Eine Patenschaft für die Ewigkeit in der Melker Stiftsbibliothek

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Beim Jahrhundertprojekt der Renovierung der Melker Stiftsbibliothek wird die Schar der Buchpaten immer größer. Viele helfen aus Liebe zu Büchern, viele reizt es, namentlich im „Hort des Wissens“ verewigt zu sein.

Man liebt Kultur, Bücher und Geschichte, ist sogar selbst ein Autor oder schreibt gerne – da ist es doch ein faszinierender Gedanke, den eigenen Namen in einer weltweit berühmten Bibliothek verewigt zu wissen. Im Stift Melk wird diese Chance im Zuge der großen Renovierung der über 900 Jahre alten Bibliothek für jeden geboten. Als sogenannte Buchpaten nutzen immer mehr diese exklusive Gelegenheit.

Die Großrenovierung der Bibliothek läuft im vierten Jahr und ist insgesamt auf elf Jahre anberaumt. In den geplanten zwölf Millionen Euro Gesamtkosten ist die bauliche Sanierungen der imposanten Bibliotheksräume und auch die Restaurierung eines Teils der 130.000 vielfach sehr wertvollen Bücher enthalten.

Förderverein

"Durch Buchstaben die Unendlichkeit erreichen“, ist das Motto und zugleich der lateinische Name des Fördervereins "Ex Litteris Immortalitas“, der speziell für die aufwendige Renovierung historischer Bände Geld auftreiben will. Über eine Million Euro möchte der Verein – zum Gutteil über Buchpatenschaften – zum Großprojekt beitragen, hatte Präsident Erwin Hameseder bei der Gründung als Ziel genannt.

Tatsächlich finde die Unterstützungsaktion nun von Jahr zu Jahr mehr Zuspruch, freute sich Altabt und Vereinsmitbegründer Georg Wilfinger im vergangenen November. Sein Nachfolger, der neu gewählte Abt Ludwig Wenzl, konnte sich dann bei einem feierlichen Empfang auch offiziell bei insgesamt 62 Buchpaten des heurigen Jahres bedanken. Immerhin waren das bereits um ein Drittel mehr Unterstützer als im Vorjahr. Am 500 Euro Spende ist man Pate, ab 2.500 zusätzlich mit dem Ehrentitel "Mäzen“.

Dass jedem Gönnerin in von professionellen Restauratoren akribisch sanierten Büchern ein persönlicher Namenseintrag am hinteren Buchdeckel gewährt wird, sei für viele eine zusätzliche Motivation, versichert Stiftsbibliothekar Johann Deibl. "Die Gründe, warum sich Leute zu einer Patenschaft entschließen, sind aber sehr verschieden“, erzählt er.

Buchpatin

Buchpatin Ursula Heller spendete für ein Kräuterbuch aus dem 17. Jahrhundert, mit Abt Ludwig und Bibliothekar Deibl.

Viele Ex-Schüler oder einstige Maturaklassen des Stiftsgymnasium zeigen als Paten ihre Verbundenheit. Auch Vereine, Firmen und Organisationen helfen mit. Vielfach sei es den Unterstützern ein Anliegen, dass die Bücher als geistiges Erbe des Stifts auch noch für die nächsten Generationen erhalten bleiben, wird im Kloster berichtet.

Individualität

Deibl und etliche Mitarbeiter stehen angehenden Spendern beratend zur Seite, wenn es um die individuelle Auswahl des richtigen Paten-Buches geht. Denn es ist möglich, sich ein Exemplar aus ganz bestimmten Themenbereichen zu wünschen. So hat sich die Naturliebhaberin Ursula Heller heuer sofort in ein Kräuterlexikon aus dem 17. Jahrhundert verliebt. „Es birgt eine beachtliche Vielzahl an Kupferstichen mit Pflanzenmotiven aus dieser Zeit“, schildert Deibl.

Eine andere Patin beschreibt ihre Motivation emotional: "Ich bin in Melk aufgewachsen und habe schon als Schülerin Ehrfurcht vor der Bibliothek empfunden. Eine Buchpatenschaft zu übernehmen, ist für mich eine Herzensangelegenheit. Sie verbindet meine Wurzeln mit einem Beitrag zur Zukunft.“

Zu den heuer ausgewählten Werken zählen etwa das Werk „Anweisung zur Holzzucht für Förster“ aus dem Jahr 1800, ein theoretisch-praktisches Handbuch zur Steuerwissenschaft aus dem frühen 19. Jahrhundert oder auch „Nils Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgänsen“ in zwei Bänden sowie ein „Führer durch das festlich beleuchtete Wien“, anlässlich des 60-jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Joseph I.

Bandbreite

Mit der Möglichkeit der individuellen Wahlmöglichkeit der Buchpaten, je nach persönlichem Interesse, möchte man auch sichtbar machen, wie breit die Bibliothek aufgestellt ist, erklärt Deibl. Generell sei es ein Anliegen der Benediktiner, die schier unbegrenzten Inhalte öffentlich bekannt zu machen.

„Die Bibliothek ist nicht nur ein Schatz vergangener Jahrhunderte, sie ist ein lebendiger Ort geistiger Begegnung. Wer eine Patenschaft übernimmt, wird Teil dieser Geschichte – mit Verantwortung und Weitblick“, dankte Abt Ludwig der neuen Patenschar.

Die Schar der Buchpaten soll bis zum Jahr 2032 zu einer sehr speziellen Community anwachsen. Der Plan sei insgesamt 1.500 sanierungsbedürftige Werke aus dem ungeheuren Fundus durch eine Restaurierung zu retten, schildert Bibliothekschef Deibl. Das älteste Werk ist übrigens ein Kodex mit den Regeln Benedikts, den die Mönche 1089 bei der Stiftsgründung schon mitgebracht haben. Pro Jahr werden derzeit rund 150 Bücher an Restauratoren zur Sanierung weitergegeben und an die 10.000 Bücher gereinigt.

Gemeinschaft

„Mit jeder Patenschaft wächst nicht nur die Gemeinschaft rund um die Stiftsbibliothek, sondern auch die Gewissheit, dass unser kulturelles Erbe in guten Händen ist“, so Abt Ludwig.

Das Restaurierungsprojekt der Stiftsbibliothek schreitet baulich planmäßig voran. Aktuell werden Bestände des großen Bibliothekssaales für die Bauetappe 2026 vorbereitet: Die Regalwand über mehrere Geschoße auf der Südseite des Saales wird geräumt und restauriert.

Ein riesiger Vorhang mit dem Abbild der Bibliothekswand verdeckt dann die Baustelle dahinter. Die Bibliothek selbst, ein Anziehungspunkt für jährlich Zigtausende Gäste aus aller Welt, bleibt übrigens auch während der nächstjährigen Bauphase für Besucher geöffnet.

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