Eine (Zucker-) Bäckerei schreibt Geschichte

Eine (Zucker-) Bäckerei schreibt Geschichte
1780 eröffnete Johann G. Träger den Betrieb in Pinkafeld. Zum Jubiläum gibt es ein neues Buch und eine Sonderausstellung.

Das Jahr 1780 war in der österreich-ungarischen Geschichte ein besonderes: Nach 40-jähriger Regentschaft starb Kaiserin Maria Theresia. 1780 war aber auch die Geburtsstunde für eine der ältesten Konditoreien des Burgenlandes, der Café-Konditorei Träger in Pinkafeld.

Über sechs Generationen hat die Familie das Unternehmen geführt, nun hat die siebente Generation das Zepter übernommen. Heute leitet Veronika Träger gemeinsam mit ihrem Bruder Wolfgang und dessen Lebensgefährtin Sarah Wagner den Betrieb.

Anlässlich des 240-Jahr-Jubiläums hat Veronika Träger gemeinsam mit dem Historiker Rudolf Köberl das Buch „Trägers Backgeschichte“ geschrieben und eine Ausstellung im Stadtmuseum gestaltet, die heute, Samstag, eröffnet wird (siehe unten).

"Spezielle Mischung"

„Was uns ausmacht, ist diese spezielle Mischung“, sagt Veronika Träger. Denn so wie auch sie, haben und hatten auch ihre Verwandten neben der Leidenschaft für das Backen auch noch andere Begabungen, die sie beruflich nutz(t)en. Veronika Träger selbst ist studierte Kunsthistorikerin, zuletzt arbeitete sie im Museum für angewandte Kunst in Wien. Bruder Wolfgang leitet an der Technischen Universität Wien eine Materialprüfanstalt, Schwägerin Sarah Wagner führt einen Kindergarten in Wien.

Geboren am 200.Jahrestag

Als Veronika Träger just am 200. Jahrestag der Firmengründung – am 1. November 1980 – geboren wurde, war ihr die Liebe zum Betrieb offenbar in die Wiege gelegt. Auch wenn sie zunächst ihre zweite Leidenschaft, jene zur Kultur, zum Beruf gemacht hat. „Ich bin dann schrittweise in den Betrieb zurückgekommen.“ Im Buch schildere sie die Familiengeschichte aus ihrer Sicht. Köberl hat den historischen Hintergrund parat. Dazu werden Backrezepte „serviert“.

Den Grundstein für die heutige Café-Konditorei legte Johann Georg Träger, der aus dem Vogtland (heutiges Bayern) stammte. Fünf Jahre war er nach seiner Gesellenprüfung auf Wanderschaft, bis  er 1780 nach Pinkafeld kam. Mit im Gepäck hatte er Rezepte für allerhand (süße) Köstlichkeiten. Eines davon dürften die begehrten Preßburger Kipferl gewesen sein, die auch heute noch im Betrieb gebacken werden. Am 1. November 1780 eröffnete er seine Bäckerei. Sein Sohn Tobias übernahm das Geschäft, er war zudem von 1837 bis 1839 Marktrichter in Pinkafeld – „vergleichbar mit dem heutigen Bürgermeister“.

Erfinder in der Familie

Sein Enkel, Bäckermeister Oskar Theodor, widmete sich wiederum seinen Erfindungen, zu denen „Hungaria“, ein Modell für ein lenkbares Luftschiff, zählt. Es gab eine persönliche Korrespondenz mit Graf Zeppelin, der das Patent auf sein Luftschiff 1898 erhielt. Oskars Plan blieb zwar „nur“ ein Modell. Doch Graf Zeppelin habe ihrem Vorfahren die Flugfähigkeit seiner Erfindung bestätigt, schildert Veronika Träger. Die Dokumentation dazu ging allerdings in den Wirren des 2. Weltkrieges verloren.

Eine (Zucker-) Bäckerei schreibt Geschichte

Das neue Buch

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Sarah Wagner probiert gerne neue Kreationen aus

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Die Bäckerei wurde seit den 1930er Jahren schrittweise zur Konditorei

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Reinhard Träger in der Backstube

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Bäckermeister Oskar Träger (Mitte) war auch Erfinder

Technikaffiner Konditor

Sein Sohn Arwed Paul sah die Zukunft des Betriebes im Zuckerbäckerhandwerk, er gründete gemeinsam mit Paul Supper eine Konditorei. Auch Arwed Trägers Sohn Reinhard trat in die Fußstapfen seiner Vorfahren. Auch er begeistert sich für die Technik: „Wenn ich unsere Maschinen reparieren konnte, hat mich das gefesselt. Technische Details haben mich schon immer fasziniert", sagt Reinhard Träger. 1971 schloss er die Bäckerei und konzentrierte sich gemeinsam mit Ehefrau Christine auf süße Mehlspeisen.

Spezielle Eiskreationen

Dieses Jahr haben ihre Kinder und die Schwiegertochter in spe den Betrieb übernommen. Jeder der drei bringt seine Stärken ein. Veronika Träger ist mit dem Außenauftritt des Betriebs betraut, Bruder Wolfgang ist Herr über die wirtschaftlichen Belange und Sarah Wagner interpretiert in der Backstube gemeinsam mit dem routinierten Team klassische Zutaten neu. Auch spezielle Eiskreationen wie etwa Honig-Camille und Maracuja-Cocos werden produziert.

Zukunftsvisionen

„Unsere Eltern sind uns auch im Betrieb nach wie vor eine starke Stütze“, sagt Veronika Träger. Die Mutter zweier Kinder hat für die Zukunft große Pläne: Sie wolle „die historische Komponente mit Neuem kombinieren“. Das Südburgenland sieht sie künftig als Hochzeitsdestination. Brautpaaren will Familie Träger mit besonderen Hochzeitstorten, von denen jede ein Unikat ist, den Start ins neue Leben versüßen.

Die Sonderausstellung im Stadtmuseum

Der Museumsverein Pinkafeld, mit Obmann Rudolf Köberl, betreibt am Pinkafelder Rathausplatz das Stadt-, Tuchmacher- und Feuerwehrmuseum. Im Stadtmuseum wird heute, Samstag, um 18 Uhr die Sonderausstellung „Trägers Backgeschichte – 240 Jahre Familienbetrieb in Pinkafeld“ eröffnet. 

In der Ausstellung und im dazugehörigen Buch werden die Besucher bzw. Leser auf eine Zeitreise in die Backstube und  in die Stadtgemeinde mitgenommen. Für das  Buch „Trägers Backgeschichte“ (abo Verlag) hat Historiker Rudolf Köberl  zu jeder der sechs Generationen des Familienbetriebes jeweils auch die historischen Ereignisse  in der Stadt aufgeschrieben.

Historische Backutensilien

Erhaltene Rezepte, historische Briefe und Urkunden sowie Utensilien aus der Bäckerei – darunter eine historische Bröselmaschine und Backformen – sollen Einblicke in das Handwerk von damals und heute geben. Die Ausstellung, die coronabedingt auf heuer verschoben werden musste, läuft  bis 31. Oktober.

Museum mit vielen Facetten

Köberl ist seit mehr als 20 Jahren Obmann des Vereins, und hat „schon viel über die Pinkafelder Geschichte geforscht“, wie er sagt.
Große Vielfalt bietet auch das  Museum. Das eigentliche Stadtmuseum ist der älteste Teil, der aus dem 1924 gegründeten Pinkafelder Heimathaus,  hervorgegangen ist. Hier werden Fossilien,  archäologische Funde sowie Objekte zur Gerichtsbarkeit, wie ein Schwurkreuz oder eine Schandfiedel gezeigt.
Im Feuerwehrmuseum wird mit moderner Präsentationstechnik und anhand zahlreicher Objekte  die Geschichte der ältesten Feuerwehr des Burgenlandes (gegründet 1871)  dargestellt.  

 

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