Brütender Triel verhindert die Schnellstraße S8

Brütender Triel verhindert die Schnellstraße S8
Weil der geschützte Vogel auf der Trasse der Marchfeld Schnellstraße brütet, steht das 310 Millionen Euro teure Projekt vor dem Aus.

Der Vogel Triel gehört zur Familie der Regenpfeifer, ist taubengroß, sandfarben und liebt Insekten aller Art. Und der kleine, vom Aussterben bedrohte Vogel dürfte ein 310-Millionen-Euro-Straßenbauprojekt zu Fall gebracht haben. Nämlich die Marchfeld Schnellstraße S8, die seit 18 Jahren geplant wurde.

Im zweitägigen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist diese Woche zwar noch kein Urteil gefällt worden, aber das Verfahren wurde zwecks Entscheidung bereits geschlossen. Das Urteil wird in sechs bis acht Wochen vorliegen.

Fakt ist aber: Die Projekt-Gegner, zwei Umweltorganisationen und sechs Bürgerinitiativen, konnten maximal punkten. Denn es wurde vor Gericht festgestellt, dass die Trasse der S8 durch das Natura-2000-Schutzgebiet "Sandboden-Praterterrassen" verläuft, in dem wiederum der Triel brütet.

Brütender Triel verhindert die Schnellstraße S8

Die geplante Trasse der Marchfeld Schnellstraße.

Zur Überraschung aller Prozessbeobachter hat der Naturschutz-Sachverständige aus dem erstinstanzlichen Verfahren, in dem die Schnellstraße bewilligt wurde, sein positives Gutachten zur S8-Trasse zurückgezogen.

"Der Triel-Gutachter der ersten Instanz hat eine Kehrtwendung vollzogen, hält sein Gutachten nicht mehr aufrecht und hat sich ebenfalls dem für die S8 negativen Gerichtsgutachten angeschlossen", sagt Wolfgang Rehm von der Umweltschutzorganisation VIRUS zum KURIER. "Aus jetziger Sicht ist das Projekt dem Untergang geweiht." Auch der Umweltrechtsexperte Wolfgang List, Anwalt des streitbaren Marchfelder Landwirts Leopold Haindl, ist sich siegessicher. "Ich habe zuvor noch nie erlebt, dass ein Gutachter erster Instanz seine Expertise in zweite Instanz revidiert", sagt List. "So wie das Projekt beantragt wurde, wird es abgewiesen werden. Da bin ich mir zu hundert Prozent sicher."

"Bankrotterklärung"

Indes geht Tierschützer Rehm mit dem Autobahnbetreiber Asfinag hart ins Gericht. "Die Gerichtsverhandlung war eine planungstechnische Bankrotterklärung der Autobahnbauer", sagt Rehm. "Sie haben verzweifelt versucht, mit Verschleppungstaktik Zeit zu gewinnen und nach neun Jahren im laufenden Verfahren mit der Planung praktisch von vorne zu beginnen."

Naturgemäß anders sieht das die Asfinag. "Bemerkenswert ist, dass die von der Asfinag angebotenen Beweise nicht aufgenommen wurden", sagt Sprecherin Alexandra Vucsina-Valla. Aber auch bei der Asfinag sorgte der Rückzug des erstinstanzlichen Gutachters für Verwunderung. „Er steht, aus unserer Sicht ohne nähere Begründung und auch ohne Änderung der Sachlage, nicht mehr zu seinem Gutachten.“

Steuergeld droht zu versickern

Man werde nun das schriftliche Urteil abwarten, dieses dann prüfen und anschließend über die weitere Vorgehensweise entscheiden. Wie die Asfinag bestätigt, wurden bisher 13 Millionen Euro in die Planung der Schnellstraße gesteckt; Steuergeld, welches nun in den Schottergruben des Marchfeldes zu versickern droht.

Hinzu kommen Projektkosten des Landes Niederösterreich. Denn während man auf den Baubeginn der S8 wartete, wurden bereits Zubringer gebaut. So wurde zum Beispiel im Vorjahr die Umfahrung Gänserndorf Süd eröffnet. Kostenpunkt: sechs Millionen Euro. Derzeit läuft der Bau der 2,3 Millionen Euro teuren Umfahrung Raasdorf. "Diese Projekte sind zwar an der S1, die als Anschluss an die S8 aber unabdingbar erforderlich sind", sagt Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko.

Für den betroffenen Raasdorfer Bürgermeister Walter Krutis ist klar: "Wenn die S8 nicht kommt, haben wir da eine Straße gebaut, die keiner braucht, weil sie ins Nichts führt."

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