Rettungsdienst: Finanzierung in Niederösterreich bedroht

Rettungsdienst: Finanzierung in Niederösterreich bedroht
Gemeinden müssen tiefer in die Tasche greifen. Neuregelung für finanzielle Absicherung gesucht.

Die Finanzierung des Rettungsdienstes wird immer schwieriger. Steigende Personalkosten und immer mehr Fahrtenkilometer belasten das System. In Niederösterreich haben die Gemeinden die Pflicht, den Rettungs- und Transportdienst zu gewährleisten. Dafür müssen sie immer tiefer in die Tasche greifen.

In Scheibbs etwa erhöhte sich der Beitrag mit dem heurigen Jahr von 13 auf 18 Euro pro Einwohner – das ist der höchste Betrag in ganz Niederösterreich. Obwohl das in diesem Fall eine Steigerung von rund 38 Prozent sind, sagt Sonja Kellner vom Roten Kreuz Niederösterreich, dass nur ein Teil der steigenden Kosten an die Gemeinden weitergegeben werde – der Rest müsse aus Spendengeldern finanziert werden.

Rotes Kreuz mit 9,9 Millionen Euro Verlust pro Jahr

Der örtliche Rettungs- und Transportdienst des Roten Kreuzes fährt – im wahrsten Sinne des Wortes – in Niederösterreich einen Verlust von 9,9 Millionen Euro ein. Pro Jahr. Beim Arbeitersamariterbund ist der Abgang gemessen am Marktanteil ähnlich hoch, er liegt bei 1,2 Millionen Euro.

Gesetzliche Regelung
Seit 2016 ist für die Finanzierung von Notarztfahrten das Land Niederösterreich zuständig.  Regionale Rettungs- und Transportdienste müssen die Gemeinden in ihrem Gebiet gewährleisten.

Sie können Verträge mit Organisationen wie etwa dem Roten Kreuz oder dem Arbeitersamariterbund abschließen und mit ihnen Tarife vereinbaren. Transportfahrten werden von der Sozialversicherung  rückvergütet.

Steigende Einsatzzahlen

Der Rot-Kreuz-Bezirksstellenleiter von Scheibbs, Kurt Schlögl, macht für die steigenden Kosten vor allem das neue Arbeitszeitengesetz, durch das die Personalkosten gestiegen sind, sowie längere Strecken bei den Fahrten verantwortlich. „Im Landesklinikum Scheibbs wird nur mehr die Grundversorgung angeboten. Hat ein Patient beispielsweise Herzprobleme, muss er nach Waidhofen oder St. Pölten gebracht werden. Damit binde ich Ressourcen beim Personal und genauso bei den Autos“, führt er aus.

Solche Fahrten werden zwar teilweise vom Land finanziert (das Notarztwesen obliegt dem Land NÖ, Anm.), diese Fälle haben aber auch Auswirkungen auf den Rettungsdienst. Auch die steigende Zahl der Dialysepatienten sei belastend. „Der Bedarf ist gestiegen. Die Dialysestationen in Amstetten und St. Pölten laufen fast rund um die Uhr. Diese Fahrten müssen mit Hauptberuflichen besetzt werden, Freiwillige können nicht zu einem Dialysetermin um 21 Uhr fahren, wenn sie am nächsten Tag arbeiten müssen.“

Menschen werden älter: Zahl der Einsätze steigt

Aber nicht nur die gefahrenen Kilometer steigen, sondern auch die Einsätze, weiß Sonja Kellner: „2017 waren es noch 2.250 Rettungs- und Krankentransporte pro Tag, 2018 bereits 2.375. Der Hauptgrund dafür ist einfach, dass die Menschen immer älter werden“. Hinzu kommt, dass sowohl die Freiwilligenstunden als auch jene im Zivildienst rückläufig sind. Das bestätigt Arbeitersamariterbund NÖ-Landesgeschäftsführer Ralph Ebhart: „Wenn man früher beim Nachtdienst als Freiwilliger zwei- bis drei Mal ausfahren musste und jetzt fünf- bis sieben Mal, dann macht das natürlich einen Unterschied. Wenn man auch noch einem Brotberuf nachgeht, wollen das viele – verständlicherweise – nicht mehr.“

Bei der aktuellen Kostenentwicklung sei die Finanzierung auf Dauer nicht haltbar, sind sich die Organisationen einig. Eine Neuaufstellung sei notwendig. Das Rote Kreuz arbeitet derzeit intensiv mit dem Land und den Gemeinden an der „Rettungslandschaft neu“. Es werden Zukunftsmodelle berechnet, wie sich die Situation entwickeln könnte. Basierend auf diesen Erkenntnissen erarbeiten Land, Gemeinden und Krankenkassen ein Modell für die finanzielle Absicherung. Laut Kellner könnte eine Neuaufstellung bereits im Sommer erfolgen.

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