Schöner Wohnen in Weiden am See: Bauherrenpreis für Haus mit Schilfdach
Architektonisch konnte das Burgenland in den vergangenen Jahren nicht besonders oft mit Leuchtturmprojekten auf sich aufmerksam machen. Dieser Eindruck entsteht zumindest, wenn man die Liste der Preisträger des Bauherrenpreises nach burgenländischen Beiträgen durchforstet.
Seit 1967 vergibt die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs die begehrte Trophäe für Projekte, die einen Mehrwert für die Baukultur darstellen. Ins Burgenland ging der Preis seither erst drei Mal; zuletzt 2014, als das Betriebsgebäude "Office OFF" in Steinberg-Dörfl die Jury begeistern konnte.
Ein Einfamilienhaus in Weiden am See hat am vergangenen Freitag die zehn Jahre währende Durststrecke beendet. Das Domizil der Familie van Hoorne in der Pappelgasse betrachtet die Jury als "nicht nur architektonisch überzeugend, sondern auch zukunftsweisend und nachhaltig".
Das 2022 nach einem Plan des Züricher Architekten Gilbert Berthold fertiggestellte Gebäude begeisterte die Fachleute gleich auf mehreren Ebenen. Zum einen wurde das Holzhaus mit Schilfdach aus nachhaltigen Rohstoffen gefertigt.
Kleiner Fußabdruck
Weiters verursacht das Heim aufgrund seiner überschaubaren Größe weitaus weniger Bodenversiegelung als die Nachbarhäuser in der typisch nordburgenländischen Wohnsiedlung. "Ein durchlichteter Wohnraum, flankiert von kompakten Nebenräumen, ein Lattenkleid aus Eichenholz, that's it", beschreibt die Architektenjury das einzigartige Haus.
Hier können Sie einen Blick in das preisgekrönte Haus werfen:
Das Gebäude ist für Jacobus van Hoorne, seine Frau Marina und ihre Kinder mehr als nur ein gemütliches und ästhetisch ansprechendes Zuhause. Das Haus ist sozusagen auch ein Aushängeschild für das Geschäft des Hausherrn: Van Hoorne ist Schilfschneider und Dachdecker in zweiter Generation. Das Dach hat er selbst gemacht.
Der Weidener hat eine vielversprechende Karriere als Physiker nach sieben Arbeitsjahren am CERN an den Nagel gehängt, um das Handwerk des Vaters fortzuführen, der einst von Holland ins Burgenland ausgewandert ist. Sein erklärtes Ziel: "Die Wiederbelebung des Schilfdaches in Österreich zu ermöglichen."
Ein großes Hindernis auf dem Weg dorthin konnte er bereits beseitigen: Die Brandschutzvorschriften in Österreich haben lange Zeit verhindert, dass Schilfdächer in dicht verbauten Gebieten gebaut werden dürfen.
Für den Bauherrenpreis 2024 wurden 119 Projekte eingereicht, 23 kamen in die engere Auswahl. Die drei Gewinner wurden von einer dreiköpfigen Experten-Jury ausgewählt. Die Preisverleihung fand am vergangenen Freitag in Vorchdorf (OÖ) statt.
Ausstellung passend zum Thema: Der Architekturraum Burgenland (Fanny-Elßer-Gasse 4, Eisenstadt) zeigt noch bis 19. Jänner die Ausstellung „Haus Hof Dorf“ über ländlichen Wohnbau.
An der Wiener Prüfanstalt für Brandverhalten konnte Jacobus van Hoorne jedoch nachweisen, dass ein fachmännisch hergestelltes Schilfdach nicht in Vollbrand gerät und aufgrund der sehr langsamen Brandausbreitung keine Einwirkung auf Nachbargebäude zu befürchten ist. Dank der Pionierarbeit des studierten Physikers ist es jetzt wieder einfacher, behördliche Bewilligungen für Schilfdächer und Fassaden zu bekommen.
Bleibt also zu hoffen, dass das Schilf, dass van Hoorne und seine Arbeiter jeden Winter am Neusiedler See ernten, wieder vermehrt in der Region zum Einsatz kommt - derzeit werden mehr als 90 Prozent des Naturbaustoffs in das Ausland exportiert.
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