Starke Frauen in der Kommunalpolitik: Was die Bürgermeisterinnen ärgert
Als Frau Bürgermeister braucht man schon eine gewisse Durchsetzungskraft. Das weiß auch Michaela Raber, seit 2011 Ortschefin der 450 Einwohner zählenden Gemeinde Rauchwart im südburgenländischen Bezirk Güssing, und in dieser Woche gemeinsam mit ihrer Kollegin Andrea Reichl aus Dt. Kaltenbrunn (Bezirk Jennersdorf), Gastgeberin des Treffens der österreichischen Bürgermeisterinnen mit mehr als 70 Teilnehmerinnen.
Seit 2007 gibt es diese Zusammenkunft, damalige Initiatorin war Sonja Ottenbacher, bis vor Kurzem Bürgermeisterin in Stuhlfelden. Deshalb weiß die Salzburgerin aus persönlicher Erfahrung, dass die Meute an Kommunalpolitikerinnen gar nicht so leicht zu bändigen ist. Zumal heuer erstmals auch Vizebürgermeisterinnen eingeladen wurden.
"Gar nicht so einfach, dass alle auf einen hören", bestätigt Gastgeberin Raber bei einem Fototermin am Rauchwarter Badesee mit Blick auf einige ihrer telefonierenden Kolleginnen und schnauft einmal kurz durch.
Volles Programm
Denn der Nachmittag am letzten Tag des dreitägigen Treffens stand allen zur freien Verfügung, letzter Programmpunkt war ein Galaabend mit Landtagspräsident Robert Hergovich im Kastell Stegersbach.
Zuvor standen für die Teilnehmerinnen Workshops und Fachvorträge am Programm. Am Wichtigsten für alle: der Erfahrungsaustausch unter Kolleginnen. "Das hat fast schon etwas von einer Gruppentherapie", sagt Maria Knauder, Bürgermeisterin von St. Andrä (Kärnten).
Denn eines zeigte sich beim Treffen im Südburgenland ganz deutlich: Egal, ob eine Gemeinde ein paar hundert oder über 10.000 Einwohner hat, die Probleme sind ähnlich. Und trotzdem drängen immer mehr Frauen in die Kommunalpolitik, wie aktuelle Zahlen beweisen.
Frauen in der Kommunalpolitik
- In Österreich gibt es derzeit 230 Bürgermeisterinnen. Bei 2.093 Gemeinden ist das ein Anteil von 11 Prozent.
- Die meisten Ortschefinnen gibt es in Niederösterreich (84), gefolgt von Oberösterreich (50), der Steiermark (27) und Tirol (21).
- Im Burgenland gibt es aktuell 17, in Salzburg 14, in Kärnten 10, und in Vorarlberg 7 Bürgermeisterinnen.
Der Frauenanteil ist in den vergangenen Jahren konstant gestiegen
- Allein seit Beginn des Jahres 2024 gibt es um zehn Bürgermeisterinnen mehr.
- Im Jahr 2010 lag der Anteil mit 119 bei nur 5 Prozent (von damals 2.357 Gemeinden), 2015 standen bereits 140 Bürgermeisterinnen den österreichischen Gemeinden vor – ein Anteil von 6,7 Prozent (bei 2.100 Gemeinden).
- Zum Vergleich: Vor 25 Jahren gab es in Österreich nur 45 Frauen an der Spitze der Gemeinden.
- Im Herbst 2021 erreichte die Anzahl der Bürgermeisterinnen erstmals die 200er-Marke und im Dezember 2022 überschritt der Frauenanteil zum ersten Mal 10 Prozent.
- Aktuell gibt es rund 500 Vizebürgermeisterinnen und rund 10.300 Mandatarinnen (von insgesamt 39.330) in den 2.093 Gemeinden in Österreich. Zusammengerechnet sind also rund ein Viertel aller Kommunalpolitiker Frauen.
Warum das Treffen bei den Teilnehmerinnen so beliebt ist? "Man merkt, es geht jeder gleich und die eine lernt von der anderen", fasst Sonja Ottenbacher, die Initiatorin des ersten Treffens im Jahr 2007, zusammen.
Was sich seit damals verändert hat, welchen Herausforderungen man heute gegenübersteht und warum der Job als Bürgermeisterin trotzdem einer der besten der Welt ist, wollte der KURIER von einigen Teilnehmerinnen wissen:
Die Mutter des Bürgermeisterinnentreffens
"Die Bevölkerung sieht, dass es klappt." So einfach erklärt Sonja Ottenbacher, von 2004 bis 2024 Bürgermeisterin im Salzburger Stuhlfelden (1.580 Einwohner), den steigenden Anteil von Frauen in führenden kommunalpolitischen Positionen. In den vergangenen 20 Jahren habe sich viel getan: "Die Akzeptanz von und das Vertrauen in Frauen ist gestiegen, man traut uns Führung zu."
Am Wichtigsten für die Ausübung des Amts sei eine gewisse "Begeisterung, die von innen kommt", sagt die 63-Jährige. Genau mit dieser Begeisterung hat Ottenbacher bereits 2007 zum ersten Bürgermeisterinnentreffen geladen.
"Das hat klein angefangen, aber heute ist es ein fixer Bestandteil in den Kalendern meiner Kolleginnen", sagt die Initiatorin, die heuer natürlich auch dem Südburgenland einen Besuch abstattete. Was das Besondere an diesem Treffen ist? "Die Politikerinnen tauschen sich aus, lernen dabei und merken: Den anderen geht es auch so wie mir."
Vizebürgermeisterin kommandiert auch die Feuerwehr
Lucia Steinbauer aus St. Kathrein am Offenegg kann man nichts vormachen. Schließlich kennt die heute 62-Jährige die Probleme, wenn man sich in einer von Männern dominierten Umgebung behaupten muss. Im Jahr 2006 wurde die heutige Vizebürgermeisterin der 1.100 Einwohner zählenden Gemeinde zur ersten Feuerwehrkommandantin Österreichs gewählt.
"Na da haben sich ein paar Herren warm anziehen müssen, weil ich so energisch auf ein neues Rüsthaus und neue Ausrüstung gedrängt habe", erinnert sie sich. 18 Jahre später übt sie diese Funktion noch immer aus und kommandiert rund 80 Mitglieder herum.
Seit 2015 macht sie das auch in ihrer Funktion als Vizebürgermeisterin. "Eigentlich bin ich schon seit drei Jahren in der Pension, aber meine Arbeitswochen haben noch immer 40 Stunden und mehr", erzählt die energische und durchsetzungsstarke Kommunalpolitikerin dem KURIER. Den ersten Kontakt zur Politik hatte sie als ÖAAB-Mitglied im Jahr 1979, 2008 zog sie dann in den Gemeinderat ein.
"Wunderbarer" Job mit zahlreichen Hürden
"Wenn die Politik nichts mehr wert ist, werden wir Politiker haben, die nichts mehr wert sind." Maria Knauder, Bürgermeisterin der knapp 10.000 Einwohner zählenden Stadt St. Andrä im Lavanttal, ist eine Freundin von klaren Worten. Dementsprechend groß ist auch ihr Ärger über so manche Ungerechtigkeit in der österreichischen Kommunalpolitik.
"Vom Gehaltsschema bis hin zu den Karenzregelungen - alles müsste einheitlich gestaltet werden." Derzeit gebe es praktisch keine soziale Absicherung für Menschen in der Kommunalpolitik.
Warum sie trotzdem für den Job der Bürgermeisterin brennt? "Das ist mein Idealismus, gestalten zu wollen - auch wenn wir heute oft nur mehr verwalten können." Konkret meint sie damit den für Kärntner Gemeinden "schlechten Finanzausgleich" mit dem Land.
Verschärft wird das Problem, weil die Einwohnerzahl unlängst unter 10.000 gerutscht ist, was den einzelnen Bürger weniger "wert" macht. "Aber der Job an sich ist wunderbar", will die 53-Jährige auch anderen Frauen Mut machen, den Schritt in die Politik zu wagen. Sie selbst war bis zu ihrem 40er politisch uninteressiert, erst 2009 habe sie dann den Schritt in die Kommunalpolitik gewagt. Seit 2020 ist die Kärntnerin Bürgermeisterin von St. Andrä.
"Spannende Aufgabe, von der Wiege bis zur Bahre"
Mit etwa 12.000 Einwohnern ist Rankweil die achtgrößte Stadt in Vorarlberg, die Aufgaben seien aber mit jenen von kleineren Gemeinden zu vergleichen, sagt Bürgermeisterin Katharina Wöß-Krall, die seit 2019 im Amt ist.
Einen Vorteil haben größere Einheiten ihrer Meinung nach aber, denn: "In einem größeren Verwaltungsapparat lassen sich Kompetenzen viel einfacher bündeln.
Die Aufgaben werden immer komplexer, kleine Gemeinden sind damit zunehmend überfordert." Dementsprechend viele Kooperationen in verschiedenen Bereichen seien deshalb schon entstanden. Der Beruf der Bürgermeisterin ist für die 47-Jährige eine der spannendsten Aufgaben überhaupt: "Man kann für die Menschen gestalten und sie begleiten, quasi von der Wiege bis zur Bahre."
Der allgemeine Tenor am Ende des dreitägigen Treffens: "Nächstes Jahr sind wir wieder dabei." Zumindest dann, wenn es der volle Terminkalender der Bürgermeisterinnen zulässt.
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