Übergewicht als Karrierefalle: Frauen im Bewerbungsprozess benachteiligt?
Übergewichtige Frauen haben es im Bewerbungsprozess deutlich schwerer als ihre männlichen Kollegen. Während übergewichtige Männer von Personalverantwortlichen häufig als souverän und vertrauenswürdig wahrgenommen werden, lösen übergewichtige Frauen oft negative Emotionen aus.
Zu diesem alarmierenden Ergebnis kommt ein Experiment der FH Burgenland, das mithilfe modernster Emotionsmessungen und Eye-Tracking-Methoden durchgeführt wurde.
"Grundsätzlich konnte ich beobachten, dass der Anblick von Bewerberinnen grundsätzlich mehr Emotionen bei den Personalverantwortlichen auslöst, als der Anblick von Bewerbern. Die negativsten Gesichtsausdrücke rief dabei die übergewichtige fiktive Bewerberin hervor. Bei den Männern war es so, dass der übergewichtige Mann sogar besser beurteilt wurde, als der normalgewichtige", ist Studienautorin Vedrana Vasicek überrascht.
Diese unbewussten Vorurteile könnten weitreichende Folgen für die Karrierechancen von Frauen haben.
Die Studie, die im Rahmen des Masterstudiengangs Human Resource Management und Arbeitsrecht durchgeführt wurde, untersucht, wie stark das Körpergewicht von Bewerberinnen die emotionale Reaktion von Personalverantwortlichen beeinflusst. Dazu setzten Vasicek und ihr Team auf eine Kombination aus Emotionsmessung mittels Galvanic Skin Response (GSR), Eye-Tracking zur Analyse der visuellen Aufmerksamkeit und Gesichtsausdrucksanalyse (Facial Expression Analysis, FEA).
30 Probandinnen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und sahen sich Lebensläufe von zwei fiktiven, gleich qualifizierten Personen an – einmal von einem schlanken Mann und einer schlanken Frau, und in der zweiten Gruppe von einem übergewichtigen Mann und einer übergewichtigen Frau.
Übergewicht bei Männern wird positiv interpretiert
Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Während übergewichtige Männer im Bewerbungsprozess sogar besser bewertet werden als ihre normalgewichtigen Kollegen, stoßen übergewichtige Frauen auf Ablehnung. "Bei den Männern wurde Übergewicht als Zeichen von Souveränität und Vertrauenswürdigkeit gewertet", erklärt Vasicek. "Das zeigt, wie tief verwurzelte Geschlechterstereotype in unseren Entscheidungsprozessen verankert sind."
Die übergewichtigen männlichen Bewerber schnitten in der Beurteilung sogar besser ab als die normalgewichtigen, während die übergewichtige Bewerberin deutlich negativere Reaktionen hervorrief als ihre schlanke Kollegin.
Unbewusste Vorurteile beeinflussen Entscheidungen
Obwohl die erste Reaktion der Personalverantwortlichen negativ war, blieben sie am Ende des Entscheidungsprozesses objektiv: Die geeignete Person bekam den Job, unabhängig vom Körpergewicht. Dennoch sieht Vasicek in diesen unbewussten Vorurteilen ein ernstes Problem. "Solche spontanen Reaktionen können im gesamten Auswahlprozess unbewusst eine Rolle spielen", warnt sie. Besonders in Berufsfeldern, in denen das Körpergewicht keinen direkten Einfluss auf die Arbeitsleistung hat, müsse man verstärkt auf objektive Beurteilungen achten.
Die Studienautorin hebt hervor, dass die Ergebnisse ein deutliches Signal an die Gesellschaft senden. "Es ist verständlich, dass in bestimmten Berufen, wie zum Beispiel bei Feuerwehrleuten oder im Außendienst für Sportprodukte, körperliche Fitness eine Rolle spielt. Aber in den meisten anderen Berufsgruppen sollte das Gewicht keine Rolle spielen. Hier müssen faire und objektive Bewerbungsprozesse gewährleistet sein."
Wenig Forschung zum Faktor Körpergewicht
Das Experiment ist eines der wenigen, das den Einfluss von Körpergewicht auf die Entscheidungen von Personalverantwortlichen untersucht. "Zum Faktor Körpergewicht im Entscheidungsprozess von Personalverantwortlichen gibt es bisher nur wenig Forschung", erklärt Vasicek. Umso überraschender seien die Ergebnisse. Besonders die Tatsache, dass übergewichtige Männer im Vergleich zu normalgewichtigen Bewerbern positiver wahrgenommen werden, während übergewichtige Frauen auf Ablehnung stoßen, zeige, wie stark Geschlechterstereotype in der Arbeitswelt verankert sind. "Es ist wichtig, ein gesellschaftliches Bewusstsein für diese spontanen Reaktionen zu schaffen", so Vasicek abschließend.
Kommentare