Kein Detail, das in seinen Augen nicht zusammenpasst, lässt er unerwähnt. Und auch keinen Polit-Skandal der vergangenen drei Jahre: geschredderte Festplatten, Inseratenaffäre, die Weitergabe der Nowitschok-Formel an Jan Marsalek. „All das hätte vor drei Jahren noch kein Mensch geglaubt“, sagt Hessenthaler. Mutmaßliche Korruption, wohin man blickt – das soll die Aussage sein. Vor dem Gericht wurde zur Solidaritätsdemo aufgerufen. Gekommen sind zwei Personen. „Stoppt Korruption“ steht auf ihren Schildern.
Hessenthaler zeichnet von sich das Bild eines politisch Verfolgten. Eines Mannes, der mit dem Ibiza-Video einen Skandal aufdeckte und die türkis-blaue Regierung zu Fall brachte – und nun dafür bezahlen soll. „Der Staatsanwaltschaft ist es völlig egal, ob in dem Verfahren gelogen wird. Hauptsache, es ist belastend.“ Und in Richtung der Schöffen appelliert er: „Sie brauchen keinen Richter. Verwenden Sie Ihren rationalen Hausverstand.“
Auch Anwalt Oliver Scherbaum schlägt in diese Kerbe, spricht sogar von Hexenverbrennungen. „Sie müssen überzeugt sein, dass Julian Hessenthaler Drogen verkauft hat. Wenn Sie es für möglich halten, dass die Vorwürfe fingiert wurden oder er reingelegt worden ist, müssen Sie ihn freisprechen.“
Mehrfach will er die Schöffen dazu ermutigen. „Seien Sie ein faires und mutiges Gericht. Das ist kein normales Verfahren. Ein Freispruch ist keine Niederlage.“
Speziell die Glaubwürdigkeit der beiden Hauptbelastungszeugen wird immer wieder thematisiert. Es handelt sich um Hessenthalers ehemaligen Kompagnon K. und dessen Geliebte. Beide verkauften selbst Drogen, beide sind stark süchtig. Beide belasten Hessenthaler. Und ihre Aussagen widersprechen sich zum Teil.
Doch für den Staatsanwalt passen die Anschuldigen unterm Strich zusammen. Und er betont: „Dieses Verfahren hat nichts mit Ibiza zu tun. Das hier hat mit einem Zufallsfund Kokain in einem Staubsauger im Keller begonnen.“ Den Angeklagten würde nun die Vergangenheit einholen. Die vergangenen Verhandlungstage sind aus Sicht des Staatsanwaltes ein „Ablenkungsmanöver“ gewesen.
Nach einer Stunde Beratung kommt auch das Schöffengericht zu diesem Ergebnis. Und der Richter, der im Laufe des Verfahrens und am letzten Prozesstag besonders oft und laut schnaufte, bekundet sogar eine gewisse Sympathie für Hessenthaler: „Sie sind ein smarter und eloquenter Typ. Vieles was Sie sagen, kann ich unterschreiben.“
Aber: Vor den Karren des Angeklagten und seiner Verteidiger will er sich nicht spannen lassen. „Sie wollen mich in Bedrängnis bringen, dass nur ein Freispruch ein richtiges Urteil wäre. Und Sie äußern den Verdacht, dass ich sonst Teil eines korrupten Verschwörungskonstrukts bin. Ich kann Ihnen versichern, das ist nicht der Fall.“
Hessenthalers Anwälte melden Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. „Es würde mich nicht wundern, wenn dieses Verfahren einmal verfilmt wird“, meint Anwalt Scherbaum.
Kommentare