Von der Führungskraft zum Pflegelehrling: "Ich mag ältere Leute"
Auf die Interviewanfrage des KURIER reagiert Johann Nicolas Mädl einigermaßen überrascht. "Ich hätte mir nicht gedacht, dass das so eine große Sache ist", sagt der erste Pflegelehrling des Burgenlands erstaunt.
Das ist es durchaus: Der 20-jährige Mönchhofer hat sich für einen außergewöhnlichen Karriereweg entschieden. Nach der polytechnischen Schule Frauenkirchen absolviert Mädl eine Lehre im Einzelhandel, um danach direkt als Führungskraft eines Supermarktes ins Berufsleben einzusteigen.
Als es im Sommer 2022 Zeit für den Zivildienst wird, entscheidet sich Johann Mädl dazu, diesen im Haus St. Nikolaus in Neusiedl am See zu absolvieren. Die Pflegeeinrichtung sei ihm schon seit Kindheitstagen vertraut, erzählt er: "Viele Pflegerinnen kennen mich schon seit ich sechs Jahre alt bin, weil meine Uroma lange im Haus St. Nikolaus gewohnt hat. Damals habe ich schon mitbekommen, wie super das Arbeitsklima dort ist."
"Ich lerne durch Handeln"
Nach dem Zivildienst geht der junge Mönchhofer zunächst zurück in den Supermarkt – wo ihn eines Tages die Chefin der Neusiedler Caritas-Einrichtung auf die neue Möglichkeit der Pflegelehre aufmerksam macht. Johann Mädl spürt, dass dieser Weg für ihn der richtige sein könnte.
Für die dreijährige Ausbildung nimmt er sogar Verdiensteinbußen in Kauf. Es gäbe zwar auch den einjährigen Kurs für Pflegeassistenz, der enthalte für seinen Geschmack aber zu wenig Praxis, erklärt der 20-Jährige: "Ich lerne lieber durchs eigene Handeln."
Zusätzlich zur praktischen Ausbildung in Neusiedl am See gibt es einmal pro Jahr zehn Wochen geblockten Unterricht in der Berufsschule. Am Ende will Mädl auf jeden Fall Teil des derzeit 14-köpfigen Teams im Haus St. Nikolaus werden. Als er dort von seinen Plänen erzählt hat, sei die Freude groß gewesen: "Da haben mich alle gleich umarmt", erzählt der Mönchhofer und lacht.
Pflege ist ein Knochenjob, das weiß Johann Mädl schon vom Zivildienst. Da ist Muskelkraft gefragt, für den 1,90 Meter großen und kräftigen 20-Jährigen kein Problem. Aber auch psychische Belastbarkeit: "Man muss mit dementen Menschen umgehen können und auch Blut und andere Dinge sehen können. Ich mag ältere Leute. Was ich so super finde: Im Pflegeheim wird jeder gleich behandelt. Egal, wie alt man ist", erzählt der Mönchhofer.
Ausbildung beginnt am 1. März
Am 1. März beginnt Burgenlands erster Pflegelehrling mit seiner Ausbildung. Caritas-Direktorin Melanie Balaskovics hat Johann Nicolas Mädl am Donnerstag in Neusiedl am See, gemeinsam mit Wirtschaftskammerpräsident Andreas Wirth, persönlich zu seiner Entscheidung gratuliert.
"Es ist schön, wenn sich junge Menschen nicht nur aus Freude an der sozialen Arbeit für den Pflegeberuf entscheiden, sondern weil sie sich hier auch wohlfühlen. Die Pflegelehre kann eine weitere Komponente sein, um junge Menschen für das Berufsfeld Pflege und Betreuung zu ermutigen und dem Personalmangel entgegenzuwirken", betonte Balaskovics dabei.
WK–Präsident Wirth hofft, dass sich viele weitere junge Menschen am Karriereweg des 20-Jährigen ein Beispiel nehmen: "Die Pflege ist ein Bereich, in dem jede helfende Hand willkommen ist. Ich hoffe, dass wir bald viele weitere Lehrlinge in der Pflege begrüßen dürfen."
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