Um dem Redakteur freundlicherweise ein bisschen Arbeit zu ersparen, hat Wenth das Dialogsystem gebeten, eine Einleitung für diesen Artikel zu schreiben. Das Programm hat weniger als zehn Sekunden dafür gebraucht. Das Beseitigen von journalistischen Schreibblockaden ist aber nur eines von unzähligen Beispielen dafür, wie künstliche Intelligenz (KI) den menschlichen Alltag verändern kann. Denn ChatGPT unterscheidet sich grundlegend von „herkömmlicher“ Assistenzsoftware wie Siri und Alexa, wie Andreas Wenth erklärt: „Die bisherigen Sprachassistenten sind ja furchtbar dumm. ChatGPT versteht alles viel besser und lernt dazu. Version 3.5 ist unglaublich gut.“
In seinem neuen Ratgeber hat Andreas Wenth 400 Vorschläge für Aufgaben gesammelt, die man ChatGPT stellen kann. Manchen Leser wird vielleicht überraschen, dass überhaupt schon ein Buch über die neueste Version des Programmes erhältlich ist – ChatGPT 3.5 wurde schließlich erst im November 2022 ausgerollt.
Der Chatbot als Co-Autor
Wie das Fachbuch so schnell auf den Markt gebracht werden konnte, erklärt der Geschäftsführer der Digitalagentur „Clicksgefühle“ so: „Zu Weihnachten ist die Firma für zwei Wochen zu, da nehme ich mir immer ein Projekt zum Nachdenken mit. Da ChatGPT gerade so ein heißes Thema war, habe ich mich hingesetzt und gesagt: ‚ChatGPT, schreib mir ein Buch‘. Daraufhin hat mich das Programm gefragt, was das Thema sein soll.“
Das Ergebnis des Experiments ist gleichzeitig der Beweis dafür, wie gut KI schon funktioniert. Denn Andreas Wenth hat seinen Ratgeber „im Dialog“ mit der KI geschrieben, wie er mit einem Schmunzeln sagt: „Ich wollte das Konzept auf die Spitze treiben: Mit ChatGPT über ChatGPT schreiben“.
Sogar die Hörbuch-Version des Ratgebers (die es auf der Plattform Spotify zu hören gibt) wurde von einer KI eingesprochen; und auch die Illustrationen sowie das Buchcover sind computergeneriert. So hat es Wenth geschafft, das 120-Seiten-Buch in nur einer Arbeitswoche von circa 40 Stunden fertigzustellen.
Auto kaputt? KI statt Mechaniker fragen
Während der Entstehung des Ratgebers hat der Neusiedler die KI-Technologie sozusagen auf „Herz und Nieren“ überprüft. Dabei hat er festgestellt, dass der Chatbot der US-Firma „Open AI“ auch in der Lage ist, komplexe alltägliche Probleme zu lösen, für die man normalerweise eine Fachkraft bezahlen müsste. „Ich habe mir vor Kurzem ein altes amerikanisches Auto gekauft. ChatGPT kann mir aufwendige Reparaturen erklären. Das Ding ist gescheit“, staunt der Digital-Experte.
Ob er sich als Sozialdemokrat – Wenth sitzt seit sechs Jahren für die SPÖ Neusiedl im Gemeinderat – Sorgen macht, dass ChatGPT zahllose Arbeitsplätze obsolet machen könnte? „Früher gab es in jeder Ortschaft einen Schuster. Die sind sang- und klanglos verschwunden. Die Arbeitswelt verändert sich ständig und sehr viele Vorgänge werden in Zukunft automatisiert ablaufen.“
Noch nicht ganz automatisiert arbeitet Andreas Wenth unterdessen bereits an Teil zwei seines ChatGPT-Ratgebers, der die nächste Version (GPT-4) der revolutionären Software thematisieren wird. „Das Buch ist schon zur Hälfte fertig, im April muss es da sein“, gibt Wenth das sportliche Ziel vor.
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