Selbstversuch: So wirkt Alkohol auf die Reaktionsgeschwindigkeit

Selbstversuch: So wirkt Alkohol auf die Reaktionsgeschwindigkeit
Der KURIER hat einen "wissenschaftlichen Trinkversuch" mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit gemacht.

Eines vorweg: Grundsätzlich empfiehlt es sich, das Lenken eines Fahrzeuges und Alkoholgenuss strikt voneinander zu trennen. Angesichts zuletzt deutlich gestiegener Anzeigen wegen Alkohol am Steuer im Burgenland (+28 Prozent 2022, siehe Infobox), erinnert das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) wieder eindringlich an das Credo „Don“t drink and drive!“

Für den gelernten Österreicher gilt hingegen die Faustregel: Ein, zwei Bier oder Achterl Wein machen doch nix. Um zu überprüfen, ob das stimmt, hat das KfV zum „wissenschaftlichen Trinkversuch“ im Gasthof Ohr in Eisenstadt eingeladen. Der Autor dieser Zeilen ließ sich nicht zwei Mal bitten.

Zum Versuchsablauf: Zuerst wird getrunken, dann der Promillewert ermittelt und zu guter Letzt ein Reaktionstest durchgeführt. Ich nehme mir vor, mein übliches Limit einzuhalten, wenn ich vorhabe, noch selbst zu fahren. Das wären im Rahmen eines reichhaltigen Abendessens zwei Krügerl Bier.

Mythen im Faktencheck

Um Alkohol-Mythen, wie den von der „ordentlichen Grundlage“ zu überprüfen, wurde beim Versuch nicht nur getrunken, sondern auch gegessen. Ob das erste Bier vom deftigen Zwiebelrostbraten ausgebremst wird?

KfV-Verkehrspsychologe Rainer Kastner kennt die Antwort: „Auch wenn immer wieder Gerüchte kursieren, dass man durch die Einnahme von fetten oder üppigen Mahlzeiten mehr verträgt, ist da nicht wirklich was dran. Die Aufnahme von Alkohol aus dem Magen ins Blut wird durch Mahlzeiten nur minimal verzögert.“

Und tatsächlich – der Alkotest nach dem ersten Bier zeigt 0,49 Promille. Also nur haarscharf im legalen Bereich, was Autofahren betrifft. Der Alkomat dürfte aber wohl auf den Restalkohol im Mundraum angesprungen sein, relativiert Kastner. Für ein seriöses Testergebnis sollten 15 Minuten nach dem letzten Schluck vergangen sein. Nach kurzer Wartezeit bescheinigte mir der Alkomat, nur noch 0,38 Promille intus zu haben – was immer noch deutlich mehr ist, als ich mir von einem Krügerl erwartet hätte.

Selbstversuch: So wirkt Alkohol auf die Reaktionsgeschwindigkeit

Im Zuge des Tests kommt die Frage auf, ob sich Alkotester „austricksen“ lassen? Gerüchten zufolge sollen Messwerte durch Hyperventilieren oder Kaugummikauen vor der Testabgabe gesenkt werden können. Der Verkehrspsychologe winkt ab: „Die modernen und geeichten Alkomaten sind mit legalen Methoden heutzutage faktisch nicht mehr zu überlisten.“

0,1 Promille pro Stunde

Das Einzige, das den Blutalkoholwert verlässlich sinken lässt, ist Zeit – und zwar circa 0,1 Promille pro Stunde, unabhängig von Körpergröße, Geschlecht und Alter. Auch Koffein oder Schlaf beschleunigen den Abbau nicht.

Damit mein Alkoholwert vor dem Reaktionstest nicht zu schnell sinkt, wird das zweite Bier bestellt. Der nächste Test zeigt einen Wert von 0,23 Promille.

Nachdem der Braten verzehrt und das zweite Bierglas zur Hälfte geleert ist, geht es an den Reaktionstest. Dabei muss ein Knopf gedrückt werden, wenn eine gewisse Farb- und Tonkombination zu sehen oder zu hören ist. Aufgrund meiner Computerspiel-Erfahrung bin ich sicher, gut abzuschneiden.

Selbstversuch: So wirkt Alkohol auf die Reaktionsgeschwindigkeit

Nach dem zweieinhalbminütigem Test habe ich ein gutes Gefühl. Mein Ergebnis: Ich habe bei allen 16 richtigen Kombinationen reagiert. Auch die Reaktionszeiten liegen laut dem KfV-Experten Christoph Feymann im einwandfreien Bereich. Beim genaueren Betrachten der Auswertung fällt mir aber auf, dass meine Reaktionsgeschwindigkeit nur im mäßigen Mittelfeld lag. Der letzte Schluck Bier tröstet darüber hinweg.

Zum Abschluss ein letzter Alkotest: Das Gerät zeigt 0,22 Promille. Also noch komfortabel innerhalb des legalen Rahmens zum Autofahren.

Wie der Reaktionstest zeigte, bin ich zu Fuß aber definitiv sicherer unterwegs.

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