Der "singende Bürgermeister" aus Baden wird 80
Für große Auftritte war er schon immer gut, für Überraschungen sowieso. „Wer mit dem Strom schwimmt, erreicht die Quelle nie“, ist eines seiner Lieblingszitate (Peter Tille). Jetzt feiert der „singende Bürgermeister“ seinen 80er und gibt Einblicke in sein Leben, das viele überraschende Wendungen nahm.
„80 Jahre – wenig Haare“ – mit viel Selbstironie begeht August Breininger sein Jubiläum. Heute ist der Badener vor allem als Politiker und Buchhändler bekannt, dabei stand beides ursprünglich nicht auf seinem Plan. „Ich wollte Schauspieler werden“, erzählt Breininger über seinen Jugendtraum. Was er jedenfalls auf keinen Fall wollte, war das seit 1928 bestehenden Lebensmittelgeschäft seines Vaters übernehmen.
Der Zufall in Gestalt von „Tante Mitzi“ kam ihm zu Hilfe: Maria Mohr, Schwester des Vaters, bot ihm an, ihre Papier- und Buchhandlung in der Pfarrgasse zu übernehmen.
Problem: Obwohl Breininger gerade die Matura absolviert hatte, musste er wieder in die Schule – in die Berufsschule des Papier- und Buchhandels nach Theresienfeld. 1965 trat er zur Abschlussprüfung an und wurde beim Lehrlingswettbewerb sogar Landesbester. Stolz stellte er die Auszeichnung in die Auslage des Geschäfts und der Zufall schlug zu: „Mein ehemaliger Lateinprofessor und damaliger Vizebürgermeister Karl Zeugswetter sah die Goldmedaille und meinte sofort: ,Wir brauchen Sie beim Wirtschaftsbund‘“, erinnert sich Breininger. Und so kam es dann auch.
Der Bau der Römertherme war ein großer Wurf von Breininger als Stadtchef. Auch Hans Krankl fand das toll
Lebensmenschen: Monika und August Breininger sind seit 1968 miteinander verheiratet
Sportlich: Seit 65 Jahren spielt er Tennis, täglich ist der 80-Jährige auch mit dem Hund unterwegs
Große Theaterleidenschaft von Jugend an:
1966 in Grillparzers „Weh dem, der lügt“
Mit seinem Vorgänger und Lehrer Viktor
Wallner kurz nach der Amtsübernahme 1988
Ausgezeichnet: 2021 erhielt er das „Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse“.
Eine lange Nacht
Wieder griff der Zufall der Karriere von Breininger kräftig unter die Arme. 1968 saß er mit seinem Freund (und Trauzeugen) Klaus Wejwoda in Baden beim Heurigen. Am Nebentisch fand sich die örtliche ÖVP, darunter Bürgermeister Viktor Wallner und Wirtschaftsbundobmann Franz Demel, ein. „Wir wurden gebeten, uns dazuzusetzen. Das war zirka um acht Uhr abends. Nach Hause bin ich um fünf Uhr in der Früh gekommen“, sagt Breininger mit einem Schmunzeln.
Bei den Politikern hatte man Eindruck gemacht, „die brauchen wir im Gemeinderat“, war der Tenor. „Das war die Geburtsstunde meines Aufstiegs“, sagt Breininger rückblickend. Er startete eine Politkarriere, „womit ich nie gerechnet habe.“
Bei der Gemeinderatswahl 1970 wird er auf Platz zehn gereiht (die ÖVP hatten damals 22 Mandate) und zog in den Gemeinderat ein.
Und in dieser Tonart ging es weiter: 1975 wurde Breininger Bezirksobmann der Handelskammer („der jüngste aller Zeiten“) und auch noch Bundesinnungsmeister des Papierhandels. Mit 39 Jahren wurde er 1985 erster Vizebürgermeister und dann folgte 1988 ein politisches Erdbeben in Baden: Viktor Wallner, seit 1965 Bürgermeister, der die ÖVP zu 27 Mandaten geführt hatte, verkündete völlig überraschend zu Allerheiligen seinen Rücktritt, schon am 23. November sollte die Neuwahl des Stadtchefs erfolgen.
Schicksalsstunde
Favorit war Helmut Skala, doch Breininger stellte sich einer Kampfabstimmung. Im Parteilokal im Gasthaus Batzenhäusl kam es zum Showdown: „Ich trete an, auch wenn ich verliere“, verkündete Breininger. Als das Ergebnis der geheimen Wahl – 9:7 Stimmen – verkündet wurde, ging Breininger zu Skala und gratulierte. „Aber die neun Stimmen waren für mich“, wundert er sich noch heute.
Am 23. November 1988 wurde Breininger zum Bürgermeister gewählt– und blieb es 19 Jahre lang. In seine Zeit fielen der Bau der Römertherme, die Modernisierung des Strandbades, der Neubau des Casinos oder der Citybus. 2001 sorgte Breininger für Schlagzeilen, als er als Landtagsabgeordneter zurücktrat. Und zwar aus Protest, weil das Land NÖ das für die Stadt nicht mehr leistbare Krankenhaus nicht übernehmen wollte. 2003 war es dann doch der Fall.
Noch größer war die Überraschung, als Breininger 2007 (wieder im Batzenhäusl) seiner ÖVP, die ihn gerade zum Spitzenkandidaten für die Wahl erklärt, seinen Rücktritt verkündete. „Ich war so verliebt in mein Philosophiestudium, wollte es einfach nur abschließen“, erzählt er. „Rückblickend würde ich das nicht mehr so hinschmeißen. Ich habe auch viele vor den Kopf gestoßen, das bedauere ich“, sagt er.
Was er auch nicht mehr machen würde: 2015 kehrte er aus der Politpension zurück und trat als Spitzenkandidat der Bürgerliste „Wir Badener“ an, weil er sich mit der ÖVP zerkrachte hatte. „Ich wollte auch ausprobieren, was noch geht“, gesteht er. Und auch wenn er 1.119 Vorzugsstimmen erhielt, bedauert er heute den Schritt: „Politik ist keine Frage der persönlichen Befindlichkeiten“. Mit der ÖVP hat er sich mittlerweile versöhnt.
Es gäbe noch viel zu erzählen: Dass er als Gastgeber bei den „Mohr-Meetings“ in seiner Buchhandlung Promis von Peter Alexander bis Kurt Waldheim begrüßen durfte. Dass er seit 1968 mit seiner Monika verheiratet ist und die Familie (drei Kinder) als größten Schatz betrachtet, dass er seit 65 Jahren begeistert Tennis spielt, sein Archiv mehr als 500 Schallplatten mit Theateraufnahmen beinhaltet und dass er heute noch Kurse an der VHS oder die Gesprächsreihe „Heut lade ich mir Gäste ein“ hält. Sein Resümee: „Es war ein Privileg, so lange für die Stadt arbeiten zu dürfen. Magister der Philosophie gibt es Tausende, Bürgermeister von Baden aber immer nur einen.“
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