Superinvasoren: "Artenvielfalt ist in Gefahr"

30 Prozent aller Pollenallergien werden im Raum Wien durch Ragweed ausgelöst.
Die Grünen warnen vor Ausbreitung schädlicher Pflanzen. Experte Karl Hillebrand erklärt, worauf man im Garten achten soll.

In den Gärten und auch auf öffentlichen Plätzen ist er in den vergangenen Jahren immer öfter anzutreffen. Er wehrt nicht nur ungebetene Einblicke in die privaten Naturparadiese ab, sondern zeigt auch das ganze Jahr über seine (grüne) Pracht. Doch dass der ursprünglich aus Kleinasien stammende Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) auch Probleme schafft, davor warnt jetzt der Grüne Umweltschutzsprecher Wolfgang Spitzmüller.

„Kirschlorbeer ist ein sogenannter Neophyt, verdrängt also die heimischen Pflanzen und verbreitet sich – auch wegen der Klimaerwärmung – sehr rasch. Das gefährdet unsere Artenvielfalt“, sagt Spitzmüller.

Weil es bereits „sehr viele dieser Neophyten“ im Burgenland gebe, müsse deren Ausbreitung „unbedingt verhindert werden“, appelliert Spitzmüller an Gartenbesitzer und Gemeinden.

Aus Sicht der Wissenschaft

Doch wie wird die Gefahr durch superinvasive Pflanzen aus wissenschaftlicher Sicht beurteilt? Karl Hillebrand, Experte aus Jois (Bezirk Neusiedl am See) sieht neue Pflanzen aus anderen Gefilden nicht generell als Bedrohung für die pannonische Landschaft.

„Nicht jede neue Pflanze ist invasiv. Die meisten machen kein Problem“, sagt Hillebrand. Er hat an der Universität für Bodenkultur Wien u. a. Pflanzenwissenschaften studiert und ist neben seinen Lehrtätigkeiten an der Donau-Uni Krems und in Zürich als Berater tätig.

Superinvasoren: "Artenvielfalt ist in Gefahr"

Pflanzenexperte Karl Hillebrand

Mehr noch als den Kirschlorbeer sieht er Neophyten wie Ragweed (Ambrosia artemisiifolia), die Allergien auslösen können, oder den Götterbaum (Ailanthus altissima), der die Steppenrasen gefährdet, vor allem im Nordburgenland als Gefahr.

"Keine Spinnerei von Ökos"

Besonders  die nicht fachgerecht durchgeführte Entsorgung des Baum- bzw Strauchschnittes sieht der Wissenschafter als problematisch. Befinden sich Früchte auf dem  Schnittmaterial, könnten sich die Neophyten noch rascher ausbreiten. „Das ist keine Spinnerei von Ökos“, sagt Hillebrand. Den Leuten sei oft gar nicht bewusst, was es für Auswirkungen haben könne, kippe man den Baumschnitt auf Wald und Wiese.

Alternativen für den Garten

Soll man nun auf den Kirschlorbeer oder den Götterbaum im Garten ganz verzichten? Hillebrand rät jedenfalls, Pflanzen, bei denen befürchtet wird, dass sie invasiv sein könnten, zu vermeiden. Denn es gebe ohnehin „viele Alternativen“.

Statt dem Götterbaum empfiehlt er die Blumenesche (fraxinus ornus). Anstelle des Kirschlorbeer sei es besser, auf den heimischen Liguster (ligustrum vulgare) zu setzen. Generell aber sei es ratsam, auf Monokulturen zu verzichten. „Wenn ich beispielsweise auf hunderten an Metern dieselbe Pflanze ansetze, ist das Risiko hoch, dass sie von Parasiten befallen werden könnten.“ Wichtig sei es, auf Vielfalt zu setzen. Zudem empfiehlt Hillebrand, sich – abhängig von der Beschaffenheit des Bodens – nach standortgerechten Pflanzen zu erkundigen.

Weil die Leidenschaft für die „Natur vor der Haustür“ in Zeiten der Pandemie gestiegen ist, bietet der Experte auch Fachberatung via Video-Chat an. Die Lust am „Garteln“ sei jedenfalls auch in sozialer Hinsicht begrüßenswert, sagt Hillebrand: „Der gegenseitige Austausch macht den Garten zum sozialen Medium.“

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