22 Jahresgehälter für ein Eigenheim

22 Jahresgehälter für ein Eigenheim
Dunkle Wolken über der Bauwirtschaft: Teuerung und neue Kredit-Vorgaben machen es jungen Menschen immer schwerer, ihren Wohntraum zu realisieren

Schaffe, schaffe, Häusle baue – ein Motto, das jahrzehntelang nicht nur in Schwaben für das hehre Ziel vom „Eigenheim“ stand. Doch das wird immer öfter zum unerfüllbaren, weil unleistbaren Traum. Die Alarmglocken schrillen, weshalb nun ein Bauwirtschaftsgipfel in St. Pölten einberufen wurde.

Jährlich werden in NÖ 5.870 Eigenheime gebaut und damit rund 30.000 Arbeitsplätze abgesichert. Doch das könnte sich schon bald deutlich reduzieren. Denn „besonders junge Menschen stellt die Finanzierung ihres Eigenheimes vor große Herausforderungen“, erklärte dazu Landesrat Jochen Danninger (ÖVP).

Da wären einmal die zuletzt enorm gestiegenen Immobilienpreise: „Junge Menschen müssen heute im Schnitt ihr 22-faches Nettojahreseinkommen aufwenden, um sich eine Eigentumswohnung leisten zu können“, präsentierte Christian Helmenstein, Leiter des Economica Instituts, neue Zahlen. Zum Vergleich: 2015 waren es „nur“ 13,7 Jahresgehälter. Wenn aber ein derart großer Teil des Einkommens nur fürs Wohnen draufgeht, „ist das eine extrem große Herausforderung, denn man muss schließlich auch von etwas leben“, so Helmenstein. Der glaubt, dass die Preisentwicklung auf einem (sehr hohen) Plafond angekommen ist.

Schwere Zeiten ortet auch Stefan Graf vom Baukonzern Leyrer + Graf sowie Fachvertretungsvorsitzender der Bauindustrie NÖ: „Die niedrigen Zinsen der letzten Jahre, verbunden mit einer expansiven Geldpolitik haben das Bauen in den letzten Jahren begünstigt“. Pandemie und Krieg hätten die Liefer- und Produktionsketten aber stark gestört, die Inflation hat weitere Kostenspiralen in Gang gesetzt. Und Erwin Krammer, Innungsmeister-Stellvertreter Bau der WKNÖ, unterstreicht, dass „im ersten Halbjahr 2023 mit einem deutlichen Abflachen der Baukonjunktur zu rechnen ist“.

22 Jahresgehälter für ein Eigenheim

WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker, Landesrat Jochen Danninger und  Wirtschaftsexperte Christian Helmenstein beim Gipfel

„Unmögliche“ Kredite

Aber nicht nur die hohen Preise an sich, auch die Finanzierung macht es Jungen schwer. Die FMA (Finanzmarktaufsicht) hatte die Regeln im August verschärft. Wer einen Kredit beantragen möchte, muss über 20 Prozent Eigenmittel verfügen, die Laufzeit darf maximal 35 Jahre betragen und die Kreditrate nicht mehr als 40 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens ausmachen. „Der Erwerb von Wohneigentum wird somit für immer mehr Haushalte unleistbar. Dementsprechend sind die Neukreditvergaben im August auf das Niveau des Jahres 2014 eingebrochen“, analysiert Experte Helmenstein.

„Die Frage ist nicht, ob man ein Eigenheim finanzieren kann, sondern ob man einen Kredit bekommt. Wohnen aber muss man ja. Wenn die Situation so bleibt, wird es einen großen Bedarf an Mietwohnungen geben. Und die müssen erst gebaut werden“, so Baumeister und Innungsmeister-Stellvertreter Bau der WKNÖ Günther Lehner.

Der deutliche Rückgang der Kreditvergaben ist für Landesrat Danninger Anlass für Appelle an FMA und Bundesregierung: „Wir halten die FMA-Richtlinie für unverhältnismäßig, weil sie für viele Menschen viel zu hohe Hürden aufbaut und so jungen Familien die Möglichkeit auf ein Eigenheim nimmt und damit gleichzeitig die regionale Bauwirtschaft um mögliche Aufträge umfällt“.

„Damit Eigentum auch in Zukunft leistbar bleibt, muss an vielen Rädchen gedreht werden“, sagt WKNÖ–Präsident Wolfgang Ecker und fordert die Wiedereinführung des Absetzbetrages für Wohnraumschaffungsprojekte.

„Durch ein gebautes Einfamilienhaus werden nicht nur 2,7 Jobs pro Jahr geschaffen, sondern auch eine Wertschöpfung von 511.200 Euro generiert. Dazu kommen Renovierungen und Restaurierungen von bestehenden Häusern. Leistbares Eigenheim ist daher wichtig für die regionale Wertschöpfung und eine aktive Bauwirtschaft“.

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