Keime auf dem Spielplatz: Müssen sich Eltern sorgen?
Kuchen backen, riesige Burgen bauen oder einfach nur die Finger möglichst tief in den Gatsch graben – die Sandkiste ist für die meisten Kinder die größte Attraktion auf dem Spielplatz. Manche Eltern besorgt das, sie fürchten mangelnde Hygiene. Zu Unrecht, wie Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien sagt: „In Sandproben findet man zwar zahlreiche Bakterien, diese sind aber zu einem überwiegenden Teil völlig ungefährliche Bodenbakterien. Es gibt zwar ein gewisses Infektionsrisiko, aber das ist sehr gering.“
Wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Keimen in Sandkisten gibt es kaum. In einer älteren Untersuchung des Landesgesundheitsamts von Baden-Württemberg aus dem Jahr 2001 fanden Experten in etwa 40 Prozent der 148 untersuchten Proben fäkale Verunreinigungen, in jeder vierten Probe entdeckten sie Parasiten oder deren Eier. Das Krankheitsrisiko sei dennoch niedrig gewesen, da die Menge der Erreger im Spielsand so klein war, dass sie für Kinder unbedenklich sei.
Speisereste locken Tiere an
Auch Umweltmediziner Hutter konnte bei einer Untersuchung von Sandproben keine gefährlichen Keime entdecken. „Wir haben zwar auch Parasiteneier gefunden, die etwa über Hundekot übertragen werden. Die Mengen waren aber minimal“, sagt Hutter. Hunde sind auf den meisten Spielplätzen verboten, nicht immer halten sich Besitzer daran. Auch Ratten, Tauben oder Marder platzieren ihre Hinterlassenschaften mitunter in der Sandkiste. Hutter: „Normalerweise halten sich die Tiere nicht gerne auf dem Spielplatz auf. Wenn aber viele Lebensmittelreste herumliegen, wird er attraktiv.“
Viele Keime werden zudem durch die UV-Strahlung der Sonne unschädlich gemacht. Sie haben eine desinfizierende Wirkung, während feuchter Sand ideale Bedingungen für Bakterien bietet. Nach Regen sollte man daher besser ein wenig warten, bis der Sand wieder trocken ist. In der privaten Sandkiste kann der Sand regelmäßig umgegraben werden, damit Sauerstoff dazukommt und nasser Sand trocknen kann.
Regelmäßige Kontrollen
Eine gesetzliche Verpflichtung oder Verordnung für öffentliche Parkanlagen, die einen Sandtausch in einem bestimmten Zeitablauf vorschreibt, gibt es nicht. Auch einheitliche Untersuchungsmethoden oder Bewertungsmaßstäbe für die hygienische Beurteilung sind nicht vorgeschrieben. Die 650 Spielplätze der Stadt Wien werden laut Wiener Stadtgärten das ganze Jahr über mindestens einmal kontrolliert, stark genutzte teilweise auch täglich. „Unsere Kontrolleure nehmen mindestens einmal jährlich Proben und lassen diese im Labor hygienetechnisch untersuchen. Sollte eine Verunreinigung festgestellt werden oder eine starke Verschmutzung vorliegen, wird der Sand rasch ausgetauscht, in einigen Parkanlagen mehrmals pro Jahr“, sagt Stadtgartendirektor Rainer Weisgram.
Eine weitere Stelle, an denen sich auf dem Spielplatz Bakterien sammeln, sind die Wasserauslässe, an denen auch viele Kinder trinken. Sollten sie eine bedenkliche Menge an Keimen aufweisen, rieche das Wasser laut Umweltmediziner Hutter unangenehm und sollte nicht getrunken werden. „Aus hygienischer Sicht ist auch stehendes Wasser nicht bedenklich. Beim Trinken aus einem Hydranten sollte man aber den Mund nicht an den Auslass legen. Ist ein Kind krank, können die Erreger so zum nächsten Kind übertragen werden.“ Wichtig sei jedenfalls, dass Kinder schon früh lernen, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen.
Ein viel größeres Problem als im Spielsand und Wasser sieht der Experte in ausgedrückten Zigarettenstummeln. Oft bemerken Eltern diese erst, wenn das Kind sie schon im Mund hat. „Tabakreste und Filter sind sehr giftig. Das Verschlucken kann lebensbedrohlich sein. Sie am Spielplatz fallen zu lassen, ist ein absolutes No-Go“, meint Hutter. Passiert es, dass ein Kind den Zigarettenrest verschluckt, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
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