So sucht das Innenministerium 11.000 neue Polizisten
Bis Ende der Legislaturperiode in knapp fünf Jahren sollen 11.000 neue Polizisten rekrutiert und ausgebildet sein. Diese enorme Zahl nannte Peter Goldgruber, Generalsekretär im Innenministerium, in seinem ersten echten Interview. Gegenüber der Fachzeitung Kriminalpolizei kündigte der FPÖ-nahe Jurist dazu eine Straffung der Rekrutierung an, von einer Absenkung des Anforderungsniveaus sei aber keine Rede.
Prüfung erst am Ende
Änderungen bei der Anwerbung werden wohl dennoch notwendig sein: Schaut man auf die bisherige Drop-out-Quote und Ablehnungsrate, dann wären rund 90.000 Bewerber notwendig, um Goldgrubers Vorgabe zu erfüllen. Bekannt war bereits durch KURIER-Berichte, dass das Innenministerium mehr Tätowierungen erlauben will. Gestrichen werden soll nun auch die Schwimmprüfung bei der Aufnahme. „Es genügt, wenn die jemand am Ende der Polizeiausbildung ablegt“, sagt Goldgruber. Schwimmen muss man im Laufe der Polizeiausbildung sehr wohl lernen.
Die erhofften 11.000 Beamte werden auch die Abgänge ersetzen, netto sollen es jedenfalls mehr als 4000 zusätzliche Polizisten werden. Das Problem ist, dass in den kommenden Jahren ein starke Pensionswelle bei der Exekutive ansteht. Erst in zehn Jahren wird diese Kurve wieder abflachen. Für die Personaloffensive wurde auch ein neues Ausbildungszentrum in Wels installiert.
Zuletzt wurden bereits Polizisten mit über 40 und sogar über 50 Jahren angelobt um die drohende Personalknappheit zu überwinden, doch selbst damit wurden nicht alle Löcher gestopft. Die Gewerkschaft (vor allem die FSG) kritisierte zuletzt, dass auch 100 Ausbildner fehlen. Es wird interessant werden, ob die hohen Erwartungen tatsächlich erfüllt werden können, oder ob es bei Ankündigungen bleiben wird.
Spannend klingt jedenfalls ein weiteres Projekt: Das Problem ist derzeit. dass gerade Wirtschafts- und Cyberkriminalität steigen (siehe Zusatzbericht unten). In genau diesen beiden Bereichen ist es aber am schwierigsten, gutes Personal zu rekrutieren. Bisher war der Weg so, dass schon im Dienst befindliche Polizisten zu Spezialisten, etwa im IT-Bereich, ausgebildet wurden. Goldgruber zeichnet aber erstmals einen anderen Weg für Quereinsteiger vor: „Ich nehme zum Beispiel einen Informatiker und bringe ihm bei, ein Kriminalpolizist zu sein. Das wird einfacher sein, als umgekehrt einem gelernten Kriminalbeamten ein Informatikstudium beizubringen.“
Bis das möglich ist, werden aber noch einige Hürden zu nehmen sein. Denn bislang scheiterten solche Ideen am diffizilen Besoldungssystem der Polizei. Dafür müsste nicht nur Geld in die Hand genommen werden, sondern auch am komplizierten Gesetz für die Bezahlung in den Ministerien geschraubt werden. Ob sich das rechtzeitig ausgeht, um eine Auswirkung bei der Rekrutierung zu haben, ist offen.
Für die Zukunft stellt sich Goldgruber auch eine vollautomatische Exekutive vor. Mit dem Diensthandy oder -tablet sollen einfach Kfz-Kennzeichen fotografiert werden, das System würde dann automatisch sagen, was zu tun ist. Alles wird gleich dokumentiert, das Akten schreiben soll dann entfallen.
"Alles andere als professionell“
Vorerst muss sich der Generalsekretär aber noch mit der Gegenwart auseinandersetzen. In der BVT-Affäre gab er erstmals zu, dass „die Medienarbeit alles andere als professionell“ gewesen sein. Grund sei ein Medienerlass (des Innenministeriums), wonach nur die Staatsanwaltschaft zur Causa Stellung nehmen darf. Dieser könnte aber nun überarbeitet werden.
Es gibt darüber hinaus kaum mehr jemanden im Umfeld des Innenministeriums der nicht glaubt, dass die größte Polizeireform seit der Ära Ernst Strasser (2000 bis 2004) spätestens im kommenden Jahr bevorsteht. Die derzeitige FPÖ-Führungsspitze kann damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Es könnten einerseits längst notwendige Reformen angegangen werden und andererseits eigene Vertrauensleute dezenter in Spitzenpositionen gebracht werden. Zuletzt war etwa geplant, mit Ewald Ebner einen Mann aus dem Kabinett zum Chef des Bundeskriminalamts zu machen. Wegen der Wellen aus der BVT-Affäre wurde schließlich Franz Lang überraschend doch noch in letzter Sekunde verlängert.
Geplant ist laut Insidern eine Mega-Ausländerbehörde. Darin könnten nicht nur die Fremdenpolizei (Bundesasylamt) und ein geplanter Grenzschutz Platz finden, sondern auch Teile des Bundeskriminalamts, wie die Schlepper-Bekämpfung. Auch hierfür stünde im Kabinett bereits ein Vertrauter des mächtigen Generalsekretärs Peter Goldgruber als möglicher Chef bereit.
Spannend wird jedenfalls die angedachte Reform der
Kriminalpolizei. Dem KURIER haben mehrere Beamte berichtet, dass künftig spezialisierte Außenstellen entstehen sollen – quasi nur ein Kripozentrum für jedes Delikt. Statt Einbruchsermittlern in jedem Bezirk wäre dann nur mehr eine Dienststelle für ganz Wien zuständig, was von vielen heftig kritisiert wird. Laut der Fachzeitung Kriminalpolizei soll ein Kabinettsmitarbeiter den Plan kürzlich bei einem „Truppenbesuch“ bestätigt haben.
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