Baumkuchen-Mafia? Schüsse bei Streit um tschechische Mehlspeisen

Der Baum- oder Schornsteinkuchen ist eine Art tschechisches Nationalgericht
Geschäftsmann einer Franchisekette wurde in den Fuß geschossen. In Wiener Neustadt sitzen deshalb fünf Armenier auf der Anklagebank.

Die prominente Verteidigerriege lässt schon erahnen, dass es kein gewöhnlicher Fall ist – der bekannte Wiener Strafverteidiger Rudi Mayer, flankiert von seinem nicht minder bekannten Kollegen Philipp Wolm und dem Wiener Neustädter Rechtsanwalt Christian Hirsch, sitzen Seite an Seite im Verhandlungssaal am Landesgericht Wiener Neustadt.

Die fünf Angeklagten hinter ihnen sind alle armenischer Herkunft im Alter zwischen 34 und 43 Jahren. Im Ermittlungsverfahren gegen sie ist immer wieder von der "Baumkuchen-“ oder "Marlenka-Mafia“ die Rede. Die Desserts sind so etwas wie tschechische Nationalgerichte und nebenbei zentrales Thema des kuriosen Strafprozesses.

Den Angeklagten wird im Zusammenhang mit den herzhaften Süßspeisen die Bildung einer kriminellen Organisation, Erpressung, gefährliche Drohung und schwere Körperverletzung vorgeworfen. Sie sollen nach monatelangen Scharmützeln im September 2020 nach Brünn in Tschechien gereist sein und dort einen ihren Widersacher, Vardan B., mit einer Pistole angeschossen und schwer verletzt haben, lautet unter anderem der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt.

Baumkuchen-Mafia? Schüsse bei Streit um tschechische Mehlspeisen

Verteidiger Philipp Wolm

Partner für Franchise-System gesucht

Begonnen hat alles damit, dass tschechische Geschäftsleute Partner für ihre Franchise-Cafékette mit dem berühmten Baumkuchen in Österreich suchten. In Europa, Asien und den USA gibt es über 200 Filialen. Wie der Erstangeklagte Tatul K. (43) aussagte, sah die Geschäftsanbahnung so aus, dass er geeignete Mietlokale im Großraum Wien suchen und dafür zwischen 1.000 und 1.500 Euro Provision erhalten sollte.

Selbst wollte der Taxler kein Café betreiben. "Ich habe zwei Objekte gefunden, aber kein Geld bekommen“, fühlte er sich betrogen.

Kurze Zeit später eröffnete einer seiner armenischen Freunde, Edgar H., just in einem der vorgeschlagenen Geschäftslokale in Wiener Donauzentrum sein eigenes Mehlspeisen-Café. Nicht als Franchisepartner, dafür aber mit demselben Firmennamen wie die Baumkuchen-Kette aus Tschechien.

Morddrohungen

Die Aufregung bei den tschechischen Geschäftsleuten war groß. Nach heftigen Streitigkeiten mit dem Inhaber der Cafékette, Radek K., und seinem Mitarbeiter Vardan B. spitzte sich die Lage gefährlich zu. Die angeklagten Armenier sollen sie wochenlang bedroht und angekündigt haben, die Männer zu "liquidieren“.

Im Herbst 2020 bekam Vardan B. in Brünn ungebetenen Besuch. "Fünf Gestalten“ nahmen ihn in die Mangel und hielten ihm eine Waffe an den Kopf. Ein Schuss ging in den Oberschenkel des Opfers.

Die Männer bestreiten jede Tatbeteiligung, sie werden aber nicht nur durch Zeugenaussagen und Indizien belastet. Es gibt auch (schlechte) Bilder einer Videoüberwachung. Wie die Anwält Rudi Mayer und Philipp Wolm behaupten, sind die Männer auf den schwarz-weiß Fotos nicht ihre Mandanten. Jeder Zusammenhang wird von allen Beteiligten massiv bestritten.

Gutachten in Auftrag gegeben

Mit einer anthropologischen Bildidentifikation soll ein Gerichtsgutachter nun klären, ob die Fotos die Beschuldigten zeigen oder nicht. 

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