Klagenfurts Bürgermeister nach Skandalen: „Bereue zweite Amtszeit sicher nicht“
Ein Magistratsdirektorposten, der seit Dezember 2023 vakant ist, SPÖ-interne Chats, die Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten), halbnackt zum Song „Wrecking Ball“ von Miley Cyrus zeigen und schließlich zum Rücktritt des roten Vizebürgermeisters Philipp Liesnig führten.
Die Bilanz über die erste Hälfte der Klagenfurter Stadtregierung im Interview lesen Sie hier.
Herr Bürgermeister, können Sie das Lied „Wrecking Ball“ noch hören? Scheider: Das, was Sie ansprechen, war der schlechte Höhepunkt von einer Entwicklung, die sich abgezeichnet hat. Die Hauptstrategie war, gegen den Bürgermeister mobil zu machen und das auf dem Rücken der Stadt, um mit einer Negativ-Strategie für die nächste Wahl Punkte zu sammeln. Aber solche Versuche scheitern an sich selbst.
Wegen der Chats musste schlussendlich Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) den Hut nehmen. Gibt es noch etwas, das Sie ihm mit auf den Weg geben möchten?
Wir sind ihm von Anfang an positiv gegenüber gestanden, bis klar war, dass er eine andere Strategie verfolgt. Das war jedoch die falsche – es bringt einem selbst nichts und schon gar nicht der Stadt. Ich wünsche ihm für die Zukunft alles Gute. Ich werfe keine Steine nach. Das Kapitel ist abgeschlossen. Wir haben nun neue Verhandlungspartner.
Aber unter welchem Stern steht der Neustart, wenn es weiterhin die Projetkpartnerschaft mit ÖVP und FPÖ gibt, obwohl die SPÖ stimmenstärkste Partei ist?
Diese Projektpartnerschaft bleibt aufrecht, weil sie bereits bewiesen hat, dass sie Projekte umsetzen kann – wie die Strukturreform und das Veranstaltungs- und Kongresszentrum. Aber wir haben nur eine knappe Mehrheit, das stimmt. Für uns ist es natürlich besser, wenn die stimmenstärkste Parte nicht dagegen arbeitet.
Aber warum nennt man dann die Partnerschaft nicht gleich beim Namen: Koalition.
Erstens haben wir uns noch nicht so lange gefunden. Zweitens wollen die Partner das nicht und mir ist es egal, wie es nach außen heißt, entscheidend ist, dass etwas weitergeht.
Ihre Amtszeit geht nun etwas über drei Jahre: Wie fällt ihre Bilanz trotz allem aus?
Man muss trennen, was politisch motiviert war und aufgebauscht wurde und was tatsächlich passiert ist. 90 Prozent aller Beschlüsse im Stadtsenat fallen immerhin einstimmig. Es sind ja nur wenige größere Themen, die permanent für Konflikte sorgen.
Aber diese Themen haben es in sich.
Gehen wir sie durch: Etwa das Hallenbad. (Es folgt eine lange Erklärung über die Historie des Projekts, Anm.) Jetzt muss die Feststellungsprüfung gemacht werden. Und ich verlange, dass das, was versprochen wurde, eingehalten wird. Dass bis Oktober die Entscheidung vorliegt. Wir gehen davon aus, dass es zu 90 Prozent keine UVP gibt. Dann können wir am Zeitplan weiterarbeiten.
Aber ab wann wird gebaut?
Wenn alles im Oktober kommt, dann ist Anfang 2025 mit dem Bau zu starten.
Für weit höhere Wellen als ein Hallenbad in Kärnten, hat österreichweit aber wohl der nicht besetzte Posten des Magistratdirektors gesorgt und alle damit verbundenen Vorgänge, oder?
In ganz Österreich gibt es das allerdings auch nur einmal, dass ein Magistratsdirektor, im konkreten Fall Peter Jost, solch ein politisches Thema wird. Weil am Ende ist er ein Mitarbeiter. Aber das Ganze hat in einem schwebenden Verfahren geendet, weil sich Jost das alles nicht gefallen ließ. Und ich habe immer gesagt, dass ich nicht vor Gericht streiten, sondern sinnvolle Lösungen will.
Der Posten ist zum zweiten Mal neu ausgeschrieben. Ist das eine sinnvolle Lösung?
Ich habe immer versucht, gemeinsam mit Herrn Jost eine Lösung zu finden, dass er noch eine gewisse Zeit für dieses Geld arbeiten kann und er dann ausscheidet, bis wir einen neuen Magistratsdirektor haben. Doch dafür brauche ich eine politische Mehrheit und diese habe ich nicht bekommen. Darum läuft gerichtlich das Verfahren weiter.
Aber würden Sie sich Peter Jost zurückwünschen?
Wünschen – aus meiner Sicht, wenn es sich nur um ein paar Monate handelt, bis der neue Magistratsdirektor im Amt ist und es nur darum geht, vorhandene Projekte abzuarbeiten und zu koordinieren, dann ist eine Rückkehr von Jost für mich vorstellbar. Aber die politische Mehrheit ist nicht dafür.
Aber welches Bild gibt denn all dies nach Außen hin ab? Wie reagieren die Klagenfurter auf Sie, wenn Sie durch die Stadt spazieren?
Ich werde positiv wahrgenommen und ich bin viel unterwegs. Interne Diskussionen werden draußen ganz anders wahrgenommen. Es ist ja nicht so, dass die ganze Stadt immer für alles haftet. Sondern wenn eine Partei ein Problem hat, dann wird auch die Partei dafür zur Verantwortung gezogen. Die Jost-Geschichte interessiert Insider natürlich stark, aber die Leute draußen haben andere Sorgen. Wie etwa das Hallenbad. Das bewegt die Menschen, weil die Kinder nicht mehr schwimmen lernen.
Nach allen Turbulenzen, bereuen Sie Ihre zweite Amtszeit?
Sicher nicht. Ich bin von den Wählerinnen und Wählern zurückgeholt worden und das ist entscheidend. Politik besteht aus mehr, als nur daraus, hier herinnen zu sitzen und sich über Projekte zu unterhalten. Man muss unter den Menschen sein, darum ist auch das schwierige Comeback gelungen – eigentlich wie Phoenix aus der Asche.
Was wäre Ihr Wunsch für die zweite Halbzeit?
Dass für die Stadt Klagenfurt gearbeitet wird. Gemeinsam, nicht gegeneinander. Es gilt, das Thema Hallenbad oder Hülgerthpark zu lösen.
Die Causa Jost
Im Dezember 2022 wollte Magistratsdirektor Peter Jost von einem Tag auf den anderen in Pension gehen. Bürgermeister Christian Scheider (TK) aber verlängerte seinen Dienstvertrag bis Ende 2025 mittels Notfallparagraf.
Wochen später wurde bekannt, dass Jost Hunderte Überstunden verrechnet hatte, die diesem ein Bruttogehalt von 270.000 Euro beschert hatten – mehr als der Kärntner Landeshauptmann verdient
Spitzelaffäre
Bekannt wurde danach, dass im Auftrag Josts der Mailverkehr von Mitarbeitern und Politikern durchsucht worden war. Das Ziel: Den Maulwurf, der die internen Dokumente preisgab, zu finden. Jost klagte, wurde abberufen und klagte die Stadt auf Schadensersatz. Es soll um bis zu eine Million Euro gehen
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