Blick in die mörderische Steinzeit
Der Grund ist nicht bekannt, woher die Angreifer kamen auch nicht. Tatsache ist aber, dass viele, vielleicht sogar Hunderte, den Tod fanden. Erschlagen mit Keulen aus Holz und Stein. Denn das „Massaker von Schletz“ fand vor rund 7.000 Jahren statt, in der Jungsteinzeit.
Und es ist kein Einzelfall. Auch aus anderen Gebieten Europas gibt es Hinweise, dass Kriege schon seit Langem zum Menschen gehören.
Das Bild von friedlichen Bauern, die gerade im Zuge der sogenannten „Neolithische Revolution“ den Ackerbau entdeckt und kultiviert hatten, passt so gar nicht zu den Funden, die seit den 1980er-Jahren im nördlichen Weinviertel zutage kommen.
Mehr als 5.000 Einwohner
Dort, in Schletz bei Asparn an der Zaya, existierte vor 7.000 Jahren eine Siedlung. Und zwar eine richtig große. Von mehr als 500 Einwohnern ist auszugehen, Keramikfunde lassen weitreichende Handelsbeziehungen erahnen. „Wir denken daher, dass es sich um ein lokales Zentrum handelte“, sagt Archäologe Jakob Maurer.
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Auffallend sind aber auch Hunderte Meter lange Befestigungsanlagen mit Gräben und Wällen. Und in den Gräben wurden Skelette gefunden, die „auffallende Spuren massiver Gewalteinwirkung aufwiesen“, sagt Maurer. „Diese Menschen wurden hier nicht regulär bestattet, an den Knochen sind auch Fraßspuren von Tieren erkennbar“, erklärt er.
Reste von mehr als hundert Personen wurden bisher hier entdeckt, von deutlich mehr ist noch auszugehen. Anfangs dachte man noch an einen schaurigen Opferkult, doch mittlerweile geht man von einem Konflikt aus, der in der Forschung als „Massaker von Schletz“ bekannt ist. Die Untersuchungen weisen eindeutig auf massive Schläge mit Steinbeilen hin.
Älteste Schlachtfeld Europas
Damit ist Schletz eines der ältesten Schlachtfelder Europas. Viele Fragen sind aber noch offen. So könnte das Massaker ein einmaliger Angriff gewesen sein oder der Schlusspunkt eines längeren Konfliktes. „Eine Theorie ist, dass in einer Krise die Siedlung befestigt und auch als Fluchtort genutzt wurde“, sagt Maurer. Jedenfalls dürfte mit dem Massaker dann das Aus für die blühende Siedlung gekommen sein.
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Neue Untersuchungen sollen etwas mehr Licht in das jahrtausendealte Rätsel bringen. Mit chemischen Analysen versucht man, die Herkunft der Toten zu klären. Diese Isotopenuntersuchungen lassen auf eine lokale oder nicht-lokale Herkunft einer Person schließen. Ob es sich also bei den Toten um Bewohner oder vielleicht sogar um Angreifer aus einer anderen Region handelte.
Tipp
Asparn/Schletz war einer der Hauptorte der ersten bäuerlichen Kultur Mitteleuropas, der nach der Verzierungsweise der Keramikgefäße benannten Linearbandkeramischen Kultur um etwa 5500 bis 4900 v. Chr. Europaweite Bekanntheit erhielt der Ort durch Entdeckung von menschlichen Skeletten. Aus der Zeit sind wenige vergleichbare Funde wie etwa das Massaker von Thalheim (Deutschland) bekannt. Ein Teil der Funde aus Schletz ist im Urgeschichtemuseum MAMUZ in Asparn an der Zaya ausgestellt
www.mamuz.at
Zeugnisse von größeren Kriegshandlungen in der Jungsteinzeit, wie jene aus Asparn/Schletz, sind sehr selten. Im Norden Spaniens wollen Forscher nun Anzeichen für die früheste systematische Form von Kriegsführung in Europa vor rund 5.000 Jahren gefunden haben, berichtet das Fachblatt „Scientific Reports“.
Gewaltausbrüche und Zusammenstöße zwischen konkurrierenden kleineren Gruppen sind vermutlich so alt wie die Menschheit selbst, wie die Wissenschafter um Teresa Fernández-Crespo von der Universität Valladolid (Spanien) und der Oxford University (Großbritannien) schreiben.
Lange Historie
In Spanien wurden Überreste von mindestens 338 Individuen in einer kleinen Höhle entdeckt. Darunter auch Überreste von Menschen, die Kampfverletzungen offenbar überlebt haben. Das deute wiederum eher auf wiederkehrende, nicht immer tödliche Konflikte mit längerer Historie hin, heißt es in der Arbeit.
Die Wissenschafter interpretieren das als die frühesten Anzeichen auf „organisierte Gewalt zwischen rivalisierenden Gemeinschaften“ in Europa und grenzen die einstigen Vorkommnisse in Spanien in ihrer Arbeit vom Massaker im Weinviertel ab. Gewalt und Totschlag haben eine lange, traurige Tradition.
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