Erstmals mehr als 100 Wölfe nachgewiesen: Sorge um Sicherheit
Die Zahlen sind nur wenige Tage alt und sie sprechen eine deutliche Sprache. Niederösterreich bleibt das heißeste Pflaster, was die Rückkehr des Wolfes in Österreich anbelangt.
Das niederösterreichische Waldviertel beheimatet aktuell mit vier von insgesamt sechs Rudeln Österreichs größte Wolfspopulation, die ständig anwesend ist. Und seit dem Vorjahr kommen andere Gebiete dazu: Im Quellschutzgebiet der Stadt Wien im Rax-Schneeberg-Gebiet oder rund um Hochkar und Ötscher tummeln sich heuer bereits mehrere einzelne Exemplare.
Wieder Nachwuchs in den Rudeln
Wie die jüngsten Daten der Bundesländer in Kooperation mit dem Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs verdeutlichen, nimmt die Population der Raubtiere – und damit auch das Konfliktpotenzial – rasend schnell zu. Am 31. Juli wurden die neueste Wolfsnachweise in Form einer Landkarte veröffentlicht. Und dabei zeigt sich folgendes Bild.
Bei den nö. Rudeln in Gutenbrunn und Arbesbach ist heuer bereits wieder Nachwuchs nachgewiesen worden, beim Rudel in Harmanschlag zuletzt im Vorjahr.
Erstmals mehr als 100 Wölfe nachgewiesen
Laut dem Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs ist die Zahl der Wölfe, die sich zumindest eine Zeit lang in Österreich aufgehalten haben, auch im Jahr 2023 erneut angestiegen. Wie die Datenauswertung im Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie ergeben hat, wurden im vergangenen Jahr schon 104 Wölfe in Österreich nachgewiesen.
Die etwa 18 Welpen davon verteilen sich auf insgesamt sechs Rudel - vier davon in NÖ, eines in OÖ (Böhmerwald) und eines in Kärnten (Dobratsch).
Durchzügler
Zwei der Wölfen, die im südlichen Niederösterreich nachgewiesen wurden, haben dinarische Herkunft. Sie kommen sehr wahrscheinlich aus Slowenien oder Kroatien. Der dritte nachgewiesen Wolf in dem Gebiet ist aus dem alpinen Raum zugewandert, also aus Italien oder der Schweiz. Es handelt sich um männliche Exemplare. Verirrt sich ein Weibchen in das Territorium, könnte dies das bereits fünfte Rudel in Niederösterreich bedeuten. Vorhersagen lässt sich so etwas allerdings schwer.
Besonders im Waldviertel, wo die Wölfe ständig in Siedlungen vordringen, Schafe und andere Nutztiere reißen und zuletzt auch Pferde attackiert und verletzt haben, wächst der Widerstand gegen die Raubtiere.
Wolfsangriffe in den Niederlanden
Die Betroffenen fühlen sich mit dem Problem im Stich gelassen und fordern weit mehr Maßnahmen, als sie die Politik bisher beschlossen hat. Ein Blick in die Niederlande verdeutlicht, wie schnell das Bedrohungsbild umschlagen kann. Wie mehrere Medien berichten, haben Wölfe im Ridge-Hills-Ausfluggebiet nahe der Stadt Utrecht Menschen angegriffen. Die niederländischen Behörden warnen davor, das beliebte Ausflugsgebiet mit Kleinkindern zu besuchen.
Im Juli sei ein Mädchen auf einem Schulausflug in dem Gebiet von einem Raubtier gebissen worden. Ein DNA-Test bestätigte, dass es sich dabei um einen Wolf handelte. Anfang Juli war der Hund einer Frau auf einem Ausflug von einem Wolf getötet worden.
"Solche Zustände wollen wir bei uns nicht. Es ist leicht, von NGO-Büros aus gute Ratschläge ins weite Land hinein zu erteilen, aber auch bei uns haben Leute Angst, ihre Kinder im Wald spielen zu lassen. Deshalb sage ich allen und in aller Deutlichkeit: Die Sicherheit der Menschen hat immer Vorrang", betont Landesvize Stephan Pernkopf (ÖVP). Und weiter: Wir halten daran fest, dass Wölfe nach klaren Regeln abgeschossen werden dürfen, wenn sie ihre Scheu verloren haben und Menschen oder Nutz- und Haustiere gefährden."
Dennoch: Am Dienstag meldeten sich die Freiheitlichen zu Wort und forderten eine härtere Gangart gegen das Raubtier. "Die niederösterreichische Landwirtschaft, der Tourismus und die Sicherheit der Landsleute vertragen sich nicht mit einer wachsendenden Wolfspopulation", sagte FPÖ-Landtagsabgeordneter Alexander Schnabel.
Es brauche daher die Verschärfung der NÖ Wolfsverordnung, so Schnabel.
Wann ist Abschuss möglich?
Die Entnahme eines Wolfes, also der Abschuss durch die Jägerschaft, ist binnen vier Wochen unter anderem möglich, wenn ein Wolf einem Menschen trotz Vertreibungsversuchen folgt oder wenn ein oder mehrere Wölfe mindestens zweimal binnen vier Wochen einen sachgerechten Nutzierschutz überwinden und darin gehaltene Nutztiere töten.
Die Entnahme ist nur in jenem Jagdgebiet zulässig, in dem entweder die letzten Risse erfolgten oder das problematische Verhalten gezeigt wurde. Die Zulässigkeit der Entnahme ist somit sowohl örtlich als auch zeitlich beschränkt.
"Obwohl Niederösterreich ein Wolf-Hotspot ist und es dadurch zu zahlreichen gefährlichen Zwischenfällen kam, wurde noch kein einziges Tier erlegt. In Kärnten, Tirol, Salzburg und Oberösterreich wurden bereits Wölfe auf Basis der dortigen Verordnungen entnommen, obwohl in diesen Bundesländern die Populationen deutlich geringer sind“, betont Gerhard Fallent, Obmann des Vereins Wolfstop.
Laut Hubert Keyl, dem freiheitlichen Jagdsprecher, soll deshalb eine neue Verordnung erstellt werden, die Abschüsse schneller ermögliche. Gespräche mit der ÖVP sollen nun folgen.
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