Gold-Krimi: Chefs räumten Konten ab

Sparer glaubten an lukratives Gold-Investment, aber wurden angeblich abgezockt.
Frühere Buchhalterin belastet die Führungsriege der Salzburger Firma Goldprofessionell schwer. Auch gab es einen Raubüberfall in Athen.

Der mutmaßliche Anlagebetrugs-Skandal um die Schweizer Goldprofessionell AG und ihre Tochter Goldprofessionell Austria weitet sich aus. Denn: Die inhaftierten Ex-Chefs Mathias L. und Torsten K. werden von ihrer früheren Buchhalterin massiv belastet.

"Wenn monatlich 200.000 Euro eingenommen wurden, überwiesen wir lediglich 80.000 Euro für die angeblichen Gold-Käufe an die Schweizer AG", sagte die Ex-Mitarbeiterin aus. Die zwei Geschäftsführer hätten "sehr geheimnisvoll getan, Fragen waren unerwünscht". Laut Insidern sollen sie die Gelder der Anleger großteils nicht in Gold und Silber investiert, sondern für Werbe- und Personalkosten verwendet haben. Zumindest 2700 Opfer sollen laut Aktenlage 13 Millionen Euro Schaden beklagen. Andere Schätzungen gehen von einer höheren Opferzahl und von bis zu 40 Millionen Euro Schaden aus.

Das System Goldprofessionell lief deshalb jahrelang wie geschmiert, weil die österreichischen Behörden offenbar versagten (siehe unten). Wie berichtet, verlockten die findigen Abzocker Sparer in Österreich, Deutschland, in der Schweiz, in Kroatien und in Serbien zu überaus sicheren Veranlagungen in Edelmetallen.

Bausparen mit Gold

Mit dem monatlichen Ansparplan "relaxxbonus" boten sie eine Art Bausparer in Gold und Silber an. Mit 50 bzw. 100 Euro war man im Monat dabei. Laufzeit: sechs Jahre. Weder Verwaltungsgebühren noch Lagerkosten wurden verrechnet. Und auf jede Einzahlung wurde eine saftige Prämie versprochen. Sie kauften die Edelmetalle nämlich zu "Spezialpreisen" ein. "9,5 Prozent mehr, als wenn Sie das Gold bei Ihrer Bank kaufen", heißt es in einem protzigen Werbevideo. Da hätten schon die Alarmglocken schrillen müssen.

Saftige Honorare

Erst im Februar 2016 untersagte die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma den Goldprofessionell-Jongleuren ihr dubioses Geschäft. Die Finma stufte die Tätigkeit als illegales Bankgeschäft ein und ordnete die Liquidation der Schweizer Goldprofessionell AG an. Die beiden Gold-Jungs sollen sich aber weiter fette Honorare von bis zu 15.000 Euro im Monat gegönnt haben.

Größere Geldbeträge

"Diese Herrschaften haben größere Geldbeträge aus der Goldprofessionell Austria entnommen", sagte die Buchhalterin aus. "Ich gehe davon aus, dass das Geld auf die privaten Konten der Leute floss." Indes hat der Wiener Anwalt Julian Korisek den Fall in Österreich erst richtig ins Rollen gebracht. Er vertritt mittlerweile mehr als 600 Geschädigte und hat zahlreiche Anzeigen erstattet. Fakt ist: Die Anleger müssen mit einem Totalverlust rechnen. In einzelnen Fällen geht es sogar um bis zu 70.000 Euro. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des schweren Betruges.

Buchhaltung in Berlin

Der Verdächtige Torsten K. war laut Gericht "anfangs nicht bereit, eine Erklärung über den Verbleib der Gelder bzw. der vermeintlich angekauften Edelmetalle abzugeben". Mittlerweile hat der U-Häftling seine Meinung geändert. "Mein Mandant kooperiert mit den Behörden, aber er bestreitet die Betrugsvorwürfe", sagt Lukas Kollmann, Verteidiger von K., zum KURIER.

"Senator Gold"

Torsten K. habe zugestimmt, dass die Unterlagen der Salzburger Firma, die er nach Berlin verbracht hat, den Ermittlern ausgehändigt werden. Da nach Platzen des Skandals im Februar 2016 der Name Goldprofessionell "verbrannt" war, werkte Torsten K. in Berlin unter dem Namen "Senator Gold" weiter. Auch Mathias L. bestreitet laut seinem Verteidiger Norbert Wess die Vorwürfe. Er kündigte eine Zusammenarbeit mit den Ermittlern an. Derzeit sitzt er in Deutschland in Auslieferungshaft.

Überfall in Athen

Indes soll Goldprofessionell-Geschäftsführer L. Opfer eines Raubüberfalls geworden sein. Laut Aktenlage soll er mit seinem Projektleiter Karl W. im Herbst 2015 nach Athen gereist sein, um 20 Kilogramm Bruchgold zu kaufen.

"Die Rahmenbedingungen wurden vereinbart und der vor Ort arbeitende Goldprofessionell-Mitarbeiter hatte die entsprechenden Vorgespräche geführt und Teile der Ware inspiziert", gab Karl W. am 24. Oktober 2016 beim Landeskriminalamt Salzburg zu Protokoll. Das dafür nötige Bargeld (600.000 Euro) sollen sie mit dem Geld-Transporteur Loomis nach Athen bringen haben lassen.

"Mein Part war vordergründig die Gespräche des Herrn Mathias L. auf Englisch zu führen und ihn auch bei dem Gesamtgeschäft zu unterstützen", sagte Karl W. als Zeuge aus. "Mit dabei waren auch noch zwei andere Personen aus dem Dunstkreis von Goldprofessionell. Das war Herr Assen M., ein Geschäftsmann aus Bulgarien, den ich persönlich seit vielen Jahren kenne und auch vertraue, sowie der für Goldprofessionell in Athen arbeitende Mitarbeiter, dessen Name mir momentan nicht einfällt."

Räuber mit Maschinenpistolen

Doch bei der Übergabe des Kaufpreises soll zu einem Raubüberfall gekommen sein. "Im Zuge der Übergabe in der Zentrale der Gold-Ankaufsfiliale in Athen stürmten zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete Täter herein, schlugen einen Angestellten der Gold-Ankaufstelle und auch Mathias L. nieder, nahmen das Geld an sich und sperrten uns in dem Geschäftslokal ein, indem sie alle Sicherheitsrolläden herunterließen", sagte Zeuge Karl. W. aus.

Drahtzieher geschnappt, aber Geld futsch

Noch in der selben Nacht sollen zwei Drahtzieher von der Athener Polizei geschnappt worden sein, auch das gab jedenfalls Karl W. bei einer Zeugen-Einvernahme am 24. Oktober 2016 zu Protokoll.

"Wobei es sich dabei um den Geschäftsführer und Eigentümer des (Athener) Unternehmens sowie um seinen Sicherheitsschef handelte", sagte Karl W. bei der Polizei in Salzburg aus. "Nach meinem Wissensstand sind diese Personen nach wie vor in Haft. Das Geld blieb bisher verschwunden."

Der Anwalt eines Täters soll den Anwalt von Goldprofessionell in Athen kontaktiert und angeboten haben, "dass das Geld zurückzugeben wird, falls man für seinen Mandanten günstig aussage". Das klingt aber eher nach einer sprichwörtlichen Räuberpistole. Unterlagen der griechischen Polizei über den Überfall liegen angeblich im österreichischen Strafakt noch keine vor.

Die Wiener Finanzmarktaufsicht (FMA) fühlt sich nicht zuständig. Am 13. Juli 2011 teilte eine FMA-Mitarbeiterin der Salzburger Goldprofessionell mit, dass der Handel mit physischen Gold kein Finanzinstrument darstelle und somit die Tätigkeit der Gold-Dealer keiner Konzessionspflicht unterliege. Oder anders gesagt: Goldhandel sei kein Finanzgeschäft, sondern bloß ein Gewerbe.

Das sieht der Wiener Anlegeranwalt Wolfgang Haslinger ganz anders. Er wirft der FMA völliges Versagen vor.

Gold-Krimi: Chefs räumten Konten ab
Mag. Dr. W. Haslinger
„Obwohl die Finanzmarktaufsicht seit Längerem Kenntnis hatte, dass der Betrieb der Goldprofessionell missbrauchsanfällig ist, ist sie viel zu spät tätig geworden“, wettert Haslinger, der einige Hundert Geschädigte vertritt, im Gespräch mit dem KURIER.

„Bei korrekter Prüfung hätte die FMA die Tätigkeit der Goldprofessionell bereits 2011 untersagen müssen, weil bereits damals der Verdacht bestand, dass das Unternehmen ein verbotenes Einlagengeschäft, sprich ein konzessionspflichtiges Bankgeschäft betreibt.“ Haslinger hat für seine Rechtsansicht eine einfache Erklärung: Goldprofessionell habe die Edelmetalle großteils in nicht handelsüblichen Stückelungen verkauft – insbesondere war das beim relaxxbonus-Ansparplan der Fall.

„Wenn man die Depotlisten durchschaut, sieht man, dass eine Zuordnung von zum Beispiel 43,39 Gramm Gold keine handelsübliche Stückelung darstellt“, sagt der Anwalt. „Diese Kleinanteile hinter dem Komma konnte Goldprofessionell den Anlegern gar nicht physisch zuordnen.“ Laut Aktenlage hat die FMA aber erst am 17. Juli 2016 eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt.

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