Beim Roten Kreuz NÖ rumort es
Eigentlich ist alles schon gegessen. Im Juni wurde die Neuaufstellung der Rettungsdienste groß präsentiert, am 2. Juli das entsprechende Landesgesetz im Landtag abgesegnet und seit wenigen Tagen ist alles im NÖ Landesgesetzblatt nachzulesen. Die zentralen Punkte der Reform: Die Rettungsdienstbeiträge werden nicht mehr über die Gemeinden, sondern über das Land ausgeschüttet; der Transportdienst wird neu organisiert und die Mindestausrüstung für den Rettungsdienst in NÖ neu festgelegt.
So einig man auf dem Weg zu diesem neuen Landesgesetz war, so sehr gärt es nun an der Basis. Konkret beim Roten Kreuz, wo sich vor rund einer Woche die Bezirkskommandanten dagegen ausgesprochen haben sollen.
Die Hauptkritikpunkte: Die Unabhängigkeit des Roten Kreuzes, speziell die Autonomie der Bezirks- und Gemeindestellen, sei gefährdet und Notruf 144 erhalte zu viele Kompetenzen.
Lange war verhandelt worden und im Juni wurde dann gemeinsam präsentiert, wie die Rettungslandschaft in Niederösterreich neu aufgestellt werden soll. Josef Schmoll, Landespräsident des Roten Kreuzes, lobte bei diesem Anlass, dass die künftige Finanzierung des Rettungswesens aus zwei Händen erfolge, „einerseits seitens Land und Gemeinden, andererseits aus der Österreichischen Gesundheitskasse“. Sein Gegenüber beim Arbeiter-Samariter-Bund, Präsident Otto Pendl, sprach sogar von einem „Quantensprung“, der gelungen sei.
Konkret hatte man sich darauf geeinigt, dass künftig die Rettungsorganisationen nicht mehr mit jeder einzelnen Gemeinde über Beiträge verhandeln müssen, sondern dass ab dem Jahr 2021 alles über das Land abgewickelt wird. Die Beiträge der Gemeinden werden über eine Erhöhung der NÖKAS-Beiträge (Krankenanstaltenbeiträge) eingehoben.Diese werden jährlich 19,2 Millionen Euro betragen. Dazu wird das Land künftig seinen Zuschuss von 2,6 auf 7,3 Millionen Euro erhöhen.
Weiters steuert das Land 31,2 Millionen Euro für weitere Tätigkeiten wie Flugrettung, Notärzte und die Leitstelle Notruf 144 bei. Außerdem übernimmt man auch den Abgang für den überregionalen Bereich im Jahr 2020 in der Höhe von 9 Millionen Euro.
523 RettungsfahrzeugeNeu geregelt wurde auch, dass der regionale Rettungs- und Krankentransportdienst nicht mehr nur auf ein Gemeindegebiet beschränkt ist. Für die Koordination von Fahrten wird damit die Leitstelle Notruf 144 noch entscheidender.
Festgeschrieben wurde auch – ähnlich der Mindestausrüstungsverordnung bei den Feuerwehren –, welcher Fuhrpark den Rettungsorganisationen in ganz NÖ zur Verfügung stehen muss: 523 Fahrzeuge, 60 Poolfahrzeuge als Ersatzfahrzeuge sowie ein Schwerlastbetten-Intensivtransporter. Und man einigte sich auch noch auf die zusätzliche Besetzung von Nacht-Krankentransporten.
Mit den Rettungsorganisationen verhandelt haben das Rettungspaket die Landesräte Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ), Martin Eichtinger und Ludwig Schleritzko (beide ÖVP) sowie die Vertreter der Kommunen, Alfred Riedl (ÖVP), Rupert Dworak und Matthias Stadler (beide SPÖ). Im Landtag stimmten dann am 2. Juli alle Fraktionen für das dazu notwendige Landesgesetz – nur die Grünen nicht.
Die besagte Sitzung der Bezirkskommandanten wird im Nachhinein allerdings recht unterschiedlich beschrieben. Während Funktionäre des Roten Kreuzes davon sprechen, dass „es ordentlich zur Sache gegangen ist“, und das Treffen sogar als „kleine Revolte“ bezeichnen, ist die offizielle Beurteilung eine ganz andere. Andreas Zenker, Sprecher des Roten Kreuzes NÖ: „Es ist sehr lange verhandelt worden und das muss nun durch alle Gremien gehen. Das ist ein normaler, ein demokratischer Prozess. Ich sehe das sehr entspannt.“
Hellhörig geworden ist man mittlerweile beim Arbeiter-Samariter-Bund. Reinhard Hundsmüller, SPÖ-Klubobmann und bundesweit beim ASB engagiert, wurde zuletzt von Rot-Kreuz-Funktionären kontaktiert, „die bislang noch nie den Weg zu mir gefunden hatten“. Mit der Bitte, gemeinsam gegen einige Punkte des Landesgesetzes anzukämpfen.
Seitens des Roten Kreuzes will man auf jeden Fall Nachjustierungen. Andreas Zenker: „Wir werden das in einer geeigneten Tonlage vorbringen.“ Gegenüber der zuständigen Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) wurde bereits angedeutet, dass es sogar eine Petition seitens des Roten Kreuzes geben könnte.
Erster Gesprächstermin
In einer ersten Runde sollen jetzt einmal Gespräche mit ÖVP-Landesrat Martin Eichtinger geführt werden. Schon diese Woche ist der erste Termin angesetzt. Mit dabei auch der Mostviertler ÖVP-Nationalratsabgeordnete Andreas Hanger, selbst Bezirkskommandant des Roten Kreuzes. Da er im Nationalrat auch Sprecher für das Ehrenamt ist, sieht er sich jetzt in einer Art Vermittlerrolle.
Hanger zum KURIER: „Natürlich ist die Neuregelung der Rettungsdienst für das Rote Kreuz eine große Reform. Die Diskussionen darüber sind aber in den Gremien des Roten Kreuzes zu führen.“ Allerdings: „Bezüglich des Unmuts, den es gibt, sind Gespräche mit dem Land zu führen. Ich bin überzeugt, dass sie zu einem guten Ende führen werden.“ Man habe bereits jetzt eines der besten Rettungssysteme und das werde auch so bleiben.
Mit Ulrike Königsberger-Ludwig ist noch kein Termin vereinbart worden. Dennoch ist für sie klar, dass man von Landesseite her offen sein wird. „Wir waren und sind immer gesprächsbereit. Vielleicht können wir dann einige Missverständnisse ausräumen“, sagt Königsberger-Ludwig.
Unmut gibt es auch in einigen Gemeinden, weil die Rettungsbeiträge nun über den NÖKAS eingehoben werden, über den auch die Gemeindebeiträge für die Krankenanstalten laufen. Das erhöht für manche die Kosten, andere zahlen künftig weniger. Gemeindebundpräsident Alfred Riedl: „Tendenziell ist das eine Stärkung der strukturschwachen Regionen.“ Dazu sei der Rettungsvertrag über das Land organisatorisch und verwaltungstechnisch einfacher abzuwickeln.
Beobachter sind skeptisch, ob für diese Reform wegen der Proteste einige Paragrafen neu geschrieben werden. Als Ausweg wird gesehen, dass der Finanzlandesrat für die Rettungsdienste noch tiefer in die Tasche greift.
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