Neuer ÖVP-Chef Zarits: "Querschüsse Doskozils stärken nur FPÖ"

Christoph Zarits, ÖVP
Freitagabend wählt die ÖVP-Burgenland ihren neuen Obmann. Der einzige ÖVP-Nationalrat aus dem Burgenland soll die bei der Landtagswahl auf Platz drei abgerutschte Volkspartei aus dem Tal der Tränen führen.

Der 45-jährige Zagersdorfer Christoph Zarits über die offene Tür des Kanzlers, Ausritte des Landeshauptmannes und seinen Klubchef als neuen Influencer der Volkspartei.

KURIER: Sie haben an die Eigentümer Raiffeisen und Erste Bank appelliert, die „Neue Eisenstädter“ nicht ans Land zu verkaufen. Heften Sie sich den Abbruch der Gespräche auf Ihre Fahnen?

Christoph Zarits: Ich habe dazu beigetragen, dass es so gekommen ist. Die Entscheidung der Eigentümer ist richtig. Bei Verstaatlichungen ziehen wir eine rote Linie.

Zuvor hat die ÖVP dem Landeshauptmann den Kauf des Müllverbandes vermiest. Wollen Sie nur verhindern? 

Zum Glück haben wir diese Deals verhindert. Man kann nicht zuerst die Gemeinden systematisch aushungern und sie dann erpressen nach dem Motto: Gib mir den Müllverband, dann gebe ich dir, was dir ohnehin zusteht. Und wenn der gemeinnützige Wohnbau in Gefahr ist, muss man die Notbremse ziehen.

Ob Bürger verstehen, dass die ÖVP 350 Millionen Euro für die Kommunen ablehnt?

Ich bin überzeugt davon, denn warum sind die Gemeinden in diese Situation gekommen? Es geht allen Gemeinden in Österreich nicht gut, aber im Burgenland geht es ihnen noch schlechter. Diese Misere hat der Landeshauptmann mit seiner Politik zu verantworten und dann zieht er den Gemeinden von den Ertragsanteilen so viel ab, dass ihnen keine Luft mehr zum Atmen bleibt. Am Ende will er den Kommunen einfach etwas wegnehmen. Die Gemeinden sollen kriegen, was ihnen zusteht und nicht beim Landeshauptmann bitten und betteln müssen.

Vom Vermögen des Müllverbandes können sich die Gemeinden nichts abbeißen.

Man könnte das Gesetz ändern, um an die Rücklagen heranzukommen. Wir wollen mit der SPÖ gerne über unseren Aktionsplan verhandeln, bisher hat sie unsere Einladungen ausgeschlagen. Wenn uns der Landeshauptmann einlädt, bin ich jederzeit bereit über die Gemeindefinanzen mit ihm zu sprechen.

Am 20. Oktober will Doskozil weiterverhandeln. Haben Sie eine Einladung? 

Bis jetzt nicht.

Sie gehören anders als die ÖVP-Gemeindevertreter Thomas Steiner und Leo Radakovits nicht zu den laut SPÖ konstruktiven Kräften?

Wichtig ist, dass das Land seiner Verantwortung nachkommt und im Sinne der Gemeinden handelt. Wir bringen uns dazu weiterhin konstruktiv ein.

Ihren Verhandlern könnte das Gemeindehemd näher sein als der Parteirock? 

Sie werden keine Entscheidung treffen, die nicht mit mir abgestimmt ist.

2027 sind Gemeinderatswahlen. Nach starken Verlusten 2022 hat die ÖVP nur noch 71 Bürgermeister. Sie wollen den Stand halten. Warum nicht zulegen?

Für eine Partei, die weder die stärkste im Land noch in der Landesregierung ist, befinden wir uns auf sehr hohem Niveau. Aber natürlich sind die Gemeinderatswahlen für uns enorm wichtig. Wir werden gleich nach dem Parteitag alles in Richtung Gemeinderatswahl konzentrieren, denn weitere Bürgermeister zu verlieren, hätte auch Auswirkungen auf die Landtagswahlen. 

Von 71 ÖVP-Ortschefs sind nur sechs Frauen. 

Wir müssen mehr Frauen in die Gemeinderäte kriegen. Und es kann für die Volkspartei auch nicht der Anspruch sein, nur eine Frau im Landtag zu haben.

Das sagen ÖVP-Chefs seit einem Vierteljahrhundert. Aber selbst wenn Frauen vor Männern gereiht sind, über Vorzugsstimmen kommen doch Männer zum Zug.

Wir müssen stärker werden. Wenn wir bei acht Mandaten bleiben, wird es schwierig, mehr Frauen in Funktionen zu bekommen.

Seit 2015 tauscht die ÖVP nach jeder Landtagswahl den Obmann. Was machen Sie anders als die Vorgänger?

Ich werde am Freitag zehn Punkte präsentieren, vom Finanzpaket für Gemeinden über Pflege bis zum Schutz des Eigentums.

Vieles davon ist altbekannt. Was ist neu?

Übergewinne der Burgenland Energie dürfen nicht zum Stopfen von Budgetlöchern des Landes verwendet werden. Die 35 Millionen Euro müssen bei den Kunden ankommen. Oder die Gastpatientenregelung: Das schlechte Verhältnis von Doskozil zu seinem Wiener Parteifreund Michael Ludwig hat sicherlich zur Verschlechterung burgenländischer Gastpatienten in Wiener Spitälern beigetragen. Die Herren sollen sich gefälligst zusammensetzen und eine Regelung finden, statt mit Klagen zu drohen. Und ich bin für Gerechtigkeit statt Gleichmacherei. Der Mindestlohn des Landes ist das beste Beispiel für falsch verstandene Gerechtigkeit. Jeder kriegt das Gleiche. Ausbildung, Fleiß zählen nicht.

Auch ÖVP-Bürgermeister haben den Mindestlohn übernommen.

Wenn sie ihn eingeführt haben, aus welchen Gründen immer, ist das zu akzeptieren. Ich will keinen Bürgermeister bevormunden, was er in seiner Gemeinde zu tun hat. Ich glaube, bei der SPÖ können die Bürgermeister das nicht selbst entscheiden.

Gastpatienten oder Mindestlohn sind auch Beispiele für Doskozils Sonderweg – auch gegen die SPÖ in Wien und im Bund. ÖVP-Chefs sind immer super-loyal gegenüber der Bundespartei. Sie auch?

Ich übe Kritik intern im ÖVP-Parlamentsklub oder im Bundesparteivorstand. Die ständigen Querschüsse Doskozils gegen den Bund stärken nur die Freiheitlichen. Bei der Bevölkerung hat Doskozil mit seinen Ausritten aber immer weniger Erfolg. Vor fünf Jahren hat mir jemand gesagt, ,Doskozil traue ich etwas zu‘. Jetzt sagt mir derselbe, ,dem traue ich alles zu‘. Das ist ein Unterschied.

Die ÖVP ist erstmals nur drittstärkste Partei hinter SPÖ und FPÖ, Sie sind im Nationalrat. Wie wollen Sie da Oppositionsführer sein?

Auch FPÖ-Obmann Alexander Petschnig sitzt im Nationalrat. Der Unterschied: Ich habe beste Verbindungen zu Kanzler Christian Stocker, seine Tür steht für burgenländische Themen immer offen. Im Landtag führt Bernd Strobl den Klub wirklich gut.

Müssen Sie seine Extrovertiertheit mitunter bremsen?

Gar nicht. Ich hätte mir nicht gedacht, dass es so gut funktioniert. Wir sind unterschiedliche Persönlichkeiten und das spiegelt auch die Breite der Volkspartei. In Wien gilt er mit seinen launigen Kurzvideos schon als der neue Influencer der Volkspartei. Er muss also schon was richtig machen.

Sie wollen die ÖVP bei der Landtagswahl 2030 wieder in die Landesregierung bringen. Mit wem?

Ich bin Großkoalitionär, aber es ist nicht in Stein gemeißelt, dass es nur mit der SPÖ geht. Mehrheiten im Land können sich ändern und dann muss man alle Optionen prüfen.

Ist eine Koalition mit der FPÖ Ihre Präferenz?

Ich habe keine Wunschkoalition.

Haben Sie dann zumindest ein Wunschergebnis für Ihre heute Abend anstehende Wahl?

Ich spüre ein großes Vertrauen der Funktionäre zu meiner Person und rechne mit einer hohen Zustimmung.

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