In Zeiten des atemberaubend raschen Klimawandels ist ein Waldgebiet, das seit dem Ende der letzten Eiszeit vor rund 12.000 Jahren noch nie von Eingriffen des Menschen betroffen war, ein Schatz.
Viele noch unerforschte Antworten der Natur auf epochale klimatische Veränderungen schlummern im Boden des Urwalds.
Aus Rothschilds Initiative ist mittlerweile ein 7.000 Hektar großes Wildnisgebiet gebiet, das UNESCO-Weltnaturerbe ist, entstanden. Über 60.000 Menschen besuchten auch schon das neue Naturparkzentrum „Haus der Wildnis“ in Lunz.
Unbezahlbare Urwalderde
Von dort aus werden Exkursionen und Forschungsaktivitäten im Urwaldgebiet gesteuert. „Nur ein Kubikmeter Urwalderde ist unbezahlbar“, beschreibt Reinhard Pekny, Biologe und Naturvermittler des Zentrums, den Wert des Urwalds.
Rothschild galt um das Jahr 1910 mit einem Vermögen von einer Milliarde Kronen als der reichste Europäer und als harter Kapitalist. Zahlreiche Prachtbauten in Wien und auf seinen Ländereien ließ er bauen.
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Sein Name ist aber auch mit vielen sozialen Einrichtungen verbunden. 1875 kaufte er der abgewirtschafteten Aktiengesellschaft der Grafen Festetics die ausgebeuteten und schwer zugängigen Wälder im Ötscherland ab.
Südöstlich des Dürrensteins, an der Grenze zur Steiermark besaß er fortan 28.000 Hektar. 2019 kaufte die Familie Prinzhorn sämtliche Rothschildgründe auf.
Faszination
Vielleicht war es ein visionärer Umweltgedanke, aber bestimmt auch die Faszination über den beeindruckenden Primärwald, die Rothschild zum strikten Schutz des Urwalds „Rothwald“ bewog.
Neben Rothschilds Prachtbauten ließ sich der größte Urwald Mitteleuropas gut zur Repräsentation nutzen. Für rund 1.000 Beschäftigte und den Forstbetrieb wurden zwischen Langau, Lackenhof, Neuhaus und Göstling viele neue Gebäude errichtet.
Die Jagd nahm neben der Aufforstung großen Stellenwert in Rothschilds Aktivitäten. Feudale Jagdhäuser entstanden. Tief drinnen am Urwaldrand etwa das dreigeschoßige Jagdhaus Langböden. Dort waren Feste der Jagdgesellschaften angesagt. „Es gab Köche, Butler und Dienerinnen“, erzählt Pekny.
Steinmetzwege
Italienische Steinmetze errichteten kilometerlange Karrenwege durch steile Hänge und tiefe Gräben, die zur Bewirtschaftung, aber vor allem für die Kutschenfahrten Rothschilds gebaut wurden. Heute nutzen sie 40 Tonnen schwere Holzlaster.
Eines der Jagdschlösser im Steinbachtal wurde – wie sich Jahre später herausstellte – vom Vierfachmörder und Wilderer Alois H. 2002 auf einem seiner Raubzüge abgefackelt.
Heute noch genutzte Zeugnisse aus der Rothschildzeit sind die in einem alpenländischen Stilmix gebauten Forst- und Wohnhäuser, Wirtschafts- oder Sozialgebäude. Viele sind verpachtet. In Holzhüttenboden, wo Rothschild nach der Abholzung eine Öde vorfand, ließ er mit Ochsenkarren Humus aufschütten und aufforsten.
„Es ist aber kein Wald, sondern eine Art Parklandschaft entstanden“, beschreibt Pekny die heutige Ausflugsgegend entlang der B71 nach Mariazell.
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