Warum die burgenländischen Öffis besser sind als ihr Ruf

Die Sache mit der Verfügbarkeit des öffentlichen Verkehrs im Burgenland war schon immer folgende: Abhängig davon, wen man fragte, fiel die Antwort ziemlich unterschiedlich aus.
Nordburgenländer oder Menschen in der Nähe von Bahnhöfen waren relativ zufrieden, während es im Südburgenland abgesehen von Schulbussen am Morgen und zu Mittag kaum nennenswerte Möglichkeiten gab, ohne eigenen Pkw von A nach B zu reisen. Ausgenommen die schon immer gut frequentierte frühere Pendlerbuslinie G1 in Richtung Wien.
Nahverkehrsprojekte wie der "Rote Bus" im Bezirk Güssing mussten 2010 mangels Finanzierbarkeit eingestellt werden, 2011 kam auch das Aus für den Personenverkehr auf der Bahn ab Oberwart.
Was blieb, war eine Wüste des öffentlichen Verkehrs in extrem ländlichen Gegenden, die vom Markt – also der Wirtschaft – nicht rentabel oder auch nur kostendeckend versorgt werden konnte.
Und dann kam ein Paradigmenwechsel.
Mobilität als Aufgabe der öffentlichen Hand
Dieser kam dann mit der burgenländischen Gesamtverkehrsstrategie 2021. Darin hält Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Vorwort fest: "Wesentlich ist, dass auch in den peripheren Regionen für eine gute Anbindung gesorgt wird."
In der Logik von Doskozil gehört die Bereitstellung eines attraktiven öffentlichen Verkehrsangebots eben zu einer der wesentlichen Aufgaben der öffentlichen Hand. Also wurden 2020 die Verkehrsbetriebe Burgenland (VBB) gegründet, im September 2023 folgten 13 neue Buslinien und heuer dann als finaler Schritt die landesweite Umsetzung der Strategie.
Die besten Linien der VBB
- B14 Oberwart-Eisenstadt 4.000 Fahrgäste/Woche
- B20 Eisenstadt-Wiener Neustadt 2.200
- B9 Oberwart-Wiener Neustadt 1.800
- B18 Deutschkreutz- Weppersdorf 1.000
1,1 Millionen Fahrgäste waren heuer mit den VBB unterwegs, 90 Omnibusse und 80 Pkw sind im Einsatz.
Seit Anfang Dezember ist das BAST (Burgenländisches Anrufsammeltaxi) in allen sieben Bezirken des Landes unterwegs und fungiert als bedarfsorientiertes Zubringersystem zu den Haltestellen der VBB-Buslinien. Von dort geht es weiter zu regionalen Zentren oder anderen Knotenpunkten, wo dann wieder Bus oder Bahn für die weitere Reise bereitstehen. Dank Handy und Online-Abfrage des Fahrplans lässt sich so relativ komfortabel reisen.
"Leere Geisterbusse", "Steuergeldverschwendung", "Ich will die Bahn zurück". So oder ähnlich lesen sich viele Kommentare in den sozialen Medien, wenn über das aktuelle System des öffentlichen Verkehrs im Burgenland diskutiert wird.
Als Südburgenländer weiß der Autor um die Problematik Bescheid, kennt aber als Journalist auch die Lobeshymnen der Landespolitik. Naheliegend also, die Probe aufs Exempel zu machen und selbst mit den Öffis zu fahren:
Wien - Südburgenland - Wien
- Zwei Fahrten – eine wochentags vormittags (geringe Auslastung), eine am Samstagvormittag (kaum ein freier Sitzplatz im Stockbus).
- Das Publikum so divers wie das Burgenland: Studenten mit Kopfhörern, Angestellte mit Laptops, Ehepaare auf Ausflugs- und Omas auf Besuchsfahrt.
- Auffallend: die freundlichen und immer sehr bemühten Busfahrer.
- Trotz falsch gelöstem Ticket – ich hatte Bus hin und retour gekauft, musste aber über Wiener Neustadt und per Bahn nach Wien zurück – wurde ich trotzdem mitgenommen, weil "ja eh eine Richtung".
- Der Omnibus mit 16 Sitzen von Oberwart nach Wiener Neustadt war so gut wie voll.
Wien - Lockenhaus - Wien
- Christtag, 25. Dezember. Abfahrt Wien-Matzleinsdorfer Platz, der Linienbus circa zur Hälfte gefüllt.
- Umsteigen in Oberpullendorf in Richtung Oberwart – nur durch Zufall erwischt, weil keine Durchsage.
- Am Ende: Weihnachtsessen mit der Familie, angereist in einem tatsächlich leeren Bus – aber nur auf der letzten Strecke.
Fazit
Einfach einmal ausprobieren. Mit ein bisschen Planung und etwas Zeitdisziplin lässt sich das Burgenland mittlerweile ganz gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln bereisen. Davon konnte man vor wenigen Jahren nur träumen. Billig ist diese Form der öffentlichen Mobilität in ländlichen Regionen freilich nicht – für das Budget des Landes. Den Bürgern wird dadurch aber eine relativ billige Form der Mobilität ermöglicht. Und wer es sich leisten kann, hat ohnehin ein Auto. Oder mehrere.
Positive Bilanz zum Jahresende
Kurz vor Weihnachten zogen die Verantwortlichen rund um Landesrat Heinrich Dorner, Gesamtverkehrskoordinator Peter Zinggl und VBB-Geschäftsführer Wolfgang Werderits eine positive Bilanz. Der burgenländische Weg sei goldrichtig und habe auch österreichweit Vorbildwirkung: "Denn auch Bundesländer wie das ÖVP-FPÖ-regierte Niederösterreich setzen mittlerweile Modelle um, die sich stark am BAST anlehnen", so der Landesrat.

Gesamtverkehrskoordinator Peter Zinggl , Landesrat Heinrich Dorner und VBB-Geschäftsführer Wolfgang Werderits (v.li.).
Bis 2022 sei man im Busbereich zehn Millionen Kilometer pro Jahr gefahren. "Seit der Umstellung im September 2023 sind es 15 Millionen Kilometer pro Jahr", erklärte Peter Zinggl. Bestes Beispiel sei die Linie B14 Oberwart-Eisenstadt, die von den Fahrgästen des Verkehrsverbundes Ostregion zur besten Linie der gesamten Ostregion – inklusive ganz Wien – auserkoren wurde. Außerdem sei man ständig bemüht, das System an die Bedürfnisse der Fahrgäste anzupassen, betonte Werderits.
Kritik von ÖVP, FPÖ und Unternehmen
Freilich gibt es auch massive Kritik am neuen Öffi-System. Etwa seitens der ÖVP beziehungsweise der burgenländischen Wirtschaftskammer: Private Taxiunternehmen würden unter diesen Voraussetzungen leer ausgehen.
Oder von der FPÖ, die befürchtet, dass Taxi-Unternehmen vom Markt gedrängt werden, Steuergeld verschwendet sieht und "halb leere Busse, die durch die Gegend fahren". Außerdem klagen private Busunternehmen, dass ihnen Fahrer abgeworben werden, weil die Verkehrsbetriebe Burgenland über dem Kollektivvertrag zahlen würden.
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