Die Grenzen des Wachstums: Bausperren im Wiener Umland

Das Wiener Umland wächst. Der Zuzug in den Bezirken rund um die Hauptstadt zeigt sich seit Jahren durch rege Bautätigkeit. In Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling) – mit Grundstückspreisen von bis zu 700 Euro pro Quadratmeter – sammelt die Bürgerliste im Ort aktuell Unterschriften, um weitere Bebauungsmöglichkeiten zu reduzieren.
„Obwohl unser Ort durch großvolumigen Wohnbau schon verschandelt wurde, sprechen sich ÖVP, Grüne und Neos für eine weitere Verdichtung im Ortszentrum aus“, kritisiert Gemeinderätin Gabriele Wladyka. „Das steigert aber nur den Profit der Bauträger sowie den Verkehr, und die Wohnungen sind trotzdem für junge Perchtoldsdorfer unleistbar.“ Gerade im Zentrum sollte Augenmerk auf Grünflächen zur Verbesserung des Kleinklimas gelegt werden, meint sie.
Bauen im Grünland
Ein Dorn im Auge ist Wladyka außerdem die Errichtung von Weinbauhallen im Grünland. Acht solcher Projekte wurden genehmigt, Weitere will sie verhindern. Seit Februar 2022 gelten für Grünlandflächen in Perchtoldsdorf Bausperren. „Diese haben aber ein Ablaufdatum. Um dauerhaften Schutz zu gewähren, muss der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan adaptiert werden“, fordert sie.
Bürgermeisterin Andrea Kö (ÖVP) wundert sich: „Wir haben aktuell Bausperren im Gemeindegebiet. Daher kann ich die Kritik nicht nachvollziehen.“ Sie stellt aber klar: „Wir wollen für unsere Jugend Möglichkeiten schaffen, im Ort zu leben. Daher können wir nicht alle Bauprojekte verbieten. Wenn aber aufgestockt wird, dann natürlich eher im Zentrum als im Grünland.“ Derzeit gebe es keine neuen Bauvorhaben im Ort.
Keine Umwidmungen
In Mödling stellt sich die Frage „Zentrum oder Peripherie?“ nicht, sagt Bürgermeister Hans Stefan Hintner (ÖVP): „Mödling ist nur durch Ortstafeln von anderen Gemeinden abgegrenzt und von Wald und Naturschutzgebieten umgeben. Daher hatten wir nicht einmal die theoretische Möglichkeit, neuen Wohnbau am Stadtrand zu ermöglichen.“
Mit Unterzeichnung der „Wienerwald-Deklaration“ habe man sich verpflichtet, die Flächenbilanz neutral zu halten, also für jeden neu verdichteten Quadratmeter einen rückzuwidmen. „Die Bautätigkeiten, die man sieht, wurden nur auf Grundstücken mit schon seit Längerem bestehender Widmung genehmigt, die jetzt erst genützt wird“, erklärt Hintner.

In Mödlings Innenstadt ist kein Platz für Neubauten
In die Höhe zu bauen, sei kein Thema. „Wir haben ein paar Bausünden aus der Vergangenheit, aber so etwas passt nicht in unser historisches Erbe und zur Gartenstadt“, stellt Hintner klar. Gleiches gelte für großvolumigen Wohnbau: „Es gibt dafür einfach keine Flächen.“
Gebremstes Wachstum in Gänserndorf
Ein solches Projekt im Ortszentrum sorgt im benachbarten Brunn am Gebirge für Diskussionen. Ein ehemaliges Fabriksgelände soll für Wohnungen und kommunale Einrichtungen genutzt werden. Wie viele Wohneinheiten entstehen sollen, darüber sind sich Gemeindeführung und Opposition jedoch uneinig. Ein vorliegender Entwurf wurde bei einer Volksbefragung mehrheitlich abgelehnt.
Im besonders rasch wachsenden Gänserndorf hat Bürgermeister René Lobner (ÖVP) bewusst die Notbremse gezogen und Bausperren verhängt. „Momentan bremst zusätzlich die Preisentwicklung“, weiß er. „Es bleibt aber weiter eine Herausforderung.“ Klare Präferenz sei auch hier, das Zentrum zu verdichten und keine neuen Projekte an der Peripherie zu genehmigen.
Das Wiener Umland wächst weiter
Knapp 1,7 Millionen Menschen leben aktuell in Niederösterreich. Im Jahr 2050 werden es mehr als 1,8 Millionen sein, prognostiziert die Österreichische Raumordnungskonferenz. Und das trotz negativer Geburtenbilanz, die durchschnittlich einen Rückgang um 6.300 Einwohner pro Jahr bewirkt. Grund ist der starke Zuzug: Rund 11.000 Menschen siedeln sich jährlich in Niederösterreich an.
Die Veränderungen werden laut Prognose in konzentrischen Kreisen von Wien ausgehen. Je näher, desto größer ist die Bevölkerungszunahme. Am stärksten wachsen soll die Region Gänserndorf/Großenzersdorf nördlich von Wien mit einem Plus von einem Viertel bis 2050. Für den Bezirk Bruck an der Leitha südöstlich der Bundeshauptstadt wird eine Bevölkerungszunahme von 22 Prozent vorausgesagt, rund 15 Prozent und mehr für die Regionen Tulln, Korneuburg und Wiener Neustadt.
Die stärksten Rückgänge werden hingegen für die Waldviertler Bezirke Waidhofen an der Thaya (minus 14 Prozent), Zwettl und Gmünd (-13) sowie Horn (-8) berechnet.
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