruderhöfe“ leben – verwenden sie etwa durchaus GPS-gesteuerte Landmaschinen und anderes hochmodernes Gerät. Sie leben in Gütergemeinschaften, jeder arbeitet in dieselbe Tasche und jeder bekommt dann ein Taschengeld. Alle bekommen Wohnraum zudem zur Verfügung gestellt und erhalten alles, was sie zum Leben brauchen. Sie werden häufig als die „ersten Kommunisten Amerikas“ bezeichnet.
Noch heute sprechen sie als Muttersprache „Hutterdeutsch“, einen bairisch-kärntnerischen Dialekt. In den Kolonien herrscht ein patriarchales System. Die Frauen kümmern sich um den Haushalt, den Garten und nähen die Kleidung für die Gemeinschaft. Männer gehen aufs Feld und treiben Handel, Geschäftsbeziehungen gibt es in den unterschiedlichsten Bereichen mit der Außenwelt.
Die Kinder werden in eigenen Tagesstätten betreut und bis zum 15. Lebensjahr in Schulen unterrichtet – dann gelten sie als Erwachsene. Ab einem Alter von zehn Jahren engagieren sie sich für die Gemeinschaft, mit 18 Jahren stehen sie voll im Dienst der Kolonie. Viele verbringen ihr ganzes Leben mit denselben 100 bis 150 Personen.
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