Bub in Hundebox: Strafen für beide Frauen bestätigt
Im Berufungsverfahren im so genannten Waldviertler Hundebox-Fall ist am Donnerstagvormittag am Oberlandesgericht eine Entscheidung gefallen. In erster Instanz war die Frau, die ihren damals zwölfjährigen Sohn in eine Hundebox gesperrt und gequält hatte, Ende Februar wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung zu 20 Jahren verurteilt worden. Ihre 40-jährige Nachbarin und Freundin wurde wegen Tatbeteiligung zu 14 Jahren Haft verurteilt, beide Frauen wurden in eine forensisch-therapeutische Einrichtung eingewiesen.
Beide Frauen legten Berufung ein und hofften auf eine Strafmilderung. So sagte etwa Daniel Strauss, der nunmehrige Verteidiger der Nachbarin, am Montag gegenüber der APA: "Sie hat ja fast die Höchststrafe bekommen, die bei 15 Jahren gelegen wäre."
Der Berufung wurde nicht stattgegeben. "Es ist ein Schaden entstanden, der nicht wieder gutzumachen ist", sagte die Vorsitzende Natalia Frohner über die Entscheidung am Donnerstagvormittag.
"Ein Leben fast zerstört"
Die Verlesung der Schuldspruchs zu Beginn der Verhandlug dauert mehrere Minuten. Solange ist die Liste der Angklagepunkte, derer sich die beiden Frauen schuldig gemacht hatten - und die Liste der nachhaltigen Folgen auf ihr zwölfjähriges Opfer. Die Urteile waren bereits rechtskräftig. Es stand fest, dass sich die 33-Jährige des versuchten Mordes schuldig gemacht hatte und ihre Nachbarin, die Aufträge zu den Misshandlungen des Buben gegeben haben soll, der fortgesetzten Gewaltausübung als Beitrags- bzw. Bestimmungstäterin schuldig gemacht hat.
Der Zwölfjährige, der sich Ende November 2022 laut Gutachten in einem akut lebensbedrohlichen Zustand befand, überlebte nur dank des Einsatzes einer Sozialarbeiterin. Das Landesgericht Krems begründete die hohen Strafen damit, dass die Frauen "mit ihren Handlungen ein Leben fast zerstört" hätten. Was dem Kind angetan wurde, grenze laut einem Gutachter an Folter.
Dass es hier ausschließlich um die Strafbemessung geht und nicht um den Schuldspruch an sich, wird mehrfach betont, auch von Astrid Wagner, der Verteidigerin der Mutter. "Wir haben jetzt Schreckliches gehört", sagt sie mit Blick auf den soeben verlesenen Schuldspruch. "Aber das was hier geschehen ist, wäre nur in dieser Kombination möglich gewesen." Ihre Mandantin sei eine "hilflose, dependente Persönlichkeit", die in einer "schrecklichen Symbiose" mit ihrer ebenfalls schuldig gesprochenen Freundin Macht über ihr Kind ausgeübt habe. "Deshalb ist sie nicht unschuldig - aber das muss bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Sie ist kein normaler Mensch."
Auch für die Freundin müssten Milderungsgründe berücksichtigt werden, sagt ihr Verteidiger Daniel Strauss. Die 40-Jährige werde als liebevolle Mutter ihrer vier Kinder beschrieben und habe sich bisher nichts zu Schulden kommen lassen. Zudem sei ihre Tatbeteiligung als untergeordnet einzustufen.
Eine exemplarische Tat
Oberstaatsanwältin Katja Wallenschewski hatte für die Ausführungen der beiden kein Verständnis. "Der einzige Grund, dass sie nur 20 Jahre und nicht lebenslang bekommen hat, ist der, dass das Kind überlebt hat", sagte Wallenschewski. Dass der Bub gerettet werden konnte, sei "ganz knapp" gewesen: "Er hatte eine Körpertemperatur von 26,8 Grad, als er ins Spital gekommen ist." Auch von einer untergeordneten Tatbeteiligung der Nachbarin könne keine Rede sein, betonte die Oberstaatsanwältin: "Die war die ganze Zeit im Hintergrund manipulativ tätig."
Auch die beiden Frauen wandten sich noch einmal an das Gericht: "Mir tut das wirklich sehr leid, was ich meinem Sohn und meiner ganzen Familie angetan habe", sagt die Mutter des Opfers. Bei diesem entschuldigt sich im Anschluss auch die Zweitangeklagte.
Nach kurzer Beratung verkündet die Vorsitzende Frohner schließlich die Entscheidung: Der Berufung wird nicht Folge gegeben. Es handle sich um eine geradezu "exemplarische Tat", die die Menschen erschüttere. Der Eindruck einer untergeordneten Tatbeteiligung der Nachbarin könne keinesfalls bestätigt werden. "Es ist eher umgekeht, man bekommt den Eindruck, dass sie das Mastermind war." Eine solche Konstellation sei ihr in ihrer langjährigen Berufserfahrung noch nicht untergekommen. Die Strafen seien zu bestätigen - Handschellen klickten und die beiden Frauen wurden aus dem Saal geführt.
Opfervertretung fordert Schmerzengeld und Haftung
Opferanwalt Timo Ruisinger, der in dem Fall die Interessen des Buben vertritt, macht Amtshaftungsansprüche gegen das Land Niederösterreich geltend. Er fordert 150.000 Euro Schmerzengeld und die Haftung für allfällige künftige Beeinträchtigungen des Buben, die aus dem behördlichen Versagen resultieren.
Das Land Niederösterreich lehnt diese Ansprüche jedoch ab, da es das Handeln der Kinder- und Jugendhilfeträger nicht der Hoheits-, sondern der Privatwirtschaftsverwaltung zuordnet. Zuletzt hatte Ruisinger gegenüber der APA angekündigt, die Ansprüche nun gerichtlich geltend zu machen, also eine Klage nach dem Amtshaftungsgesetz einzubringen.
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