Neusiedler See: Droht im Sommer die Rote Liste?

In etwas mehr als einer Woche endet die Frist zum Abriss der Pfahlhäuser im See.
Bauarbeiten in Ungarn schreiten voran / Unesco-Organisation zieht Experten zur Prüfung bei.

Der Neusiedler See wird sich in den kommenden Jahren grundlegend verändern, so wie er das bisher im Lauf der Jahrhunderte auch getan hat. Aber noch nie war der Einfluss des Menschen auf Mitteleuropas größten Steppensee mit dem Status Unesco Welterbe so groß wie heute.

Am besten zeigt sich das aktuell am ungarischen Seeufer bei Fertörakos, wo die Bauarbeiten für das umstrittene Tourismusprojekt mit Beteiligung von Viktor Orbán nahe stehenden Unternehmern Anfang des Jahres begonnen haben.

Ein illegal aufgenommenes Drohnen-Video (derartige Überflüge sind in Ungarn per Gesetz verboten; Anm.) zeigt die bereits massiven Auswirkungen auf die Landschaft: Auf den ehemals mit Schilf bewachsenen Flächen fahren schwere Baumaschinen, Bagger graben großflächig um und bereiten das Gelände für die Errichtung eines Hotels mit 100 Betten, Bungalows, Sportanlagen und Parkplätze vor. Einige der auf Pfählen im Wasser gebauten Häuser wurden, wie von den ungarischen Behörden per Bescheid verlangt, bereits abgetragen. Die Frist für die restlichen läuft bis Mitte April (der KURIER hat berichtet).

Unesco: Experte prüft die Lage

Grund genug für die Projektgegner, einmal mehr einen dringenden Appell an die Unesco zu richten. Diese solle bei ihrer Konferenz Ende Juli in China in Erwägung ziehen, den Neusiedler See auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten zu setzen, sagt Christian Schuhböck von der Organisation Alliance for Nature.

Neusiedler See: Droht im Sommer die Rote Liste?

Christian Schuhböck (Alliance for Nature) fordert die Unesco zum Handeln auf.

Unlängst wurde über Icomos, eine Unesco-Unterorganisation, ein Experte zugezogen, um einen detaillierten Bericht über die Lage zu verfassen. Wie dieser ausfällt, bleibt abzuwarten. Argumente von Umweltschützern, das Projekt sei zu groß dimensioniert, werden von Ungarn mit Verweis auf ähnliche Projekte in Österreich vom Tisch gewischt.

Fürsprecher ging verloren

Ein prominenter Fürsprecher ist dem See indes verloren gegangen. Der in dieser Woche verstorbene Prinz Philipp setzte sich in seiner früheren Funktion als Präsident des WWF für die Erhaltung der Langen Lacke ein, es sei die Hauptaufgabe des österreichischen WWF, dieses Gebiet zu schützen, sagte er anlässlich eines Besuchs im Jahr 1982.

Die Naturschutzorganisation ist derzeit tatsächlich federführend an einem Projekt beteiligt, das den Salzhaushalt der Lacken erhöhen soll (der KURIER hat berichtet).

Parallel dazu planen das Burgenland und Ungarn die Zuleitung von Wasser aus einem ungarischen Arm der Donau. Und auf österreichischer Seite laufen die Sanierungen und Erweiterungen der Seebäder, abgesehen von einigen juristischen Problemen wie etwa mit dem Yachtclub Breitenbrunn, auf Hochtouren.

Das Tourismusprojekt im ungarischen Fertörakos ist also nicht das einzige, das den See nachhaltig verändern wird. Mit welchen Folgen, bleibt abzuwarten.

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