"Will nicht, dass Muslime Mehrheit sind"

FPÖ-Klubobmann Geza Molnar ist Nachfolger des jüngst verstorbenen Gerhard Kovasits
Géza Molnár: Der neue FPÖ-Klubchef über Hans Niessl als Schmiedl, die Mängel der EU und die "Identitären".

KURIER:Jüngst haben Sie SPÖ-Klubchef Robert Hergovich mit "lieber Robert" angesprochen. In all den Jahren Rot-Schwarz gab‘s nie solche Töne. Wie konnten Rot und Blau einander so schnell so lieb gewinnen? Géza Molnár: Es ist ein großer Vorzug dieser Koalition, dass sie auch zwischenmenschlich funktioniert.

Weil ideologisch zusammenwächst, was zusammengehört? Bei den momentan dominierenden Themen Sicherheit, Asyl und Arbeitsmarkt ist eine Nähe gegeben, aber im Bildungsbereich etwa wird die eine Seite die andere nicht hinüberziehen können.

Sie halten am Gymnasium fest?Ja, aber der Landtagsbeschluss, dass es keine Zwangskonvertierung geben wird, ist ein großer Fortschritt. Als die ÖVP in der Regierung saß, gab‘s das nicht.

Unstimmigkeiten gab es auch bei der Erhöhung der Tagsätze für minderjährige Flüchtlinge bis 95 Euro. Die SPÖ hatte die Auszahlung schon bestätigt, die FPÖ war dagegen. Was nun?Es wird eine Lösung geben, mit der beide leben können.

Deutlich unter 95 Euro?Ja.Sie haben beim Parteitag gemeint, die SPÖ sei einer FPÖ-Regierung beigetreten. Ich will nicht zu viel Gewicht in diese Aussage legen, das war Parteitagsrhetorik...

Aber bewusst formuliert.Natürlich. Gerade bei Sicherheit, Asyl und Arbeitsmarkt ist die burgenländische SPÖ schon länger anderer Meinung als die Genossen in anderen Bundesländern und im Bund. Deshalb habe ich gesagt, der Kugelschreiber mag manchmal etwas rot schimmern, aber er schreibt blau.

Die FPÖ gibt Themen vor, der SP-Landeschef vermarktet sie? Auch Hans Niessl wird‘s nicht schaffen, aus dem Schmiedl den Schmied zu machen. Wir hatten bei der Landtagswahl ein sattes Plus, die SPÖ ein Minus.

Die von Rot-Blau forcierten Grenzkontrollen und Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit stellen EU-Grundfreiheiten in Frage. Würden Sie der EU eine Träne nachweinen?Dieser EU nicht, dem europäischen Projekt schon. Wir unterstützen ein friedliches Europa, den Binnenmarkt und ein Europa souveräner Nationalstaaten. Die Frage ist, ob die EU zur Reform fähig ist. Was ich nie verstand, warum man die EU nicht langsam wachsen ließ.

Sind unsere Nachbarstaaten im Osten zu früh beigetreten?Natürlich. Wenn man die extremen Lohnunterschiede am Arbeitsmarkt anschaut, konnte man nicht davon ausgehen, dass das funktioniert.

Soll Österreich austreten? Sollte es zu einem EU-Beitritt der Türkei kommen oder die Haftungs- und Schuldenunion munter fortgesetzt werden, würde ich bei einer Volksabstimmung für den EU-Austritt stimmen.

Hat das Burgenland von den EU-Förderungen profitiert?Jein. Geld ist nicht alles, abgesehen davon ist Österreich Nettozahler. Was habe ich von Förderungen, die das Land zugegebenermaßen sehr viel weitergebracht haben, wenn ich auf der anderen Seite durch Öffnung von Grenzen und Arbeitsmarkt große Nachteile erleide.

EU-Skeptiker ist auch FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer. In der SPÖ geht die Angst um, er könnte am Sonntag auch im Burgenland vor Rudolf Hundstorfer liegen?Zuzutrauen wäre es ihm.

Erwarten Sie eine Wahlempfehlung der SPÖ für Hofer, wenn der Burgenländer in die Stichwahl kommt und Hundstorfer nicht?Ich bin grundsätzlich kein Anhänger von Wahlempfehlungen, aber das muss die SPÖ-Burgenland entscheiden. Eine Empfehlung ist nichts, was man verlangen würde, ganz und gar nicht.

Hofer war ein Architekt von Rot-Blau im Burgenland – eine Probe für Rot-Blau im Bund? In erster Linie eine Probe für die FPÖ. Uns wird vorgeworfen, wir seien nicht regierungsfähig. Ich verstehe das angesichts der Bundesregierung nicht, die täglich beweist, dass sie nicht regieren kann.

Mit wem sollte die FPÖ im Bund koalieren?Ich habe keine Präferenz. Allerdings kann ich mir eine Koalition mit Faymann (Werner, SPÖ-Kanzler, Anm.) nicht vorstellen, mit jemandem wie Niessl aber sehr wohl.

Oder mit dem jetzigen Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil? Ich mache das sicher nicht an Personen fest. Bei Rot und Schwarz im Bund ist so viel in Bewegung, dass eine Prognose über die künftigen Spitzen nicht möglich ist.

Was immer wieder an der Regierungsfähigkeit der FPÖ zweifeln lässt, sind Kontakte zu rechtsextremen Gruppen. Sie waren im Vorjahr in Eisenstadt bei einem Vortrag der "Identitären", die vorm "großen Austausch" warnen: Österreicher würden durch "Unmengen an Einwanderern" ersetzt. Der Begriff rechtsextrem wird inflationär gebraucht. Selbst wenn‘s so wäre, ist das ein Grund mehr, mit ihnen zu sprechen, um sie zu demokratisieren. Ich wollte mir selbst eine Meinung bilden. Auch der Verfassungsschutz war vor Ort, ich habe ihn selbst hereingebeten. Der Inhalt des Vortrags war unbedenklich, fast langweilig. Es ging um Bevölkerungsprognosen. Was passiert in 20, 30 Jahren, wenn die Zuwanderung so weiterläuft.

Was passiert? Es könnte dazu kommen, dass Muslime die Mehrheit bilden und das möchte ich nicht. In diesem konkreten Punkt teile ich die Befürchtung der Identitären.

Würden Sie die "Identitären" ins Burgenland einladen? Ich sehe dafür keinen Anlass. Aber wenn sie wieder einmal einen Vortrag im Burgenland haben, schließe ich nicht aus, hinzugehen – vorausgesetzt, Umstände, Thema und Vortragende wären unbedenklich. Es darf in der Demokratie keine Verbote geben, in welche Vorträge man geht.

Und dass "Identitäre" in Graz das Dach der Grün-Zentrale enterten und in Wien ein Theaterstück mit Flüchtlingen störten? Alles, was Recht bricht, geht zu weit. Punkt.

Sind Sie Mitglied bei einer Burschenschaft? Beim Corps Hansea, um genau zu sein. Das ist eine schlagende Studentenverbindung in Wien. Aber ich war schon länger nicht mehr dort, es fehlt mir die Zeit.

Waffen tragen Sie aber keine? Nein, aber ich schieße mehrmals jährlich als Mitglied der Eisenstädter Schützengesellschaft mit einem alten Karabiner und Platzpatronen in die Luft.

Sie sind noch keine 32 Jahre und haben schon alle Höhen und Tiefen einer Parteikarriere durchlebt. Vor drei Jahren mussten Sie nach dem schlechten Ergebnis für Parteichef Hans Tschürtz als Klubdirektor und Landesparteisekretär gehen, jetzt sind sie Klubchef und Vize von Tschürtz in der FPÖ. Es war eine massive Achterbahnfahrt. Der Rückhalt durch meine Mitstreiter in Eisenstadt und im Bezirk haben mich damals in der Politik gehalten. Was im Frühjahr 2013 passiert ist, hat nicht nur mich menschlich zutiefst getroffen, sondern auch Hans Tschürtz. Dass er die Partei wieder so konsolidiert hat, ist sein großes Verdienst.

Sie wollen sicher nicht 30 Jahre Klubchef bleiben, zieht es Sie nach Wien? Momentan nicht, allein schon aus familiären Gründen, ich habe zwei kleine Kinder. Aber die Bundespolitik ist immer interessant, schauen wir einmal. Bei mir sind die Sprünge immer sehr schnell gegangen. Ich wäre froh, wenn ich mich eine Zeitlang als Klubchef festigen und vor mir selbst beweisen könnte.

Werden Sie 2017 in Eisenstadt als Bürgermeisterkandidat antreten? Aus heutiger Sicht ja. Den Bürgermeistersessel werde ich wohl nicht schaffen, aber ich will die Absolute der ÖVP knacken.

Könnte es wie in Oberwart auch in Eisenstadt eine Zusammenarbeit von Rot und Blau geben? In Eisenstadt ist alles denkbar. Verliert die ÖVP die Absolute, halte ich Schwarz-Grün für wahrscheinlich.

Verlöre Thomas Steiner den Bürgermeister, hätte das auch Konsequenzen für seinen Job als ÖVP-Landeschef? Steiner ist auf allen Ebenen zum Siegen verdammt.

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