„Was Sinnvolleres als jetzt habe ich in meinem Leben noch nie gemacht“, sagt Pater Karl Wallner und lächelt. Das Jetzt, das sind die Päpstlichen Missionswerke (Missio), denen Wallner als Nationaldirektor in Österreich seit 2016 vorsteht. „Durch Gebet und Spenden“ hilft man in den ärmsten Ländern der Welt.
Dabei stellte der Beginn bei Missio Österreich für ihn einen kleinen „Kulturschock“ dar. Zuvor war Wallner im Zisterzienser-Stift Heiligenkreuz tätig gewesen, als „Pop-Mönch“ mit der CD „Chant – Music for Paradise“ bei „Wetten dass..“ aufgetreten, hatte seit 1999 die dortige Hochschule zur größten Priesterausbildung im deutschsprachigen Raum gemacht und sich mit seinem Buch „Wer glaubt, wird selig“ auf die Spiegel-Bestseller-Liste geschrieben. „Heiligenkreuz war eine Oase“, erzählt Wallner. Plötzlich saß er aber 2016 in Wien und da gab es keine „heile (Kirchen-)Welt“ mehr. „Auch in vielen Pfarren fand ich kaum noch Interesse an der Weltmission“, sagt er.
Weil er mit der Weltkirche keine Erfahrungen hatte, begab er sich zuerst vor Ort, auf Reisen, zwölf waren es. Dabei erlebte er eine „Mischung aus Euphorie und Schock“. Die Armut und die Lebendigkeit, „dieser Kontrast ist so groß. Am liebsten würde ich alle Pfarrer in ein Flugzeug setzen und nach Uganda fliegen, damit sie sehen, mit wie wenig man dort helfen kann“, meint Wallner. Aber er sieht ein, dass „in den Pfarren ein Überlebenskampf geführt wird. Unsere Pfarrgemeinden dünnen aus und brauchen selbst viel Kraft“. Sich da noch für Menschen in Afrika zu engagieren, sei schwierig.
„Lebendig“
Dabei könnte der Blick in den globalen Süden viel bringen. „Wenn man hinkommt, denkt man sich: So könnte ich nicht leben. Aber die Leute sind trotzdem fröhlich.“ Vor allem fasziniert Wallner die Frömmigkeit und Lebendigkeit der Menschen. „Da können wir viel lernen. Diese Innovationskraft finde ich mehr im globalen Süden, da gibt es mehr Engagement. Ein Blick auf die Weltmission ist eine Therapie gegen die Kirchen-Depression, um zu sehen, wie lebendig Kirche sein kann“, meint Wallner.
Um 16 Millionen Menschen wächst die Kirche etwa jährlich in Afrika. Jeder Pfarrer sei dort auch eine Art Entwicklungshelfer „und das gilt auch für Länder, die gar nicht christlich sind“, betont Wallner. Im Senegal etwa werden 35 Prozent der Schulen von der Kirche betrieben, obwohl 95 Prozent Muslime sind, angenommen wird das dankbar. „Der Glaube geht nicht über Predigen, sondern über die Nächstenliebe, die keinen Unterschied macht.“
„Keine Fragen mehr“
Diese Stellung und Lebendigkeit der Religion in Afrika und Asien vermisst Wallner vielfach in Österreich. „Die Kirche ist für viele veräußerlicht, ist ein Kulturereignis für Hochzeiten, Begräbnisse, aber der Grund dafür ist die Wirklichkeit Gottes“. Die Religion gebe zwar Antworten, aber „wir stellen keine Fragen mehr. Im Streben nach dem Größeren sind wir tot geworden. Netflix, Shopping und Urlaub sind nicht die Antworten auf den Sinn des Lebens. Wir sind sehr flach in unserem Horizont geworden. Aber dass das Irdische nicht glücklich macht, wussten ja schon die griechischen Philosophen.“
Dennoch sieht Wallner zuletzt steigendes Interesse an „seiner Mission“, nicht nur beim täglichen virtuellen Gottesdienst: „Der Begriff Mission hat eine Wendung genommen und ist heute positiv besetzt. Eine Firma muss heute über eine Mission verfügen und ich glaube, das Wichtigste für jeden Menschen ist, eine Mission zu haben“, sagt Pater Karl Wallner. Und warum sollte das nicht sein, anderen zu helfen? „Viele Menschen sind guten Willens und bei uns kann man ganz konkret mit wenig viel machen.“ Das sehe man auch an zuletzt stabilen Spenderzahlen trotz schwieriger Umstände, darunter viele Neu-Förderer. „Heuer gab es über 10.000 Bestellungen in unserem Online-Shop, im Vorjahr waren es gerade einmal 450“, so Wallner.
Es wäre nicht der „Pop-Mönch“, würde er nicht innovativ an die Sache herangehen: Heuer wurde etwa erstmals der „Austria.On.Mission-Award“ verliehen. Die Preisträger erhielten eine Art „Missio-Oskar“ in Form eines Bronze-Esels. „Der Esel ist das Symbol für unbedankte Missionsarbeit“, so Wallner. Im Vorjahr übergab er mit 15 „Jesus-Bikern“ eine speziell angefertigte Harley Davidson an Papst Franziskus. Wallner: „Der Papst ruft uns immer dazu auf, originell in unseren missionarischen Aktivitäten zu sein.“ Hinter allem stehe seine Mission: „Ich möchte guten Wind für die Kirche in Österreich machen.“
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