Widerstand gegen Immobilienprojekt in Sankt Georgen
Eisenstadt nimmt für sich in Anspruch, "Urbanität und dörfliche Vorzüge" zugleich zu bieten. In Sankt Georgen, das ebenso wie Kleinhöflein Anfang der 1970-er Jahre eingemeindet wurde, fürchtet man jetzt aber um eben diese "dörflichen Vorzüge".
Anlass ist ein geplantes Bauprojekt am nordöstlichen Rand der Weinbaugemeinde, in der knapp 2.700 der 16.000 Einwohner Eisenstadts leben.
Die Famosahaus Bauträger GmbH mit Sitz in Wien-Meidling plant auf einem fast 12.000 Quadratmeter großen, langgestreckten Grundstück zwischen Sätzenweg und Klausenweg die Errichtung von 18 Einfamilienhäusern und zehn Doppelhäusern im Eigentum (insgesamt also 38 Wohneinheiten).
Die Häuser haben eine Wohnfläche von 100 bis 110 Quadratmeter, dazu gibt es Gärten unterschiedlicher Größe.
Das Projekt wurde im Rathaus der Freistadt eingereicht, eine Bauverhandlung hat bereits stattgefunden, ein Verkehrsgutachten wurde in Auftrag gegeben. Wenn alles klappt, erwartet Famosahaus-Geschäftsführer Wolfgang Granser die Baubewilligung "im kommenden Jahr, danach gehen wir in den Verkauf".
Der Baubeginn ist frühestens 2025, Bauzeit 12 bis 24 Monate.
Nicht nur die unmittelbaren Anrainer, mit denen der KURIER gesprochen hat, sind erbost über das "Megaprojekt", sondern auch viele andere Dorfbewohner. Eine von Heurigenwirt Daniel Pachinger in die Wege geleitete Petition an Bürgermeister Thomas Steiner (ÖVP) haben bereits knapp 400 Menschen unterschrieben. Mittlerweile hat auch die oppositionelle SPÖ Eisenstadt das Thema aufgegriffen.
Die Petition fürchtet durch die 38 Wohneinheiten "Kapazitätsgrenzen" für Kindergarten und Volksschule, aber auch fürs Kanalsystem und die Zufahrten; Sätzen- und Klausenweg sind tatsächlich nur schmale Wege.
Das wundert Famosahaus-Geschäftsführer Granser, von massivem Protest habe er nichts bemerkt. Es werde ein Überlaufbecken für ein 50-jähriges Hochwasser geben, der Sätzenweg werde wohl verbreitert und man bebaue nur 22 Prozent der Fläche, obwohl 35 Prozent möglich wären.
Pachinger & Co beruhigt das nicht. Das Grundstück solle "nur für Privatbauplätze" umgewidmet werden.
Das, so scheint`s, ist aus Sicht der Anrainer der Knackpunkt: Dass auch das letzte verfügbare Baugrundstück innerhalb der im Stadtentwicklungsplan festgelegten "dauerhaften Siedlungsgrenze" einmal verbaut würde, war allen klar.
Aber es sollten doch bitte höchstens zehn bis 15 ortsübliche Einfamilienhäuser sein, damit der dörfliche Charakter bewahrt bleibe, so der Tenor.
Als im September 2019 im Eisenstädter Gemeinderat mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ die Baulandfreigabe erteilt wurde, sprach ein ÖVP-Gemeinderat noch von "dringlichen Bauwünschen" als Grund. Von Anrainern erfuhr der KURIER, dass vor Jahren Einheimische bauen wollten, es habe aber alles zu lange gedauert.
Im März 2021 haben jedenfalls sieben Grundeigentümer das in Summe fast 12.000 Quadratmeter große Grundstück um insgesamt 3,6 Millionen Euro (300 je Quadratmeter) an eine Wiener Projektentwicklungsgesellschaft verkauft.
Im Mai 2022 hat diese Projektentwicklungsgesellschaft das Grundstück an die Famosahaus Bauträger GmbH weiterverkauft - um 5,1 Millionen Euro. Der Preis sei "leider hoch gewesen", so Granser zum KURIER, aber Bauland sei eben "ein knappes Gut".
Die Projektentwicklungsgesellschaft habe sich das Bauvorhaben letztlich wohl "nicht zugetraut" und die Famosahaus war nach Abschluss eines Projekts in NÖ gerade auf der Suche nach einem neuen Grundstück.
Was sagt das Eisenstädter Rathaus? "Natürlich war der Grundgedanke der Umwidmung, dass die Grundstückseigentümer hier bauen. Aber ob der Auftrag zum Bau von einer Privatperson oder einer Firma erteilt werde, liegt nicht im Einflussbereich der Stadt". Entscheidend sei, dass der beschlossene Bauzonenplan regelt, dass nicht – wie früher möglich und vom ersten Bauträger geplant – riesige Siedlungsbauten, sondern ausschließlich Einfamilien- und Doppelhäuser entstehen können".
Und: "Der gesamte Umwidmungsprozess war transparent und mehrfach im Gemeinderat Thema und fand die Zustimmung der SPÖ".
"Ja", sagt SPÖ-Klubchef Christoph Fertl, aber auf der Grundlage, dass die ursprünglichen Grundstückseigner oder andere Eisenstädter dort bauen.
Kommentare